Wie „natürlich“ ist Laufbandtraining?

Wie „natürlich“ ist Laufbandtraining?
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Spätestens seit den Corona-Lockdowns wird Laufen immer beliebter. Aber auch vorher schon schnürten Sportlerinnen und Sportler aus den verschiedensten Disziplinen die Laufschuhe – zu Trainings-, Rehabilitations- und Forschungszwecken. Ein beliebtes Hilfsmittel sind dabei Laufbänder, die in Verbindung mit einer Videoanalyse u. a. Erkenntnisse bezüglich Lauftechnik, individuell passendem Schuhwerk, Orthesen und leistungssteigernder sowie präventiver Gangschulung liefern können. Aber lässt sich die Bewegung auf dem Laufband mit der auf natürlichem Untergrund vergleichen? Diese Frage beschäftigt Forschende schon lange. Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern hat jetzt die zum Teil sehr widersprüchlichen Ergebnisse in einem Review zusammengetragen (1). Die Übersichtsarbeit mit Metaanalyse stellt gezielt biomechanische Outcomes der unteren Gliedmaßen beim Laufbandtraining und beim Bodenlauf gegenüber und macht Vorschläge für die optimierte Simulierung natürlicher Bedingungen auf dem Band. Inkludiert wurden 33 Crossover-Studien mit insgesamt 494 Teilnehmenden (Alter: 18 bis 65 Jahre). Verglichen wurde der quasi-konstante Lauf auf ebenem natürlichem Untergrund mit der entsprechenden Bewegung auf einem nicht geneigten, nicht gedämpften motorisierten Laufband (motorized treadmill/MT).

Bisherige Studien fanden eine Vielzahl von Aspekten, die zu Unterschieden in der Lauf-Biomechanik führen können, darunter die Frage des Vortriebs, der Luftwiderstand, die Vertrautheit des immer gleichen Untergrunds auf dem Band, der visuelle Fokus oder die Oberflächensteifigkeit.

Die Metaanalyse kam zu dem Ergebnis, dass sich die beiden Laufarten Laufband- und Bodenlauf hinsichtlich räumlich-zeitlicher sowie kinematischer und kinetischer Parameter, Muskelaktivität und Muskel-Sehnen-Messungen nur geringfügig unterscheiden – also weitgehend vergleichbar sind. Unterschiede in der Sagittalebene (einschließlich sagittaler Fuß-Boden-Winkel und Kniebeugung beim Fußauftritt, Bewegungsumfang der Kniebeugung im Stand und vertikale Beckenverschiebung) traten jedoch in einer Größenordnung zutage, die für die Praxis interessant sein könnte. Widersprüchlich waren die Ergebnisse hinsichtlich der Muskelaktivitäts-Amplitude.

Aus den erarbeiteten signifikanten Unterschieden ergeben sich gleichzeitig Empfehlungen für die Optimierung von Laufbandtraining:

■ Oberflächensteifigkeit: Die Härte des Laufbands sollte, wenn möglich, so genau wie möglich dem sonst gewohnten Untergrund entsprechen. Colino et al. haben zur Ermittlung der Oberflächenhärte zwei Testmethoden entwickelt (2). In der Rehabilitation könnten Laufbänder mit weicheren Oberflächen vorzuziehen sein, da sie vertikale Belastungsraten und transiente Spitzen reduzieren.

■ Schwankungen der Bandgeschwindigkeit: Sie können durch unzureichende Motorleistung, Schlupf des Riemens auf den Mitnehmern oder eine niedrige Aktualisierungsfrequenz der Riemengeschwindigkeit entstehen und treten bei höheren Personengewichten verstärkt auf. Sehr wahrscheinlich liefern hochpreisigere Laufbänder konsistentere Geschwindigkeiten.

■ Vertrautheit des Untergrunds und Komfort: Die meisten Studien berichten von Gewöhnungszeiten um die 8 Minuten beim Laufbandtraining, bis sich eine stabile Laufbiomechanik einstellt (Achtung: teils erhebliche Abweichungen nach oben und unten!). Diese sehr individuelle Gewöhnungszeit sollte vor Messungen unbedingt eruiert und gewährt werden, um realistische Ergebnise zu erhalten. Eventuell stammt die Signifikanz dieses Parameters in einigen Studien daher, dass man den Faktor Gewöhnung/Komfort unzureichend beachtet hatte.

■ Wahrnehmungsunterschiede: Die Geschwindigkeit des Laufbands wurde von den meisten Probanden als vergleichsweise schneller wahrgenommen. Dies könnte der Grund für höhere Schrittfrequenzen und kürzere Schrittlängen als auf natürlichem Untergrund sein, was bei Berechnungen und Optimierungsbemühungen hinsichtlich des Laufstils berücksichtigt werden sollte.

■ Ausdauerleistung: Durch den geringeren Luftwiderstand auf dem nicht geneigten Laufband bei Geschwindigkeiten <18 km/h fällt die zu erreichende Ausdauerleistung insgesamt schlechter aus. Eine Erklärung für die (bezüglich Luftwiderstand) theoretisch besser erwartbare, in der Praxis aber etwas schlechtere Laufleistung auf dem Band vermuten die Autoren in einer Kombination aus geringerer Sauerstoffaufnahme, veränderter Lauftechnik und -ökonomie aufgrund mangelnden Laufkomforts und gehemmter Thermoregulatation (weil indoor weniger Schweiß verdunstet).

Durch die veränderte Kinematik und Muskelaktivierung verändert sich auch der Trainingsreiz! Die regelmäßigere Schrittdynamik auf dem Laufband kann zudem potenziell dasselbe Gewebe wiederholt be- und somit überlasten. Die Ergebnisse weisen z. B. darauf hin, dass Bandlaufen für die Rehabilitation von Stressfrakturen der unteren Gliedmaßen, jedoch nicht bei Achillessenen-Tendinopatien oder -rupturen sowie Wadenmuskelzerrungen geeignet sein könnte. Ein wichtiger Punkt für die Anwendung biomechanischer Laufband-Outcomes auf das Laufen am Boden sind definitiv die kinematischen Unterschiede in der Sagittalebene beim Fußauftritt.

■ Kura L

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Quellen:

  1. Van Hooren B, Fuller JT, Buckley JD et al. Is Motorized Treadmill Running Biomechanically Comparable to Overground Running? A Systematic Review and Meta-Analysis of Cross-Over Studies. Sports Med. 2020; 50: 785–813. doi:10.1007/s40279-019-01237-z

  2. Colino E, Sánchez-Sánchez E, García-Unanue J, Ubago-Guisado E, et al. Validity and reliability of two standard test devices in assessing mechanical properties of different sport surfaces, Polymer Testing. 2017; 62: 61-67. doi:10.1016/j.polymertesting.2017.06.011