Kommission Kinder- und Jugendsport der DGSP: Empfehlung zur verpflichtenden Einführung einer täglichen Sportstunde in der Schule
Mangelnde körperliche Aktivität ist in allen Altersgruppen einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine erhöhte Morbidität und Mortalität (1). Die finanziellen Belastungen des Gesundheitssystems durch die Versorgung von Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 sowie Übergewicht und Adipositas sind schon heute immens. Die Prävention dieser Erkrankungen muss daher hohe Priorität haben, damit diese Kosten nicht noch weiter ansteigen. Regelmäßige Bewegung und Sport sind effektive Maßnahmen zur Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen wie arterieller Hypertonie, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie gestörter Glukosetoleranz, der Entwicklung eines Diabetes Typ II, Übergewicht und Adipositas. Darüber hinaus sind präventive Effekte bezüglich Osteoporose, Depressionen sowie Brust- und Colon-Karzinomen nachgewiesen (2). Da die im Kindesalter erlernten Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen meist bis ins Erwachsenenalter beibehalten werden (3, 4), sollte ein körperlich aktiver Lebensstil bereits in diesem Lebensabschnitt etabliert werden.
Aktuelle Empfehlungen der WHO und anderer Fachgesellschaften propagieren für Kinder und Jugendliche täglich mindestens 60 bis 90 Minuten körperlicher Aktivität mit moderater bis hoher Intensität oder mindestens 12.000 Schritte pro Tag (5, 6, 7). Angesichts der aktuellen Lebensbedingungen mit Nachmittagsunterricht in der Schule, zunehmendem Autoverkehr, der das Spielen auf der Straße erschwert, und dem breiten Angebot an Medien wie Fernsehen und Computern, die das körperlich aktive Spielen teilweise ersetzen, stellt sich die Frage, wie diese Empfehlungen umgesetzt werden können.
Der Vereinssport ist für Kinder und Jugendliche eine gute Möglichkeit, regelmäßig körperlich aktiv zu sein. Allerdings sind nur etwa 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen Mitglieder in einem Sportverein, und in der Regel wird dort nur ein- bis höchstens dreimal in der Woche Sport getrieben. Somit werden über den Vereinssport etwa 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen nicht erreicht, und auch bei den im Sportverein organisierten Kindern und Jugendlichen wird das Ziel von 60 bis 90 Minuten täglicher körperlicher Aktivität mit moderater bis hoher Intensität verfehlt.
Aufgrund der Schulpflicht bietet sich die Schule als optimales Setting an, um regelmäßige körperliche Aktivität für fast alle Kinder und Jugendlichen zu realisieren. Durch eine tägliche Sportstunde kann fünf- bis sechsmal in der Woche Sport und Bewegung in der angestrebten Intensität erfolgen. Hierdurch werden die Empfehlungen der WHO bereits annähernd umgesetzt. Darüber hinaus zeigen Kinder, die während der Schulzeit körperlich aktiv sind, auch in der Freizeit höhere Aktivitätslevel (8), sodass die tägliche Sportstunde auch über die eigentliche Schulzeit hinaus zu einem aktiveren Lebensstil beiträgt. Dabei sind durch die tägliche Sportstunde keine Verschlechterungen der schulischen Leistungen in anderen Fächern zu erwarten. In einer Übersichtsarbeit zum Zusammenhang zwischen schulbasierter Steigerung der körperlichen Aktivität und schulischen Leistungen zeigten sich keine negativen Effekte; es wurde vielmehr entweder eine Verbesserung der Schulleistungen oder kein Effekt nachgewiesen (9).
Daher fordert die Kommission Kinder- und Jugendsport der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) die verpflichtende Einführung der täglichen Sportstunde in allen Schulformen. Damit können die Empfehlungen der WHO bezüglich körperlicher Aktivität von Kindern und Jugendlichen in Deutschland annähernd umgesetzt werden. Darüber hinaus werden damit die Grundlagen für einen gesunden und aktiven Lebensstil bereits in diesem frühen Lebensalter etabliert.
■ Lawrenz W, Siebert HJ
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Quellen:
World Health Organization. Global health risks: mortality and burden of disease attributable to selected major risks. WHO. 2009; 9-12.
Marcus BH, Williams DM, Dubbert PM, Sallis JF, King AC, Yancey AK, Franklin BA, Buchner D, Daniels SR, Claytor RP; American Heart Association Council on Nutrition, Physical Activity, and Metabolism (Subcommittee on Physical Activity); American Heart Association Council on Cardiovascular Disease in the Young; Interdisciplinary Working Group on Quality of Care and Outcomes Research. Physical activity intervention studies. What we know and what we need to know: a scientific statement from the American Heart Association Council on Nutrition, Physical Activity, and Metabolism (Subcommittee on Physical Activity); Council on Cardiovascular Disease in the Young; Interdisciplinary Working Group on Quality of Care and Outcomes Research. Circulation. 2006; 114: 2739-2752. doi:10.1161/CIRCULATIONAHA.106.179683
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National Institute for Health and Care Excellence (NICE): , Promoting physical activity for children and young people (PH17) 2009.
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Dale D, Corbin CB, Dale KS. Restricting Opportunities to Be Active during School Time: Do Children Compensate by Increasing Physical Activity Levels after School? RQES. 2000; 71: 240-248. doi:10.1080/02701367.2000.10608904
Center for Disease Control and Prevention. The association between school based physical activity, including physical education, and academic performance. Atlanta, GA: U.S. Department of Health and Human Services; 2010.