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Fortsetzung Arthrosetherapie – Sport ist das Mittel der Wahl

Sport und Bewegung als fester Bestandteil der Arthrosetherapie

Zum Arzt kommen Betroffene in der Regel erst, wenn Beschwerden auftreten. Im Akutstadium, einer sogenannten aktivierten Arthrose, muss vorrangig der Reizzustand mittels physikalischer oder physiotherapeutischer Maßnahmen reduziert werden, bis das Gelenk wieder schmerzfrei ist. Doch dann, das hat sich in zahlreichen Studien gezeigt, sind Sport und Bewegung günstig. Man verspricht sich davon, die Muskulatur zu kräftigen, Sehnen geschmeidig zu halten sowie Koordination und Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern. »Das alles sind wichtige Voraussetzungen, um ein Gelenk stabil zu halten und die Gefahr für Überlastungen zu verringern«, betont Prof. Schmitt. Bei vielen Patienten besteht schon vor der manifesten Arthrose wegen zu wenig Bewegung eine subklinische Muskelatrophie. »Das Problem ist: Je stärker ausgeprägt die Arthrose ist und je weniger sich eine Person bewegt, desto schlechter ist das Weichteilgewebe drumherum, also Muskel und Sehnen, und desto früher treten Beeinträchtigungen auf«.

Daneben können Schmerzen durch regelmäßige Bewegung und besonders durch Kräftigung der Muskulatur reduziert und der Krankheitsverlauf verlangsamt werden. Bei Kniearthrose ist hierfür allerdings eine Stärkung des Kniestreckers um 30 bis 40 Prozent nötig (1). Sport wirkt aktiv der Entzündungsreaktion in der Synovia entgegen. Bewegung steigert die Expression des antiinflammatorisch wirkenden IL-10, während in Ruhe die proinflammatorischen Zytokine IL-1, IL-6 und TNF-α dominieren.

Keine Scherbewegungen, kein Gegnerkontakt

Welche Sportarten ausgeübt werden können, hängt von dem betroffenen Gelenk, der individuellen Symptomatik, dem sonstigen gesundheitlichen Zustand und der Sport­erfahrung in der Vergangenheit ab. Generell eignen sich Sportarten, bei denen das Gelenk wenig belastet wird und die ohne Stop-and-go-Bewegungen oder Gegnerkontakt auskommen. Radfahren, (Nordic) Walking, Schwimmen und andere Wassersportarten (Aquajogging, Aquacycling) werden besonders empfohlen. »Sinnvoll ist für alle Arthrose-Betroffenen, maßvoll Sport zu treiben. Das bedeutet, immer einen Tag Pause zur Regeneration zwischen Belastungen zu legen«, erklärt Prof. Schmitt. »Beginnen Patienten neu mit Sport, sollte der Schwerpunkt zuerst auf muskelkräftigenden Maßnahmen und der Koordination liegen. Erst danach sollte eine Sportart betrieben werden.«

Eine Einweisung durch geschultes Personal im Fitness-Studio durch Physiotherapeuten oder Trainer ist sinnvoll, um ein individuell auf die Ausgangslage und Beschwerden zugeschnittenes Programm zusammenzustellen. Danach können Betroffene aber auch alleine zuhause oder im Studio trainieren. Bei stark übergewichtigen Arthrosepatienten hat neben der Schmerzreduktion auch die Gewichtsabnahme einen hohen Stellenwert, denn ein geringeres Körpergewicht bedeutet automatisch weniger Belastung für ein Gelenk. Daneben weiß man, dass die Fettgewebshormone Adiponectin, Visfatin, Resistin und Leptin die Knorpeldestruktion beschleunigen (3). Untersuchungen haben ergeben, dass sich Arthrosepatienten weniger bewegen als die Allgemeinbevölkerung: 37 Prozent der Patienten sind körperlich inaktiv. Ein Teil war noch nie aktiv, ein anderer Teil hat die Aktivität aufgrund der Beschwerden verringert oder eingestellt. Diese ganze Gruppe benötigt besondere Aufmerksamkeit, weil eine Lebensstiländerung hin zu mehr Bewegung (und gegebenenfalls einer Gewichtsreduktion) für sie nur schwer umzusetzen ist. Solche Patienten benötigen vermehrt Gruppenaktivitäten und angeleitete Programme (6).

Ein anderes Patientensegment muss dagegen eher gebremst werden: ehemalige (Leistungs-)Sportler. Ihnen fällt es meist nicht schwer, regelmäßige Bewegung in den Alltag zu integrieren. Im Gegenteil: »Ehemalige Leistungssportler haben eine andere Schmerztoleranz. Sie sind es gewohnt und bereit, gewisse Beschwerden in Kauf zu nehmen. Das ist zwar für ihre Lebensqualität gut, für das Gelenk aber nicht unbedingt«, erklärt Prof. Schmitt. Die Gefahr besteht dann eher, dass das Gelenk häufiger überlastet wird, wodurch das Risiko für eine Verstärkung des Knorpelschadens steigt.

Prof. Dr. med. Holger Schmitt, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Prof. Holger Schmitt, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie spezielle orthopädische Chirurgie und Rheumatologie im Deutschen Gelenkzentrum Heidelberg © Schmitt
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