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Fortsetzung Totalendoprothese: Mehr Mut zum High-Impact-Sport

Belastbarer Gelenkersatz ist operativ teilweise planbar

Von Vorteil ist, wenn ein sportbegeisterter Patient im Beratungsgespräch vor der Operation seinen Chirurgen darüber informiert, welchen Sport er nach dem Gelenkersatz beibehalten möchte. Teilweise kann der Operationszugang so gewählt werden, dass für die Sportart wichtige Gewebestrukturen rund um das Gelenk erhalten werden. Auch die Auswahl des Implantats hängt manchmal von Patientenwünschen ab. Für körperlich aktive Menschen, die ihren Sport wieder ausüben möchten, bevorzugten zwei Drittel der befragten Chirurgen eine zementfreie Fixierung der Hüft-TEP. Außerdem wählten die meisten der befragten Chirurgen für diese Patienten Implantate mit etwas größeren Femurköpfen, bei denen das Luxationsrisiko reduziert ist.

Was noch erforscht werden muss, ist, welches Modell der Hüft-TEP sich für welche Sportart am ehesten eignet. Perka nennt das Beispiel der Gelenkpfanne mit tripolarer Gelenkpaarung („double mobility“). Diese Art der Hüft-Totalendoprothese gleitet so ineinander, dass selbst extreme Gelenkstellungen nicht zum Ausrenken führen. Sie könnte damit für alle Vorteile haben, die Yoga, Kunstturnen oder auch Rudern auf hohem Niveau weiter praktizieren wollen. „In Frankreich kommen tripolare Gelenkpaarungen schon seit den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts zum Einsatz“, informiert Perka, „hier sind sie erst in den letzten Jahren verbreiteter, bisher vor allem bei Patienten mit erhöhtem Risiko für eine Luxation. Zum Beispiel nach einem Unfall, wenn Muskeln und Knochen stark geschädigt sind oder bei neurologischen Erkrankungen mit Ganginstabilität.“ Bei ihnen bewähren sie sich, so Perka. „Noch fehlen Langzeitdaten, ob diese neuen Gelenkpaarungen auch unter intensivster mechanischer Belastung gleich gute Langzeitergebnisse erzielen wie Hüftprothesen mit einer normalen Kopf-Inlay-Situation“, räumt er ein. „Über das Risiko müssen wir interessierte Patienten natürlich informieren.“ Aber grundsätzlich biete diese Lösung sportbegeisterten Patienten die Möglichkeit, auch Aktivitäten, die einen hohen Bewegungsumfang des Gelenkes erfordern, bald wiederaufnehmen zu können.

Bioball Maximotion Funktionsprinzip, Totalendoprothese (TEP) der Hüfte, Hüft-TEP
Der BioBall MaxiMotion, eine Gelenkpfanne mit tripolarer Gelenkpaarung („double mobility“). Diese Art der Hüft-TEP gleitet so ineinander, dass selbst extreme Gelenkstellungen wie beim Yoga nicht zum Ausrenken führen. © merete
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Der BioBall MaxiMotion, eine Gelenkpfanne mit tripolarer Gelenkpaarung („double mobility“). Zementierte Version mit Metallsteckkopf. © merete
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Der BioBall MaxiMotion, eine Gelenkpfanne mit tripolarer Gelenkpaarung („double mobility“). Zementfreie Variante mit Keramiksteckkopf. © merete

Welcher Sport für wen?

79,8 % der befragten Chirurgen gaben an, einen positiven Einfluss von Sport auf die Langlebigkeit der Hüft-TEP zu vermuten. 52 % befürworteten High-Impact-Sportarten mit adäquatem Training vorher bzw. Modifikationen während des Sports, 8 % befürworteten High-Impact-Sportarten sogar uneingeschränkt. Perka präzisiert: „Die befragten Kollegen und ich sind uns einig: Sportarten wie Skifahren, Reiten und Tennis bleiben mit Hüft-TEP möglich, wenn man bereits trainiert ist und die koordinativen Fähigkeiten ausgereift sind.“ Dann besitze der Patient die Muskeln und die Stabilität, weiterhin sicher seinen Sport auszuüben.

Auch für bislang Untrainierte geeignet seien Low-Impact-Sportarten wie Laufen, Wandern, Nordic Walking, Fahrradfahren in der Ebene, Langlaufen, Gesellschaftstanz, Schwimmen, Golf. Mit Anleitung bzw. für Geübte empfehlen die Experten unter anderem Yoga, Gymnastik, Gerätetraining, Reiten, Tischtennis, Radsport, Tennis, Ski alpin, Rudern.

Teilweise müsse ein Patient aber auch lernen, mit Einschränkungen weiterzumachen, verdeutlicht Perka. „Bei Tennis kann man zum Beispiel im Doppel spielen. Mit dem Mountainbike sollten es nicht die steilsten Hänge sein, beim Skifahren weniger steile Pisten als vorher.“ Insgesamt sei aber viel möglich. 2019 machte der Tennisspieler Andy Murray Schlagzeilen, der im Januar 31-jährig rechts eine Hüftendoprothese bekam und im Oktober in Antwerpen das ATP-Turnier gewann.

Prinzipiell wenig geeignet sind mit Hüft-TEP High-Impact-Sportarten mit hohem Sturz- und Unfallrisiko. Alle Ballsportarten zählen dazu, Squash, Boxen und Hockey. Perka relativiert: „Ich kenne dennoch ehemalige Profifußballer, die mit künstlicher Hüfte wieder Fußball spielen.“ Pauschale Verbote auszusprechen hält er für wenig zielführend. „Abraten würde ich mit Hüft-TEP von Abenteuersport wie Bungeejumping“, ergänzt Perka – hier fehlt jegliche Kontrolle über Geschwindigkeit und Sturzrisiko. Das meiste andere komme aber bei entsprechender Vorerfahrung und Vorsicht durchaus infrage, eine entsprechende Risiko-Nutzen-Diskussion mit dem Patienten vorausgesetzt.

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