Placeboeffekte in der Therapie lumbaler Rückenschmerzen

Placeboeffekte in der Therapie lumbaler Rückenschmerzen
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Primäre lumbosakrale Rückenschmerzen (Lower back pain, LBP) werden mit einer breiten Palette an medikamentösen und nichtmedikamentösen Interventionen adressiert. Dass deren Wirkeffekte im Vergleich zu Scheinbehandlungen oft nur niedrig bis moderat sind, legt das Vorhandensein signifikanter Placeboeffekte nahe. Niederländische Forscher haben sich in einem systematischen Literatur-Review plus Metaanalyse mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Verteilung von tatsächlicher und Placebowirkung auf dem weiten Feld lumbaler Rückenschmerzen aussieht (1).

In die Studie flossen die Behandlungsdaten von insgesamt etwa 1700 Patienten aus 18 randomisiert kontrollierten Studien ein. Das Alter der Patienten reichte je nach Studie von durchschnittlich 32 bis durchschnittlich 67 Jahren; alle litten unter nicht ausstrahlenden lumbalen Rückenschmerzen ohne feststellbare organisch-funktionelle Ursache wie z.B. Osteoporose, Tumoren, Deformierungen, Entzündungen etc. Die Auswertung der Behandlungsergebnisse berücksichtigte auch die bereits bestehende Dauer der Beschwerden (akut, subakut, chronisch).

Bei allen inkludierten Arbeiten gab es eine Verum- und eine Placebogruppe; in fünf Studien kam noch eine Wartegruppe dazu, die gänzlich ohne Behandlung blieb. Vier Studien waren experimentelle Arbeiten, die spezifisch auf Placeboeffekte abgezielt hatten. Der tatsächlich angewendeten Behandlungsmethode stand jeweils eine Scheinbehandlung (sham treatment) entgegen, die dieser so nah wie möglich kam:

Tatsächliche Behandlung

Scheinbehandlung

Akupunktur
Scheinakupunktur
Echte manuelle Behandlung
Scheinmanipulation
Injektionen mit Anästhetikum oder anthroposophischem Medikament
Injektionen mit Kochsalzlösung
Schmerztabletten
Placebomedikament (Tabletten)
Laserbehandlung
Schein-Laserbehandlung
Ultraschallbehandlung
Schein-Ultraschallbehandlung
Kinesiotaping
Schein-Taping

Placeboeffekte bei chronisch lumbalen Rückenschmerzen signifikanter

Als Messinstrument waren in den Studien z. B. die Numerische Rating-Skala (NRS), die Visuelle Analog-Skala (VAS) sowie diverse Schmerzfragebögen zum Einsatz gekommen. Auswertungsrelevant waren Messwerte und Aussagen der Patienten zu Schmerzintensität, Grad der körperlichen Einschränkung und Lästigkeit der Beschwerden. Die Autoren geben zu bedenken, dass jederzeit unspezifische Effekte wie z. B. der natürliche Heilungsverlauf die Ergebnisse einer Behandlung oder Scheinbehandlung beeinflussen können. Nur fünf der 18 Studien führten eine dritte, interventionsfreie Gruppe (ausschließlich Patienten mit chronischem LBP) zum Vergleich, um diese unspezifischen Faktoren auszuhebeln. Sie eigneten sich für eine Metaanalyse.

Das Ergebnis: Signifikante Placeboeffekte ergaben sich hinsichtlich Schmerzreduktion und Funktionalität für Schein-Interventionen bei Patienten mit chronischem lumbalem Rückenschmerz. Akute Schmerzen im unteren Rücken reagierten deutlich weniger auf Scheinbehandlungen aller Art; hier fand lediglich eine Arbeit relevante Effekte für Scheinakupunktur im Vergleich zu keiner Therapie. Der standardisierte Mittelwert (SMD) in der Metaanalyse lag mit 0,52 für funktionelle Einschränkungen und 0,57 für Schmerzreduktion im moderaten Bereich.

Fazit: Zumindest bei chronischen lumbosakralen Rückenschmerzen können Ärzte und Physiotherapeuten auf kräftige Mithilfe des Placeboeffekts setzen. Patienten mit akutem Rückenschmerz profitieren wohl hingegen kaum. Künftige Studien mit höheren Probandenzahlen und auf besserer Vergleichbarkeit basierender Datenbasis wären nötig, um exaktere Aussgagen zur Effektstärke von Scheinbehandlungen in allen Phasen von LBP zu gewinnen.

■ Kura L

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Quellen:

  1. van Lennep JHPA, Trossèl F, Perez RSGM, Otten RHJ, van Middendorp H, Evers AWM, Szadek KM. Placebo effects in low back pain: A systematic review and meta-analysis of the literature. Eur J Pain. 2021; 25: 1867-1897 doi:10.1002/ejp.1811