Wie die Körperform das Krebsrisiko beeinflusst

Wie die Körperform das Krebsrisiko beeinflusst
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Adipositas ist nachgewiesenermaßen ein Risikofaktor für eine Vielzahl bösartiger Erkrankungen, darunter Krebs der Speiseröhre, der Bauchspeicheldrüse, des Dick- und Mastdarms, der Brust (postmenopausal), der Gebärmutter und der Nieren. In Gegenden mit einem hohen Anteil fettleibiger Menschen können vier bis neun Prozent der Krebserkrankungen einem Body Mass Index (BMI) von ≥ 25 kg/m2 zugeordnet werden. Allerdings wird vermutet, dass durch Übergewicht bedingter Krebs noch viel häufiger ist, doch der bisher vorwiegend herangezogene BMI differenziert nicht zwischen Muskel- und Fettmasse und auch die Fettverteilung bleibt unberücksichtigt. Dabei ist bekannt, dass der Taillenumfang und das Verhältnis des Taillen- zum Hüftumfang (waist-to-hip-ratio WHR) wichtige Surrogatmarker darstellen.

In einer Meta-Analyse aus dem Jahr 2016 (1) wurden aus den sechs Parametern BMI, Körpergröße, Gewicht, Taillen- und Hüftumfang, WHR vier verschiedene Körperformen abgeleitet, die mehr als 99 Prozent der Unterschiede abdecken.

Die jeweilige Körperform ist dabei wie folgt charakterisiert:

– übermäßiger Körperfettanteil. Bei normaler Körpergröße ist der BMI hoch, ebenso wie Taillen- und Hüftumfang, das WHR, und das Gewicht.

– groß und gerade gebaut. Bei großer Körpergröße ist das WHR gering.

– große Personen mit Bauch. Bei großer Körpergröße ist das WHR hoch, der BMI aber nicht.

– athletischer Körperbau. Bei normaler Körpergröße ist zwar der BMI (aufgrund von viel Muskelmasse) erhöht, WHR sowie die Taillen- und Hüftumfang sind aber gering.

Körperform und Krebsrisiko – welche Zusammenhänge gibt es?

Wissenschaftler aus Regensburg haben nun in einer europaweiten Studie anhand von 340 000 Datensätzen der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie und einer Follow-up-Dauer von 15,3 Jahren diese vier Körperformen mit dem einhergehenden Krebsrisiko assoziiert (2).

Adipöse Menschen (Gruppe 1) hatten ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen der Gebärmutter, Adenokarzinome der Speiseröhre, der Leber, Niere, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse, sowie des Dick- und Mastdarms, Myelome und postmenopausalen Brustkrebs. Personen der Gruppe 2 erkranken mit höherer Wahrscheinlichkeit an Schilddrüsenkrebs, prä- und postmenopausalem Brustkrebs und malignen Melanomen. Das Risiko für Mastdarmkrebs und Krebserkrankungen des Mund- und Rachenraumes waren erniedrigt. Bei der dritten Körperform (groß mit Bauch) war sowohl das Gesamtrisiko für eine Krebserkrankung, als auch für 12 Krebsarten (Lippen, Mund, Rachen, Speiseröhre, Magen, Schilddrüse, Lunge, Niere, Pankreas, Dick- und Mastdarm, malignes Melanom und Prostata) erhöht. Niemals geraucht zu haben, senkte das Risiko für einige der Erkrankungen. Die athletisch gebauten Personen der Gruppe 4 hatten kein erhöhtes allgemeines Krebsrisiko. Einzig die Wahrscheinlichkeit für eine Krebserkrankung der Schilddrüse könnte erhöht sein.

Alter und Geschlecht sekundär

Die gesamte Analyse zeigt, dass der Körperbau, insbesondere übermäßiges Körperfett, mit einer Erhöhung des Erkrankungsrisikos für viele Krebsarten einhergeht. „Die Herleitung und Definition von unterschiedlichen Körperformen ist ein neuer und vielversprechender Ansatz. In Bezug auf die Körperzusammensetzung und die Körperfettverteilung sind sie offensichtlich aussagekräftiger als die klassischen anthropometrischen Maße wie der Body Mass Index oder die Körpergröße allein und erlauben daher ein besseres Verständnis und eine genauere Beurteilung des Risikos für Krebserkrankungen“, erklärt Dr. Anja Sedlmeier, Erstautorin der Studie. Ein erhöhter BMI beispielsweise, der durch einen hohen Anteil an Muskelmasse zustande kommt, erhöht sich das Krebsrisiko nicht. Orientiert man sich an der Körperform, spielt auch das Alter und das Geschlecht eine untergeordnete Rolle, auch wenn es in manchen Gruppen Unterschiede zwischen Personen unter oder über 52,3 Jahren gibt.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Ried JS, Jeff M J, Chu AY, Bragg-Gresham JL, van Dongen J, et al. A principal component meta-analysis on multiple anthropometric traits identifies novel loci for body shape. Nat Commun. 2016; 7: 13357. doi:10.1038/ncomms13357

  2. Sedlmeier AM, Viallon V, Ferrari P, Peruchet-Noray L, Fontvieille E, Amadou A, Seyed Khoei N, Weber A, Baurecht H, Heath AK, Tsilidis K, Kaaks R, Katzke V, Inan-Eroglu E, Schulze MB, Overvad K, Bonet C, Ubago-Guisado E, Chirlaque MD, Ardanaz E, Perez-Cornago A, Pala V, Tumino R, Sacerdote C, Pasanisi F, Borch KB, Rylander C, Weiderpass E, Gunter MJ, Fervers B, Leitzmann MF, Freisling H. Body shape phenotypes of multiple anthropometric traits and cancer risk: a multi-national cohort study. Br J Cancer. 2022. doi:10.1038/s41416-022-02071-3