Schizophrenie: niederschwellige Sportangebote zeigen positive Wirkungen

Schizophrenie: niederschwellige Sportangebote zeigen positive Wirkungen
© TeamDaf / Adobe Stock

Wie profitieren Schizophrenie-Patienten von einem niederschwelligen Trainingsangebot? Dazu wird derzeit rege geforscht. Denn wer mit chronischer Schizophrenie lebt, neigt (auch infolge der Medikation) zu einem sedativen Lebensstil und zu Adipositas. Hinzu kommen Symptome der Depression sowie kognitive Einschränkungen. Bauen Patienten mit Schizophrenie hingegen Ausdauer und Kraft auf, können sie sowohl körperlich als auch psychisch profitieren. Das legen auch die neuesten Studien zu Trainingsprogrammen unter anderem mit Step-Aerobic, Tanz und Gehen nahe.

Step-Aerobic-Training vermindert signifikant die Depressivität

Eine Pilotstudie aus Taiwan ermittelte, wie drei Monate Step-Aerobic-Training mittlerer Intensität sich auf die kardiopulmonale Fitness, den Gemütszustand und die Kognition von Patienten mit Schizophrenie auswirken (6). Die Forscher teilten jeweils 15 Erwachsene einer Interventions- und einer Kontrollgruppe zu. In jeder Gruppe gab es einen Drop-out. Danach lag das Durchschnittsalter der Interventionsgruppe bei 52,1 (± 11,0) Jahren und das der Kontrollgruppe bei 50,1 (± 8,3) Jahren. Nur die Interventionsgruppe trainierte fortan 12 Wochen lang einmal wöchentlich 30 Minuten lang unter Anweisung auf dem Stepper. Danach ermittelten die Forscher – wie schon vor der Intervention – die Werte im Beck Depression Inventory-II (BDI-II) (2), im 6-Minuten-Gehtest (6MWD) (3) und im Symbol Digit Modalities Test (SDMT) (8).

Die Interventionsgruppe zeigte nach 12 Wochen Training eine signifikante Verbesserung im 6MWD, die Kontrollgruppe nicht. Die Depressivität, vermittelt über den BDI-II-Wert, ging nur in der Interventionsgruppe signifikant zurück, in der Kontrollgruppe blieben die BDI-II-Werte weitgehend stabil. Die Autoren fordern nun längere Studien mit mehr Trainingseinheiten, um zu überprüfen, ob sich so auch Effekte auf die Kognition erzielen lassen. In diesem Bereich, den der SDMT widerspiegelt, profitierten die Studienteilnehmer nicht.

PACE-Life: Trainingsprogramm für stabile Phasen der Schizophrenie

Kürzlich erschienen die Ergebnisse zweier Studien zu einem neuen Trainingsprogramm. Das Angebot namens PACE-Life (für: Physical Activity Can Enhance Life) wurde für Erwachsene in stabilen Phasen der Schizophrenie entwickelt und umfasst zwei wöchentliche Gruppentreffen mit halbstündigen Spaziergängen sowie Anleitungen für mehr Bewegung im Alltag. Über Smartwatches wurden die Verhaltensänderungen sowohl gemessen und übermittelt als auch positiv verstärkt.

Die zuerst publizierte PACE-Life-Studie lief für zehn Wochen mit 16 Teilnehmern. Interessanterweise steigerten diese nach eigenen Angaben ihre wöchentlichen Gehminuten und verringerten die täglich im Sitzen verbrachten Stunden, was die Aufzeichnungen der Smartwatches jedoch nur teilweise bestätigten. Dennoch profitierten die PACE-Life-Teilnehmer gesundheitlich, so nahm die autonome Motivation zu, während der Hüftumfang abnahm. Die kardiorespiratorische Fitness, gemessen im 6MWD, steigerte sich geringfügig (7).

Vielleicht wirkt PACE-Life aber erst bei längerer Durchführung intensiver, denn: Eine zweite Studie über 24 Wochen zeigte deutlichere Effekte. 17 Patienten waren dabei, ihr Feedback deutete auf Zufriedenheit mit der Intervention sowie auf ein positives Gruppenumfeld hin. Der primäre Endpunkt kardiorespiratorische Fitness verbesserte sich bei 77 Prozent der Teilnehmer signifikant. In Bezug auf die autonome Motivation und Befriedigung von Autonomie-, Beziehungs- und Kompetenzbedürfnissen wurden kleine und mittlere Effektstärken beobachtet (4). Eine randomisiert-kontrollierte Studie soll jetzt das Potenzial von PACE-Life für die breite Anwendung herausarbeiten.

Auch HIIT, Exergaming und Tanz wirken positiv

Auch zu anderen Trainingsarten und ihren Auswirkungen auf die Symptome der Schizophrenie wird geforscht: Wissenschaftler aus Norwegen zeigten, dass binnen 12 Wochen sowohl ein High-Intensity-Interval-Training (HIIT) als auch Exergaming, also Videospiele mit Bewegungsprogramm, zu neurokognitiven Verbesserungen führten. Beide Trainings wurden zweimal wöchentlich absolviert (1). In den USA boten Wissenschaftler eine zehnwöchige Intervention mit Tanz an, und sowohl die körperliche Fitness als auch die emotionale Stabilität der schizophrenen Patienten profitierten davon (5). Alles spricht also dafür, weitere niederschwellige Trainingsangebote für Menschen mit Schizophrenie zu entwickeln, zu evaluieren und soweit möglich in die Behandlungen zu integrieren.

■ Plaum P

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Quellen:

  1. Bang-Kittilsen G, Egeland J, Holmen JL, Bigseth TT, Andresen E, Mordal J, Ulleberg P, Engh JA: High-intensity interval training and active video gaming improve neurocognition in schizophrenia: a randomized controlled trial. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci. 2021; 271: 339-353. doi:10.1007/s00406-020-01200-4

  2. Beck AT, Steer RA, Brown GK: Beck Depression Inventory-II. Manual. Pearson 1996

  3. Browne J, Battaglini C, Jarskog LF, Sheeran P, Abrantes AM, McDermott J, Elliott T, Gonzalez Enhance Life (PACE-Life) 24-Week Open Trial. Ment Health Phys Act. 2021; 20: 100393. doi:10.1016/j.mhpa.2021.100393

  4. Bryl K, Bradt J, Cechnicki A, Fisher K, Sossin KM, Goodill S. The role of dance/movement therapy in the treatment of negative symptoms in schizophrenia: a mixed methods pilot study. J Ment Health. 2020: 1-11. doi:10.1080/09638237.2020.1757051

  5. Kuo YC, Chang DY, Liao YH. Twelve-Weeks of Bench-Step Exercise Training Ameliorates Cardiopulmonary Fitness and Mood State in Patients with Schizophrenia: A Pilot Study. Medicina (Kaunas). 2021; 57: 149. doi:10.3390/medicina57020149

  6. Orleans-Pobee M, Browne J, Ludwig K, Merritt C, Battaglini CL, Jarskog LF, Sheeran P, Penn DL. Physical Activity Can Enhance Life (PACE-Life): results from a 10-week walking intervention for individuals with schizophrenia spectrum disorders. J Ment Health. 2021 Feb 2: 1-9. doi:10.1080/09638237.2021.1875403

  7. Smith A: Symbol Digit Modalities Test. Western Psychological Services 1973