Problemzone Iliosakralgelenk: Wenn die »heilige Mitte« schmerzt
Das Iliosakralgelenk (ISG) ist in Sportmediziner- und Orthopädenkreisen viel zitiert. Dabei ist der Begriff Gelenk fast übertrieben: Straffe Bandverbindungen limitieren den Bewegungsumfang der Ampiarthrose, die Kreuz- und Darmbein verbindet, auf gerade mal zwei bis vier Grad. Da es aber eine entscheidende Rolle bei der Kraftübertragung zwischen Rumpf und Beinen spielt, können ISG-Blockaden oder entzündliche Geschehen einen Athleten ganz schön ausbremsen.
Im gesunden Zustand erledigt das Kreuzdarmbeingelenk seine kraftübertragenden Aufgaben mit Bravour. Die passive »form closure«, bedingt durch die besondere Ausformung des Gelenks und seinen extrem stabilen Bandapparat, kooperiert gut mit der aktiv muskulär dirigierten »force closure« (6). Doch mit zunehmendem Alter werden die Gelenkflächen unebener, die ligamentäre Stabilität lässt nach und das Risiko für Beschwerden steigt – besonders bei unphysiologischer Belastung im Sport.
»Alle Sportarten, in denen verschiedene Bewegungsebenen, plötzliche Stopps und harte Landungen involviert sind, belasten zwangsläufig das ISG. Deshalb haben wir bei uns in der Praxis oft Athleten aus High-Impact-Sportarten wie Tennis, Squash, Handball, Fußball, Skifahren und Hockey«, berichtet der Osteopath, Sport- und Bewegungstherapeut Jörg Mayer, der z. B. den Deutschen Olympischen Sportbund als Sportphysiotherapeut unterstützt.
Der Leiter der Sportorthopädie-Sprechstunde am Universitätsklinikum Ulm, Mickel Washington, kennt das Phänomen ebenfalls von Ruderern und anderen Athleten: »Durch die Ruderbewegung im Boot verkürzen sich typischerweise die Hüftbeuger sowie die Ischiocruralmuskulatur, welche daraufhin keinen ausreichenden Gegenzug mehr ausüben können. Das ISG von Handballern hingegen gerät im Zweikampf wegen der vielen azyklischen Stopps bei gleichzeitiger Rotation im unteren LWS-Bereich in Gefahr. Und im Fußball sind plötzliche Beckenverkippungen schuld, wenn das ISG ,verriegelt‘.« Als begünstigende Faktoren nennt er eine vorliegende Skoliose, vor allem mit Hyperlordose, Bein- und Fußfehlstellungen sowie echte Beinlängendifferenzen ab ca. drei Zentimeter. Frauen in der Schwangerschaft stellen eine weitere Risikogruppe dar, da die stützenden beckennahen Bandstrukturen unter der hormonellen Veränderung erweichen.