Arthrosetherapie – Sport ist das Mittel der Wahl
Die Lebenszeitprävalenz für Arthrose beträgt 20 Prozent. Frauen sind dabei mit 22,3 Prozent beziehungsweise rund 6,9 Millionen Fällen signifikant häufiger betroffen als Männer mit 18,1 Prozent (etwa 5,5 Millionen Fälle). Bei beiden Geschlechtern nimmt der Gelenkverschleiß – wenig überraschend – mit steigendem Alter zu: Von 1,6 Prozent bei 18- bis 29-jährigen Frauen auf 49,9 Prozent bei den 70- bis 79-Jährigen. Bei Männern steigt die Häufigkeit in den entsprechenden Altersgruppen von 1,8 auf 33,3 Prozent. Arthrose ist damit die häufigste chronische Gelenkerkrankung. Es gibt keine kausale Arthrosetherapie, wobei Sport bzw. körperliche Aktivität für die Symptomreduktion alternativlos ist.
Noch immer ist nicht vollständig geklärt, wie Arthrose entsteht. Einig ist man sich nur darin, dass degenerative Veränderungen des Gelenkknorpels ein Kernelement sind. Doch in den letzten Jahren wurden Zweifel darüber laut, ob der der Knorpelabbau Ursache der Erkrankung oder doch die Folge anderer Prozesse ist. Seit einigen Jahren rücken chronische Entzündungsprozesse stärker ins Blickfeld. Besonders in der Frühphase einer Arthrose, wenn der Patient noch keine Beschwerden hat, scheinen inflammatorische Prozesse zu einem Ungleichgewicht zwischen anabolen und katabolen Vorgängen zu führen. Die Synovia, also die Gelenk-Innenhaut, sezerniert große Mengen an Interleukin 1 (IL-1), IL-6 und Tumor Necrosis Factor alpha (TNF-α) in die Synovialflüssigkeit und bedingt auf diese Weise einen Abbau des Knorpels (5). Auch im subchondralen Bereich sowie in den Fettkörpern im arthrotischen Gelenk werden vermehrt Entzündungsmediatoren produziert. Seit einiger Zeit diskutiert man den Einfluss des Darm-Mikrobioms auf die Entstehung von Arthrosen (2).
Eine bessere Aufklärung der Pathogenese wäre wünschenswert, um bereits in einem Stadium, in dem der Knorpel noch nicht unwiederbringlich geschädigt ist, gegensteuern zu können. Aktuell wird eine (noch) beschwerdefreie Arthrose häufig entdeckt, wenn die Bildgebung wegen anderer Beschwerden oder einer Verletzung den Zustand sichtbar macht. Andernfalls erfolgt die Diagnose, wenn sich nach einem monate- oder jahrelangen schleichenden Prozess der Knorpeldegeneration Schmerzen einstellen oder das Gelenk anschwillt.
Therapie: Verschlechterung vermeiden
Betroffene und deren Ärzte sind daher besonders mit der Frage der Behandlung konfrontiert. Ziel jeder Arthrose-Therapie ist es, die funktionelle Beeinträchtigung und den Autonomieverlust so gut als möglich zu verhindern oder hinauszuzögern. Andererseits gibt es eine Reihe von Betroffenen, die nicht nur möglichst wenig eingeschränkt sein wollen, sondern weiterhin in hohem Maße aktiv bleiben möchten. »Wann Beschwerden auftreten, ist individuell sehr verschieden. Ausschlaggebend dafür ist, dass das knorpelgeschädigte Gelenk in den Grenzbereich seiner Belastungsfähigkeit gebracht wird und darauf mit einer lokalen Entzündung, Flüssigkeit im Gelenk, Anschwellen und Schmerzen reagiert«, erklärt Prof. Holger Schmitt vom Deutschen Gelenkzentrum Heidelberg.
Die Behandlungsoptionen sind begrenzt. Erst als letzte Option sollte der Einbau eines künstlichen Gelenks erwogen werden. Pharmakologisch werden Schmerzmittel mit mäßigem Erfolg eingesetzt. Ein neuartiges, krankheitsmodifizierendes Arthrosemedikament, Sprifermin, soll in den Abbauprozess des Knorpels eingreifen. In einer Phase-IIb-Studie wurde zwar ein Zuwachs der Knorpeldicke um 0,04–0,05 mm im Knie festgestellt, allerdings blieb das Beschwerdebild unverändert (4). Unerfreulicherweise waren ausgerechnet Gelenkschmerzen bei 41 bis 45 Prozent der Studienteilnehmer die Nebenwirkung, über die am häufigsten geklagt wurde. Auch in der näheren Zukunft wird daher keine Pille erhältlich sein, die die Gelenke verjüngen kann und die Arthrosetherapie revolutioniert. Die wichtigste Säule der Behandlung müssen also nichtpharmakologische Interventionen sein, genauer gesagt Patientenaufklärung und körperliche Aktivität.