Kardiorespiratorische Fitness wichtiger für das Mortalitätsrisiko als Gewicht

Kardiorespiratorische Fitness wichtiger für das Mortalitätsrisiko als Gewicht
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Adipositas ist ein Risikofaktor für viele chronische Erkrankungen und erhöht die Gesamtsterblichkeit und die kardiovaskuläre Mortalität. Die Prävalenz von Adipositas hat in den letzten vier Jahrzehnten signifikant zugenommen. So haben in Deutschland 25 Prozent der Erwachsenen einen BMI (Body-Mass-Index) von ≥30 und sind damit per Definition adipös. Zusätzlich zu dieser sehr stark übergewichtigen Personengruppe sind viele Menschen übergewichtig (BMI ≥25 <30) (1). Öffentliche Gesundheitsstrategien setzen vor allem auf Gewichtsverlust und Lebensstiländerungen, um Normalgewicht zu erreichen. Doch die Erfolge sind mäßig. Die Rückfallquote liegt nach 10 Jahren bei beinahe 100 Prozent und Gewichtsverlust alleine zeigt keine konsistente Reduktion des Mortalitätsrisikos. Daher stellte sich immer mehr die Frage, ob das Gewicht der entscheidende Faktor für die Mortalität ist und auf welche Weise das Risiko alternativ beeinflusst werden könnte. Nimmt man die kardiorespiratorische Fitness (CRF) in den Fokus, so zeigt sich ein umgekehrt proportionaler Zusammenhang sowohl zur allgemeinen als auch zur kardiovaskulären Sterblichkeit. Die CRF wurde aus diesem Grund als wichtiger Vitalparameter vorgeschlagen, ist jedoch bislang nicht Teil der Risikomanagementrichtlinien bei übergewichtigen und adipösen Personen.

In den vergangenen drei Jahrzehnten wurde im Rahmen mehrerer prospektiver Studien untersucht, wie sich die kardiorespiratorische Fitness und der Body-Mass-Index auf die Sterblichkeit auswirken. Nun sind ein systematischer Review und eine Meta-Analyse erschienen, die die Vielzahl der Ergebnisse zusammenbringen (2). In die systematische Überprüfung und Meta-Analyse wurden 20 Artikel einbezogen, die insgesamt 398 716 Teilnehmer umfassten.

Die Auswertung ergab, dass als „fit“ klassifizierte Personen kein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre und Gesamtsterblichkeit aufwiesen – unabhängig von ihrem BMI. Im Detail zeigten die Ergebnisse, dass im Vergleich zu einer Referenzgruppe bestehend aus normalgewichtigen, fitten Personen übergewichtige und fitte (HR für Gesamtmortalität: 0,96) sowie adipöse und fitte Personen (HR für Gesamtmortalität: 1,11) kein signifikant erhöhtes Gesamtmortalitätsrisiko aufwiesen. Anders lag es bei normalgewichtigen, unfitten (HR für Gesamtmortalität: 1,92), übergewichtigen, unfitten (HR für Gesamtmortalität: 1,82) und adipösen, unfitten Personen (HR für Gesamtmortalität: 2,04). Das allgemeine Mortalitätsrisiko war doppelt so hoch.

Die Analyse des Risikos für kardiovaskuläre Mortalität ergab ein ähnliches Bild. Übergewichtige und adipöse Personen hatten zwar ein höheres Mortalitätsrisiko als normalgewichtige, fitte Personen, aber diese Werte erreichten keine statistische Signifikanz. Bei Unfitten jedoch ein signifikant erhöhtes. Bei normalgewichtigen, unfitten Personen war es doppelt so hoch, bei übergewichtigen, unfitten 2,5-fach und bei adipösen, unfitten 3,3-fach erhöht.

Die Autoren schlussfolgern, dass die kardiorespiratorische Fitness einen deutlich größeren Einfluss auf die Sterblichkeit hat als das Gewicht.

Um die Ergebnisse für eine breite Personengruppe nutzbar zu machen, ist es von Bedeutung, wie „fit“ im Rahmen der Untersuchungen definiert wurde. In den meisten der eingeschlossenen Studien mussten die Teilnehmenden bei der körperlichen Leistungsfähigkeit nur die 20. Perzentile der Studienpopulation überschreiten, um als „fit“ zu gelten. Das deutet darauf hin, dass eine signifikante Senkung des Sterblichkeitsrisikos mit moderater altersangepasster körperlicher Aktivität unabhängig vom BMI erreicht werden kann.

Da Übergewicht und Adipositas häufig mit weiteren das Risiko erhöhenden Faktoren wie Diabetes Typ 2 einhergehen, lässt sich das Mortalitätsrisiko mit moderater Aktivität deutlich verringern, aber nicht auf den Wert der Referenzgruppe senken. Dazu könnte ein höheres CRF-Niveau nötig sein.

CRF ist offenbar ein starker Prädiktor für kardiovaskuläre Erkrankungen und die Gesamtmortalität und schwächt die mit Übergewicht und Adipositas verbundenen Risiken ab. Diese Daten haben wichtige Implikationen für die öffentliche Gesundheit und Risikominderungsstrategien.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Mensink GBM, Schienkiewitz A, Haftenverger M, Lampert T, Ziese T, Scheidt-Nave C. Übergewicht und Adipositas in Deutschland. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsbl. 2013. 56: 786-794. doi:10.1007/s00103-012-1656-3

  2. Weeldreyer NR, De Guzman JC, Paterson C, Allen JD, Gaesser GA, Angadi SS. Cardiorespiratory fitness, body mass index and mortality: a systematic review and meta-analysis. Br J Sports Med. 2024; 0:1–8. doi:10.1136/bjsports-2024-108748