Körperliche Aktivität in der Prävention und Behandlung der Depression und kognitiver Störungen im Alter

Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Review) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.

Körperliche Aktivität in der Prävention und Behandlung der Depression und kognitiver Störungen im Alter
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Einleitung

Depressionen und Demenzerkrankungen sind neben Angsterkrankungen die häufigsten Erkrankungen in der Alterspsychiatrie. Demenzen und Depressionen im höheren Lebensalter sind differenzialdiagnostisch schwer abzugrenzen, da auch Depressionen mit ausgeprägten kognitiven Störungen einhergehen können. Zudem wird durch vorbestehende Depressionen das Risiko für das Auftreten einer Demenz erhöht. Beide Erkrankungen, Demenz und Depression gehen häufig mit kardiovaskulären and metabolischen Erkrankungen einher und sind -krankheitsbedingt- auch oft selbst mit Bewegungsmangel verbunden.

Methodik

In dieser Übersichtsarbeit wird anhand einer Auswahl der aktuell verfügbaren Literatur die präventive Wirksamkeit sowie der mögliche therapeutische Nutzen von körperlicher Aktivität und körperlichem Training auf Depression, kognitive Störungen und Demenzen dargestellt.

Ergebnisse

Körperliche Aktivität und Effekte auf somatische Erkrankungen
Bewegung und körperliches Training haben eine wissenschaftlich nachgewiesene Effektivität in der Prophylaxe und Behandlung kardiovaskulärer und metabolischer Erkrankungen. Um diese Wirksamkeit zu erlangen werden Trainingsintensitäten von mittlerer (150 Min. (3×50 Min.) oder hoher (75 Min./Woche) Intensität/ vorgeschlagen,

Körperliche Aktivität und Effekte auf Depression
In einer Metanalyse, die 49 Studien umfasste konnte ein klarer präventiver Effekt von körperlicher Aktivität auf die Entwicklung einer Depression gezeigt werden. Diese Ergebnisse werden durch die prospektiv durchgeführte HUNT-Studie unterstützt, in der gezeigt wurde, dass bereits 1 Stunde körperliches Training / Woche v.a. während der Freizeit ausreicht um eine präventive Wirkung zu erzielen. Durch körperliche Aktivität, insbesondere durch aerobes Ausdauertraining, konnten auch therapeutische Wirkungen im Sinne einer Verbesserung der depressiven Symptomatik sowohl nach kurzen Programmen (4 bis 6 Wochen), aber v. a. nach längeren Trainingsprogrammen (und Monate) erzielt werden. Hier wurden im Vergleich zur präventiven
Wirksamkeit höhere Trainingsintensitäten vergleichbar mit den Empfehlungen bei körperlichen Erkrankungen (s.o.) angewendet, die jedoch gerade von älteren Patienten nicht immer erreicht werden konnten.

Körperliche Aktivität, Effekte auf die kognitive Leistungsfähigkeit, MCI und Demenz
In einer 24 Studien umfassenden Metaanalyse ergab sich, dass das Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer Demenz deutlich reduziert ist, wenn Personen in ihrer Freizeit körperlich aktiv waren. Dies trifft insbesondere auf Personen mit sitzender Arbeitstätigkeit zu, die spätestens im mittleren Alter mit körperlichen Aktivitäten begonnen haben.

Verschiedene Reviewarbeiten weisen auf die therapeutische Wirksamkeit von körperlichem Training bei der Verbesserung von einzelnen kognitiven Funktionen bei MCI und z.T. auch bei Demenz hin. Neben aerobem Ausdauertraining hat sich hier auch Krafttraining als wirksam erwiesen, beides in moderater Intensität. Während bei Demenz die Befunde hinsichtlich einer Verbesserung der Kognition nicht einheitlich sind, werden eine Verbesserung der emotionalen Stabilität und einzelner Verhaltensstörungen nach körperlichem Training berichtet.

Diskussion

Die beobachteten klinischen Effekte von körperlichem Training auf Depression, MCI und Demenz können über verschiedene Faktoren wirksam sein, die Verbesserung der körperlichen Fittnes, die Verbesserung der Tagesstruktur, der Aktivierung und v.a. auch der biologischen Systeme, die mit beiden Erkrankungen in Zusammenhang stehen. Hier ist insbesondere die Aktivierung von BDNF (brain derived neurotrophic factor) zu nennen, dessen Stimulation durch körperliche Aktivität zu einer Aktivierung der Neurogenese mit Auswirkungen u.a. auf den Hippocampus und weiterer Hirnstrukturen führt.

Methodische Limitationen

Die bisher zu diesem Thema durchgeführten Studien geben Hinweise für die Wirksamkeit von körperlichem Training bei Depression, MCI und Demenz. Die Studien sind jedoch sehr heterogen bezüglich angewendeter Intervention, Studienpopulation, Zielvariablen, so dass daraus noch zu wenig Evidenz für allgemeine und differenzierte Empfehlungen vorliegt.

Hemmeter U, Ngamsri T, Henkel K

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