Wettkampfsport für Herzpatienten?

Wettkampfsport für Herzpatienten?
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Seit einigen Jahren vertritt die Sportkardiologie die Meinung, dass auch Sport auf Wettkampfniveau unter gewissen Voraussetzungen für die meisten Herzpatienten sicher ist. Ein Medizinerteam am Institut für präventive Sportmedizin und Sportkardiologie des Münchner Klinikums rechts der Isar fasst die aktuelle Studienlage zum Thema zusammen, gibt Empfehlungen für relevante Diagnosemaßnahmen und nennt geeignete Disziplinen. Berücksichtigt wird außerdem der Sonderfall „Herzmedikamente im Leistungssport“. Hinweise auf geltende Doping-Richtlinien (manche Substanzen fallen unter die WADA-Richtlinien und erfordern eine Therapeutic Use Exemption/TUE) vervollständigen den Überblick (1).

Für Herzpatienten geeignete Wettkampfsportarten

Arterielle (auch sekundäre und Belastungs-) Hypertonie: Nach adäquater Blutdruckeinstellung sind grundsätzlich alle Disziplinen erlaubt. Eine Ausnahme bei bestehenden Endorganschäden bildet Kraftsport. Hinweis: Wiederholte kurze Valsalva-Manöver von wenigen Sekunden Dauer können die kardiale Druckbelastung reduzieren!

Koronare Herzerkrankung (KHK): Bei optimaler medikamentöser Einstellung und nach Ausschluss von Hochrisikomerkmalen sind grundsätzlich alle Disziplinen erlaubt. Als Hochrisikomerkmale gelten kritische Koronarstenose, linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) ≤ 50% und regionale Wandbewegungsstörungen, nachgewiesene Ischämie oder behandlungsresistente Angina pectoris, nachgewiesene nichtanhaltende Kammertachykardie (nsVT), polymorphe ventrikuläre Extrasystolen (VES) oder häufige VES in Ruhe oder Belastung sowie ein weniger als 12 Monate zurückliegendes akutes Koronarsyndrom mit oder ohne Koronarintervention/OP.

Koronaranomalien: Bei asymptomatischen Niedrigrisiko-Anomalien ohne (Belastungs-) Ischämien und ohne komplexe Rhythmusstörungen ≥ 3 Monate nach OP können alle Sportarten auch auf Wettkampfniveau ausgeübt werden.

Hypertrophe oder hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HCM/HOCM): Als häufigste Ursache für plötzlichen Herztod unter jungen Athleten muss diese Erkrankung besonders sorgfältig und möglichst früh diagnostiziert werden. Leistungssport ist erlaubt, solange keine der folgenden Risikofaktoren bestehen: kardiale Symptome/unerklärte Synkopen, (belastungsinduzierbare) Rhythmusstörungen oder abnormes Blutdruckverhalten, ESC-HCM-Risk-SCD-Score ≥ 4 % und Obstruktion des LV-Ausflusstrakts (LVOT) in Ruhe/bei Belastung. Lediglich hochintensive Sportarten wie Basket- oder Handball sind meist nicht ratsam.

Myokarditis: Eine Myokarditis erfordert eine mindestens dreimonatige Belastungskarenz, bis sich alle Entzündungsparameter, die kardialen Enzyme, das EKG und die Echokardiographie normalisiert haben. Bei Perikarditiden gilt dies für mindestens drei Monate. Nur wenn nach diesen Karenzzeiten die Infektion ohne bleibende Rhythmusstörungen oder Narbenbildung vollständig abgeheilt und die LV-Funktion wiederhergestellt ist, darf Hochleistungssport nach schrittweiser Belastungssteigerung unter Festlegung adäquater Trainingsherzfrequenzen (via Laktatdiagnostik oder Spiroergometrie) wieder aufgenommen werden.

Vorhofflimmern: Bei vielen Sportlern ist Vorhofflimmern mit physiologischen Anpassungen im Sinne eines Athletenherzens assoziiert, ohne dass pathologisch weiter dilatierte Vorhöfe vorliegen. Nach Bewertung des individuellen thromboembolischen Risikos und medikamentöser Einstellung kann Wettkampfsport bis zur ärztlich abgesegneten Intensität betrieben werden. Ausnahme: Steht der Patient unter Antikoagulation, sind Sportarten mit erhöhtem Verletzungsrisiko sowie Kontaktsport wegen des erhöhten Blutungsrisikos kontraindiziert.

Pathologien der Herzklappen: Symptomatische schwere Aortenklappenstenosen sind eine der wenigen Herzerkrankungen, bei denen körperliche Belastung nur unterhalb der Symptomgrenze sicher ist. Hochintensives Training ist für diese Patienten zu gefährlich. Mittelgradige asymptomatische Stenosen mit guter LV-Funktion stehen Wettkampfsport auf niedrigem bis moderatem Niveau nicht im Wege. Bei geringgradigen Aortenklappenstenosen ohne LV-Funktionsstörung ist jede Art und Intensität an Wettkampfsport erlaubt, solange die Ergometrie unauffällig bleibt. Engmaschige Begleitung ist in allen Fällen notwendig.

Geringgradige Mitralklappeninsuffizienzen sind bei asymptomatischem Verlauf kein Grund gegen Wettkampfsport. Bei mittleren und hohen Graden muss echokradiographisch und ergometrisch beurteilt werden. Eine Sportfreigabe für alle Intensitäten darf nur erfolgen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: LVEDD Männer < 60 mm oder < 35,3 mm/m2, Frauen 40 mm/m2; LVEF ≥ 60 %; Ruhe-sPAP < 50 mm Hg; unauffällige Ergometrie bis zur maximalen Ausbelastung.

Ein Mitralklappenprolaps wird ähnlich beurteilt, erfordert aber den Ausschluss weiterer Risikofaktoren, darunter ein verlängertes QT-Intervall, MRT-gesicherte inferolaterale Fibrosen, linksventrikuläre Arrhythmien oder eine hochgradig reduzierte systolische LV-Funktion.

Fazit: Sport auf Wettkampf-Niveau muss für Herzpatienten nicht tabu sein – solange vorab medizinisch individuell abgeklärt wird, was in welcher Intensität und wie oft betrieben wird. Eine engmaschige sportkardiologische Begleitung minimiert das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse.

■ Kura L

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Quellen:

  1. Stegmüller F, Dinter J, Ritzer B, Seth C, Stadler L, Esefeld K, Halle M. Sportkardiologie. Welcher Sport kann bei Herzerkrankungen empfohlen werden? Herz. 2022; 47: 564–574. doi:10.1007/s00059-022-05141-7