Präventionsprogramm FIFA11plus: wie stark profitieren Fußballerinnen?

Präventionsprogramm FIFA11plus: wie stark profitieren Fußballerinnen?
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Rupturen des vorderen Kreuzbandes sind gefürchtete Verletzungen bei professionellen Athleten. Sie treten vor allem bei Sportarten auf, die durch schnelle Richtungswechsel und Drehbewegungen gekennzeichnet sind. Frauen verletzen sich häufiger als Männer. Die Rehabilitationszeit nach ACL-Rekonstruktion beträgt bis zu 12 Monate und nur etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen kehrt danach zu einem kompetitiven sportlichen Level zurück (1). Die Vorbeugung der Verletzung spielt daher eine entscheidende Rolle. Hier setzen die eigens zu diesem Zweck entwickelten IPPs (injury prevention programs) an. Es handelt sich um spezielle neuromuskuläre Trainingsprogramme, die gezielt Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit trainieren sowie Übungen für Tempo- und Richtungswechsel umfassen, um Bewegungsabläufe zu optimieren und Verletzungsrisiken zu senken.

Bereits einige Studien haben sich mit dem Zusammenhang zwischen der Implementierung dieser IPPs und der Reduktion des Verletzungsrisikos auseinandergesetzt. Zuletzt fand ein großer systematischer Review aus dem Jahr 2022 heraus, dass eine langfristige und regelmäßige Durchführung einer spezifisch zusammengestellten Übungsroutine mit einem signifikant geringeren Auftreten von ACL-Läsionen einherging. Die meisten der 15 im Review ausgewerteten Studien (73 Prozent) hatten nur Sportlerinnen eingeschlossen. Athletinnen und Athleten mit der höchsten Teilnahmerate reduzierten ihr Verletzungsrisiko um 64 Prozent (1).

Eines dieser IPPs ist das FIFA11plus-Trainingsprogramm, das 2006 vom Medical Assessment Research Center der FIFA eingeführt wurde, um speziell Verletzungen im Fußball vorzubeugen. Es kombiniert 15 Übungen mit Schwerpunkten auf Rennen, Kraft, Gleichgewichtstraining und plyometrischen Übungen. Durch verbesserte muskuläre Stabilität der unteren Extremität und erhöhtes Gleichgewicht sowie optimierte Bewegungsabläufe soll es präventiv wirken.

Eine kürzlich erschienene nicht randomisierte kontrollierte Studie aus Japan untersuchte die Wirksamkeit von FIFA11plus speziell an Fußballerinnen. Von 2013 bis 2015, also über einen Zeitraum von 3 Saisons, wurden 763 professionelle Fußballerinnen aus Vereinen der studentischen 1. Liga bei ihrem Training begleitet (2). Dabei wurde die Hälfte von ihnen in die Interventionsgruppe eingeteilt, die vor Trainingseinheiten 20 Minuten das FIFA11plus-Protokoll durchführten. Die einzelnen Einheiten wurden vom Trainer angeleitet und von eigens ausgebildeten Instruktoren überwacht. Die Zahl an Verletzungen und Trainingsausfällen wurde monatlich dokumentiert. Die Kontrollgruppe setzte während des Zeitraums ihr herkömmliches Training ohne Implementierung spezieller IPPs fort.

Bereits nach einer Saison bewirkte die Durchführung der FIFA11plus-Übungen 2 bis 3 mal pro Woche eine signifikante Verringerung der Verletzungsraten von Sprunggelenks-, Knie- und Bandverletzungen, sowie Verstauchungen der Spielerinnen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dieser Effekt trat bei kontaktlosen, moderaten und schweren Verletzungen gleichermaßen auf und wird von den Autoren auf eine ganzheitliche Verbesserung der Körperfunktionen zurückgeführt, im Detail der neuromuskulären Kontrolle, Muskelfunktion und Balance. Allerdings zeigte die Langzeitbeobachtung auch die Wichtigkeit einer kontinuierlichen Durchführung des Programms. Während diejenigen Spielerinnen, die über 3 Saisons teilnahmen von einer Verringerung auftretender Sportverletzungen um bis zu 84 Prozent profitierten, wurde bei denen, die das IPP bereits nach einer Saison wieder absetzten, ein erneutes Ansteigen der Verletzungsraten in den folgenden Monaten beobachtet. Der präventive Effekt der FIFA11plus wird deshalb von den Autoren als zeitlich begrenzt angenommen. Kontinuität des Programms ist also genauso wichtig wie hohe Compliance und genaue Anpassung an die jeweilige Sportart.

■ Taylan Y, Hutterer C

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Quellen:

  1. Halvorsen KC, Marx RG, Wolfe I, Taber C, Jivanelli B, Pearle AD, Ling DI. Higher Adherence to Anterior Cruciate Ligament Injury Prevention Programs Is Associated With Lower Injury Rates: A Meta-Analysis and Meta-Regression. HSS J. 2023; 19:154-162. doi:10.1177/15563316221140860.

  2. Magoshi H, Hoshiba T, Tohyama M, Hirose N, Fukubayashi T. Effect of the FIFA 11+ injury prevention program in collegiate female football players over three consecutive seasons. Scand J Med Sci Sports. 2023; 33:1494-1508. doi:10.1111/sms.14379.