Der Einfluss von Taillenumfang und Bewegungsmangel auf das Krebsrisiko
Abdominelle Adipositas und körperliche Inaktivität zählen zu den zentralen beeinflussbaren Risikofaktoren für die Krebsentstehung. Eine aktuelle Studie von Bohmann et al. (1) hat nun erstmals den kombinierten Einfluss dieser beiden Faktoren auf das Krebsrisiko umfassend analysiert. Basis waren die Daten der UK-Biobank mit über 315 000 Teilnehmenden und einer Nachbeobachtungszeit von fast elf Jahren.
Die Untersuchung stützte sich auf die Grenzwerte der WHO: Ein Taillenumfang >88 cm bei Frauen bzw. >102 cm bei Männern gilt als abdominelle Adipositas. Körperliche Aktivität wurde als ausreichend definiert, wenn sie >10 MET-Stunden pro Woche (etwa 150 Minuten moderates Training) entsprach. Die Ergebnisse sind klar: Sowohl ein erhöhter Taillenumfang als auch Bewegungsmangel gehen mit einem gesteigerten Gesamtkrebsrisiko einher – unabhängig voneinander und in Kombination:
■ Abdominelle Adipositas allein: +11 Prozent Krebsrisiko
■ Bewegungsmangel allein: +5 Prozent
■ Kombination beider Risikofaktoren: +15 Prozent
Auch bei guter Fitness reichte körperliche Aktivität allein nicht aus, das durch viszerale Fettleibigkeit erhöhte Krebsrisiko vollständig zu kompensieren. Umgekehrt senkte ein gesunder Taillenumfang das Risiko bei inaktiven Personen nur begrenzt. Am niedrigsten war es bei jenen, die beide Empfehlungen erfüllten.
Besonders deutlich zeigte sich der Effekt bei spezifischen Tumorarten, die bekanntermaßen mit Übergewicht und Bewegungsmangel assoziiert sind, wie etwa Kolon-, Brust- und Endometriumkarzinome. Hier lag das relative Risiko für Betroffene mit beiden Risikofaktoren um knapp 50 Prozent höher als bei Vergleichspersonen.
Die Studienautoren schätzen, dass etwa zwei Prozent aller Krebsfälle in der beobachteten Kohorte vermeidbar gewesen wären, wenn alle Teilnehmenden sowohl einen normalen Taillenumfang aufgewiesen als auch ausreichend Bewegung ausgeübt hätten. Für adipositas- und inaktivitätsassoziierte Krebsarten wären sogar über sechs Prozent vermeidbar gewesen.
Die Ergebnisse sind relevant für Präventionsstrategien und die Begleitung von Patienten:
■ Der Fokus sollte nicht allein auf dem Body-Mass-Index liegen – der Taillenumfang ist ein relevanterer Indikator für metabolische Gesundheitsrisiken im onkologischen Kontext.
■ Bewegung allein schützt nicht zuverlässig, wenn eine ausgeprägte viszerale Fettverteilung vorliegt. Umgekehrt reicht auch eine schlanke Taille nicht aus, um die Schutzwirkung der körperlichen Aktivität zu ersetzen.
■ In der Beratung und Prävention sollte die Kombination aus regelmäßiger Bewegung und gezielter Reduktion des Bauchfetts klar betont werden.
Die Studienautoren betonen, dass es nicht nur individueller Lebensstiländerungen bedarf, sondern auch struktureller Maßnahmen, etwa in Stadtentwicklung, Lebensmittelpolitik und Bildung, um gesunde Lebensweisen flächendeckend zu fördern.
■ Hutterer C
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Quellen:
Bohmann P, Stein MJ, Amadou A, Baurecht H, Fervers B, et al. WHO guidelines on waist circumference and physical activity and their joint association with cancer risk. Br J Sports Med. 2025; 59: 360-366. doi:10.1136/bjsports-2024-108708