Wearables – Herausforderung und Chance für die Sportmedizin

Professor Dr. Wilhelm Bloch ist 2. Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Sportmedizin e. V. (VFSM) und greift in seinem Editorial das Thema der tragbaren Sensoren zur Messung physiologischer, biomechanischer und biologischer Signale, sogenannter Wearables, auf. Diese bestimmen zunehmend den Alltag von Menschen mit und ohne Erkrankungen. Die Entwicklung der letzten Jahre ging mit einer zunehmenden Steigerung der Qualität einher. Dies soll Anlass sein, die mögliche Bedeutung von Wearables für die Sportmedizin der Zukunft zu beleuchten.

Wearables – Herausforderung und Chance für die Sportmedizin
© ra2 studio / Adobe Stock

Tragbare Sensoren zur Messung physiologischer, biomechanischer und biologischer Signale sogenannte Wearables bestimmen zunehmend den Alltag von Menschen mit und ohne Erkrankungen. Bereits 2016 war dies Anlass für ein Editorial in der DZSM (3), in dem die wachsende Bedeutung der Wearables aufgezeigt wurde und mögliche Nutzbarkeit für die Sportwissenschaft und Sportmedizin dargestellt wurde.

Die Entwicklung der letzten Jahre hat viele neue Sensoren hervorgebracht und eine zunehmende Steigerung der Qualität der Sensoren, dies soll Anlass sein die mögliche Bedeutung von Wearables für die Sportmedizin der Zukunft zu beleuchten. Derzeit werden sie vor allem im Leistungs-, Freizeit- und Gesundheitssport eingesetzt, eine Nutzung für die Überwachung aber auch Diagnostik von Patienten mit chronischen Erkrankungen ist ein wachsendes Anwendungsfeld (2). Dies begründet neue Anforderungen und Möglichkeiten für die Sportmedizin, insbesondere wenn verschiedene sensor-basierende Parameter mit Hilfe von Algorithmen verknüpft werden, die häufig auch als künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet werden und die Ergebnisse mittels Apps verfügbar gemacht werden. Dies erlaubt nicht nur die Selbstdiagnostik und -steuerung im Sport sondern eröffnet neue Möglichkeiten der Belastungs- und Regenerationsdiagnostik und -steuerung im sportmedizinischen Kontext. Dabei können die Wearables eingesetzte werden, um akute und chronische Überlastung und Verletzungen zu vermeiden, aber auch um Patienten mit chronischen Erkrankungen zu überwachen und deren Belastung zu steuern. Wearables können auch im Rehabilitationsprozess von Patienten und Sportlern implementiert werden, um eine optimierte personalisierte Belastungssteuerung im Remote-Setting zu ermöglichen. Ein aktuelles Anwendungsfeld ist zum Beispiel die Implementierung in den Return-to-Sport und Rehabilitationsprozess nach COVID-19 (6).

Wearbales für die Felddiagnostik

Ein zusätzlicher Aspekt ist der Einsatz für eine Diagnostik unter realen Lebensbedingungen, die bisher nur begrenzt im Fokus der wissenschaftlichen und klinischen Betrachtung steht. Wearables haben das Potential in Zukunft die Diagnostik aus dem klinischen und Laborumfeld verstärkt in den Bereich der Felddiagnostik zu bringen. Ein Beispiel hierfür sind Sensoren, die minimal invasive den Blutzucker überwachen und mittlerweile eine direkte Datenüberwachung ermöglichen (4). Auch in der Kardiologie werden zunehmend Wearables, eingesetzt, die zur Überwachung und Diagnostik von Patienten dienen (7).

Entwicklung der Wearables

Die Entwicklung der Sensoren hat sich in den letzten Jahren von Bewegungssensoren, dazu gehören Schrittzähler, Beschleunigungsmesser/Gyroskope und GPS-Geräte (Global Positioning Satellite) und physiologischen Sensoren zu diesen gehören Herzfrequenzmesser, Schlafmonitore, Temperatursensoren und integrierte Sensoren, hin zu Sensoren bewegt, die biologische Parameter, wie z.B. Elektrolyte, Glukose und Laktat im Schweiß, oder nicht und minimal invasiv im Gewebe messen (5). Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft weitere biologische Parameter hinzukommen, wie Zytokine und weitere Metabolite, die bisher vor allem im Blut gemessen werden. Die Wearables der Zukunft werden zunehmend Echtzeitmessung und Datenübertragung ermöglichen, so dass zunehmend dynamische Messungen mit hoher zeitlicher Abtastrate, Messungen unter unterschiedlichen Belastungsbedingungen erlauben, die dynamische physiologische und pathophysiologische Prozesse erfassen, die im klassischen klinischen Setting nur eingeschränkt erfasst werden können. Dies ergibt neue Möglichkeiten der Diagnostik und Überwachung nicht nur bei chronischen Erkrankungen und dies insbesondere unter Belastungsbedingungen.

