Degenerative Meniskusruptur: Bewegungstherapie oder partielle Meniskektomie?

Degenerative Meniskusruptur: Bewegungstherapie oder partielle Meniskektomie?
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Degenerativ bedingte Meniskusläsionen beim älteren Patienten zählen zu den sehr häufigen Pathologien in der orthopädischen und sportmedizinischen Praxis. Die Standardbehandlung besteht derzeit in einer arthroskopisch durchgeführten partiellen Meniskektomie (APM) unter Erhalt von mindestens 50 Prozent der Knorpelmasse, weil man sich davon bessere funktionelle Outcomes sowie eine Verlangsamung der Arthrose-Progression verspricht. Ob dieses Vorgehen immer berechtigt ist oder ob gezielte Bewegungstherapie gleich gute Ergebnisse bringt, haben niederländische Forscher im Rahmen der sogenannten ESCAPE-Studie untersucht. Das nun vorliegende Fünf-Jahres-Follow-up (2) aktualisiert und ergänzt die Erkenntnisse der vorangegangenen zweijährigen Initialstudie. Im Fokus stand die partielle degenerativ bedingte Meniskusruptur ohne Gelenkblockade. Auch diese wird nach wie vor zumeist operativ versorgt – obwohl verschiedene Arbeiten die Überlegenheit der Operation entkräften oder sogar das Gegenteil zeigen. So ergab z. B. die 2020 abgeschlossene METEOR-(Meniscal Tear in Osteoarthritis Research)-Studie, dass sich dadurch im Vergleich zu konservativer Behandlung nach fünf Jahren das Risiko für späteren Gelenkersatz um das 4,9-Fache erhöhte (1).

Die multizentrische kontrollierte ESCAPE-Studie sollte deshalb klären, ob ein abwartendes, von einer Bewegungstherapie flankiertes Verhalten der Operation mindestens nicht unterlegen ist. Dazu wurden die Patienten mit einer nicht obstruktiven Meniskusruptur entweder in die Arthroskopie- oder die Bewegungstherapie-Gruppe randomisiert. Insgesamt wurden die Daten von 278 Personen ausgewertet. Primärer Endpunkt war die Kniefunktion, sekundärer Endpunkt die Progression von Osteoarthrose. Die OP-Gruppe erhielt direkt nach ihrer Diagnose eine arthroskopische partielle Meniskektomie, die Nicht-OP-Gruppe 16 halbstündige begleitete Bewegungstherapie-Sitzungen über acht Wochen hinweg. Das Behandlungsprotokoll bestand aus teils gerätegestützten (z. B. Beinpresse, Balanceboard, Crosstrainer), schrittweise in der Schwierigkeit ansteigenden Übungen mit Fokus auf Kräftigung der verletzten Seite, Balance und Ausdauer. Ihre Kniefunktion und die Fähigkeit zur Ausübung bestimmter Bewegungen dokumentierten die Patienten in regelmäßigen Abständen anhand des Standard-Fragebogens »International Knee Documentation Committee (IKDC) Subjective Knee Form« auf einer Skala von 0 bis 100, wobei 100 den besten zu erreichenden Wert darstellte. Als nicht unterlegen wurde die Übungstherapie bewertet, wenn die Differenz zur Operation weniger als 11 Punkte betrug. Zusätzlich wurde das betroffene Knie zu Studienbeginn und nach Ablauf der fünf Jahre geröntgt, um ein eventuelles arthrotisches Fortschreiten zu verfolgen.

Die Ergebnisse: In der Bewegungstherapie-Gruppe verbesserte sich der funktionelle Score um 25,1 auf 73,1 Punkte, in der OP-Gruppe um 29,6 auf 74,7 Punkte. Der Unterschied von weniger als 11 Punkten zeigte eine Nicht-Unterlegenheit der Bewegungstherapie. Auch die Röntgenbilder beider Gruppen wiesen nach fünf Jahren keinen signifikanten Vorteil der partiellen Meniskektomie nach. Gleiches gilt für Patientenaussagen zu Schmerz, allgemeinem Gesundheitszustand und Lebensqualität. Eine einschränkende Nebenbeobachtung der Studie ist, dass sich wie auch schon in der METEOR-Studie erstaunlich viele Probanden der Bewegungstherapie-Gruppe, nämlich 32 Prozent, aus Unzufriedenheit mit den Ergebnissen oder Ungeduld später trotzdem operieren ließen – die meisten davon innerhalb des ersten Follow-up-Jahres. Diese verzögerte Operation erbrachte jedoch keinen Vorteil, sondern sogar einen rechnerisch negativen Punkte-Unterschied von -3,8 Punkten. Für realistischere Vergleichsszenarien schlagen die ESCAPE-Autoren daher vor, eher ein vollständig interventionsloses Abwarten mit dem sofortigen chirurgischen Eingriff zu vergleichen. Vertretbar sei eine Wartezeit von längstens einem halben Jahr, während derer aber regelmäßige ärztliche Kontrollen stattfinden sollten. Stelle sich innerhalb dieser Zeit keine Besserung ein, könne immer noch operiert werden.

Fazit: In den meisten Fällen sind angepasste Bewegungsübungen bei einer degenerativ bedingten, nicht obstruktiven Meniskusruptur der arthroskopischen partiellen Meniskektomie mindestens nicht unterlegen.

■ Kura L

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Quellen:

  1. Katz JN, Shrestha S, Losina E, et al. Five-Year Outcome of Operative and Nonoperative Management of Meniscal Tear in Persons Older Than Forty-Five Years. Arthritis Rheumatol. 2020; 72: 273-281. doi:10.1002/art.41082