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Fortsetzung Menstruationszyklus und Training – die Kraft der Hormone nutzen

Kurzinterview mit Profi-Triathletin Laura Zimmermann: „Der Menstruationszyklus als Erfolgsfaktor“.

Laura Zimmermann ist studierte Zahnärztin und Sportwissenschaftlerin. Seit 2019 läuft, radelt und schwimmt sie außerdem mit sehr guten Erfolgen die Ironman-Distanzen. 2022 tritt sie erstmals als Fulltime-Profisportlerin an.

Laura Zimmermann: Sportwissenschaftlerin, Profi-Triathletin, Zahnärztin
Laura Zimmermann: Profi-Triathletin, Sportwissenschaftlerin und Zahnärztin. © Zimmermann

Seit wann berücksichtigen Sie Ihren Menstruationszyklus im Sport?

2018 beschäftigte sich mein Trainer Utz Brenner mit der Auswirkung von Hormonen auf die Performance. Rückblickend konnten wir ein unerklärlich schlechtes Ergebnis im Jahr 2017 auf meine PMS*-Phase am Wettkampftag zurückführen. Damals gab es kaum Forschung dazu, also sammelten wir unsere eigenen Erfahrungen und probierten viele Tools aus, z. B. HRV*- und Basaltemperaturmessung, Erfassung von Veränderungen der Blutglukosewerte und Symptomtracking. Mittlerweile tauschen wir uns regelmäßig mit Expertinnen und Experten aus und Utz referiert zum Thema. Ich nehme aktuell an einer Studie zur Thematik RED-S* und mentale Gesundheit an der TU München teil; weitere Projekte mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaft Leipzig lassen ebenfalls auf interessante Erkenntnisse hoffen.

Was hat sich für Sie dadurch verändert?

Die Schmerzen zu Beginn der Periode sind weniger geworden. Vor allem aber weiß ich jetzt, dass z. B. die erste Zyklusphase eine leistungsstarke Zeit ist und ich mich schneller erhole. In der PMS-Phase kurz vor der Periode hingegen muss ich mental und körperlich mehr Mühe für ähnliche Resultate aufbringen und bleibe oft hinter meinen Möglichkeiten zurück. Durch dieses Bewusstsein fällt es mir leichter, »schlechtere« Tage zu akzeptieren. An solchen Tagen trainiere ich seitdem weniger intensiv und bei der Wettkampfplanung versuchen wir den Zyklus zu berücksichtigen – der aber natürlich auch mal länger oder kürzer sein kann als sonst. Das macht langfristige Planung komplizierter. Dieses Jahr sind z. B. schon vier von fünf Rennen in die für mich ungünstigste Phase gefallen, das war Pech. Trotzdem würde ich jeder Leistungssportlerin zu zyklusgerechtem Training raten, weil es das Körperbewusstsein sensibilisiert, die Performance verbessern kann und die Verletzungsgefahr senkt. Natürlich könnte man überlegen, bei wichtigen Meisterschaften hormonell zu »verschieben«. So etwas muss allerdings im Vorfeld unter ärztlicher Aufsicht erprobt werden. Wir haben uns bisher dagegen entschieden.

Welche wichtigen Themen rund um Zyklus und Sport sollten Ihrer Meinung nach mehr Aufmerksamkeit erfahren?

Noch immer wird es oft verharmlost, wenn bei Sportlerinnen die Menstruation ausbleibt. Dabei ist das eine körperliche Stressreaktion, bei der alle Alarmglocken läuten sollten – Stichwort RED-S-Syndrom. Wenig bekannt ist außerdem, dass hormonelle Kontrazeptiva unausgeglichene Hormone verschleiern. So fällt nicht nur die Nutzung der einzelnen Zyklusphasen mit ihren Stärken und Schwächen weg, sondern es können auch Erkrankungen unerkannt bleiben. Athletinnen, die hormonell verhüten, sollten deshalb regelmäßig ihren Hormonstatus checken lassen. Ich wünsche mir, dass der weibliche Zyklus in der Öffentlichkeit als normaler, ja sogar potenziell förderlicher Aspekt behandelt und im Training entsprechend behandelt wird. Er hat neben ein paar negativen auch viele positive Seiten, wenn man mit ihm und nicht gegen ihn arbeitet!

■ Hutterer C, Kura L (Interview)
* Anmerkung der Redaktion: PMS = Prämenstruelles Syndrom, HRV = Herzfrequenzvariabilität, RED-S = Relatives Energiedefizit-Syndrom

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Quellen:

  1. Janse de Jonge XA. Effects of the menstrual cycle on exercise performance. Sports Med. 2003; 33: 833-51. doi:10.2165/00007256-200333110-00004

  2. McNulty KL, Elliott-Sale KJ, Dolan E, Swinton PA, Ansdell P, Goodall S, Thomas K, Hicks KM. The Effects of Menstrual Cycle Phase on Exercise Performance in Eumenorrheic Women: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Med. 2020; 50: 1813-1827. doi:10.1007/s40279-020-01319-3

  3. Sung E, Han A, Hinrichs T, Vorgerd M, Manchado C, Platen P. Effects of follicular versus luteal phase-based strength training in young women. Springerplus. 2014; 3: 668. doi:10.1186/2193-1801-3-668