Zukunft der Sportmedizin mit Wearables

Die Sportmedizin der Zukunft wird nicht ohne die diagnostischen Möglichkeiten auskommen, die jetzige und vor allem zukünftige Generation von Wearables bieten. Dies gilt sowohl für die orthopädisch als auch internistisch orientierte Sportmedizin. Es ergeben sich neue Herausforderungen und vor allem neue Chance durch Wearable-basierender Diagnostik und Belastungs- und Regenerationssteuerung unter realen Lebensbedingungen. Dies ist besonders für die Sportmedizin ein zu besetzendes Feld, da für diesen Bereich Expertise im Bereich des Verständnisses von Effekten unterschiedlicher körperlicher Belastung auf sensor-basierende Parameter notwendig sind und ein breiteres Verständnis von physiologischen, biomechanischen und biologischen Prozessen bei Gesunden und chronisch Kranken gefordert ist. Die Sportmedizin sollte sich dieser Herausforderung stellen und sowohl wissenschaftliche als auch klinische Expertise in der Anwendung und Weiterentwicklung im praktisch klinischen und wissenschaftlichen Bereich aufbauen. Dazu gehört es verstärkt in die Forschung mit Wearables im klinischen Kontext einzusteigen und die klinische Nutzung voranzutreiben. Für den Einsatz im klinischen praktischen Kontext braucht es jedoch globale Standards für die Wearables und Ihren Einsatz (1), an deren Entwicklung und Implementierung sich die Sportmedizin beteiligen sollte. Dies kann einerseits durch verstärkte Ausrichtung von sportmedizinischen Professuren in diesen Bereich geschehen und andererseits durch eine Implementierung von Wearable-basierender Diagnostik und Belastungssteuerung in die sportmedizinische Ausbildung.

Professor Dr. Wilhelm Bloch 2019
Professor Dr. Wilhelm Bloch, 2. Vorsitzender Verein zur Förderung der Sportmedizin e.V. (VFSM); Leiter der Abteilung Molekulare und zelluläre Sportmedizin, DSHS, Köln. ©Bloch

■ Bloch W

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Quellen:

  1. Ash GI, Stults-Kolehmainen M, Busa MA, Gaffey AE, Angeloudis K, Muniz-Pardos B, Gregory R, Huggins RA, Redeker NS, Weinzimer SA, Grieco LA, Lyden K, Megally E, Vogiatzis I, Scher L, Zhu X, Baker JS, Brandt C, Businelle MS, Fucito LM, Griggs S, Jarrin R, Mortazavi BJ, Prioleau T, Roberts W, Spanakis EK, Nally LM, Debruyne A, Bachl N, Pigozzi F, Halabchi F, Ramagole DA, Janse van Rensburg DC, Wolfarth B, Fossati C, Rozenstoka S, Tanisawa K, Börjesson M, Casajus JA, Gonzalez-Aguero A, Zelenkova I, Swart J, Gursoy G, Meyerson W, Liu J, Greenbaum D, Pitsiladis YP, Gerstein MB. Establishing a Global Standard for Wearable Devices in Sport and Exercise Medicine: Perspectives from Academic and Industry Stakeholders. Sports Med. 2021; 51: 2237-2250. doi:10.1007/s40279-021-01543-5

  2. Devi DH, Duraisamy K, Armghan A, Alsharari M, Aliqab K, Sorathiya V, Das S, Rashid N. 5G Technology in Healthcare and Wearable Devices: A Review. Sensors (Basel). 2023; 23: 2519. doi:10.3390/s23052519

  3. Heitkamp HC. Wearables – Die Bedeutung der neuen Technologie für die Sportmedizin. Dtsch Z Sportmed. 2016; 67: 285-286. doi:10.5960/dzsm.2016.260

  4. Holzer R, Bloch W, Brinkmann C. Continuous Glucose Monitoring in Healthy Adults-Possible Applications in Health Care, Wellness, and Sports. Sensors (Basel). 2022; 22: 2030

  5. Li RT, Kling SR, Salata MJ, Cupp SA, Sheehan J, Voos JE. Wearable Performance Devices in Sports Medicine. Sports Health. 2016; 8: 74-78. doi:10.1177/1941738115616917

  6. Seshadri DR, Harlow ER, Thom ML, Emery MS, Phelan DM, Hsu JJ, Düking P, De Mey K, Sheehan J, Geletka B, Flannery R, Calcei JG, Karns M, Salata MJ, Gabbett TJ, Voos JE. Wearable technology in the sports medicine clinic to guide the return-to-play and performance protocols of athletes following a COVID-19 diagnosis. Digit Health. 2023; 9: 20552076231177498. doi:10.1177/20552076231177498

  7. Stremmel C, Breitschwerdt R. Digital Transformation in the Diagnostics and Therapy of Cardiovascular Diseases: Comprehensive Literature Review. JMIR Cardio. 2023; 7: e44983. doi:10.2196/44983