Seite 2 / 3

Fortsetzung Vitamin-D-Substitution im Sport – wann sie sinnvoll ist

Outdoor- und Indoor-Sportler haben zu geringe Vitamin-D-Werte

Eine Meta-Analyse über die Jahre 2008 bis 2014 ergab, dass 56 Prozent der untersuchten 2313 Athleten nicht über ausreichende VitD-Spiegel verfügten. Während der Wintermonate waren sie nochmals signifikant niedriger (2). Das Risiko von Indoor-Sportlern für eine Unterversorgung oder einen Mangel war nochmals größer. Doch auch unter professionellen Fußballspielern waren 32,9 Prozent nicht ausreichend und neun Prozent mangelversorgt (7). Eine Untersuchung polnischer Sportler fand suboptimale Werte bei 80 Prozent der draußen und 84 Prozent der drinnen trainierenden Athleten (5).

Ganzjährig ist die Möglichkeit, durch Sonnenexposition genügend VitD zu erzeugen, nur südlich des 35. Breitengrades gegeben, also ca. auf Höhe von Casablanca in Nordafrika. In Deutschland (47–55° nördliche Breite) ist die körpereigene Bildung überhaupt nur etwa zwischen März bis Oktober im Freien möglich. »Bei einem 30-minütigen Sonnenbad in Bikini oder Badehose können bis zu 200 000 Einheiten Vitamin D gebildet werden. Voraussetzung ist aber, dass kaum Feinstaub in der Luft ist – denn der filtert die UVB-Strahlung heraus – und dass kein Sonnenschutz verwendet wird. Bereits ab Lichtschutzfaktor 10 wird nämlich kein Vitamin D mehr gebildet «, betont Prof. Dr. Roland Gärtner, Endokrinologe am Klinikum der LMU München.

So besteht grundsätzlich die Möglichkeit, in den Sommermonaten die VitD-Speicher zu füllen. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) gibt an, dass eine 25(OH)D-Konzentration von 20 ng/ ml (50 nmol/l) durch täglich 5–25 Minuten Sonne erreicht werden kann, wenn Gesicht, Hände und Teile von Armen und Beinen unbedeckt sind (1). In die Praxis umsetzbar und praktikabel scheint diese Angabe für die meisten jedoch kaum. Nicht nur, dass 20 ng/ml gerade einmal die untere Grenze zum Mangel darstellen, sondern auch, weil wetter- und temperaturbedingt ein Aufenthalt in T-Shirt und kurzen Hosen zwischen März und Oktober nicht immer möglich ist. Über die Nahrung, die zweite Quelle für Vitamin D, kann man den Bedarf keinesfalls ausreichend decken; darüber sind sich alle Experten einig.

Regelmäßige Substitution häufig sinnvoll

Die Substitution, also die Zuführung von VitD durch entsprechende Präparate, scheint unumgänglich. Während das BfR zwar konstatiert, dass fast 60 Prozent der Bundesbürger eine Blutkonzentration von 20 ng/ml 25(OH)D nicht erreichen, ist es bei der Empfehlung von Vitamin-D-Präparaten zurückhaltend und sieht eine Notwendigkeit nur für Risikogruppen – also Personen, die nicht ausreichend und regelmäßig in die Sonne gehen können, insbesondere alte und mobilitätseingeschränkte Menschen sowie Osteoporose-Patientinnen und -Patienten. Prof. Gärtner vertritt eine andere Position: »Bei den meisten Menschen, egal welchen Alters, sind die Werte nicht im optimalen Bereich. Sportler verbrauchen durch ihre intensive körperliche Aktivität zusätzlich Vitamin D, das sie nicht über die Nahrung und nur bedingt über die Sonne ausgleichen können. Eine tägliche Substitution von 25– 50 μg Vitamin D – das entspricht 1000–2000 Internationalen Einheiten (IE) – ist zur Erhaltung des gesunden Vitamin-D-Spiegels notwendig.«

Auch Prof. Scherr sieht es ähnlich: »Studien zeigen, dass 1000 IE zu wenig sind, um aus einem Defizit herauszukommen. Für sinnvoll erachte ich bei Sportlern mit zu niedrigen Serumwerten 4000–5000 IE pro Tag, bis die optimale Serumkonzentration von 40–60 ng/ml 25(OH)D erreicht ist, und anschließend dauerhaft täglich 1000–2000 IE zur Erhaltung. Durch Messung der Serumwerte jeweils zu Sommer- und Winterbeginn können bei Bedarf Anpassungen vorgenommen werden.«

Mit Hilfe einer Formel kann ausgehend von der aktuellen 25(OH)DSerumkonzentration, der angestrebten Erhöhung des Wertes, Alter, BMI und Albuminkonzentration die zu substituierende Dosierung und der Einnahmezeitraum berechnet werden (9). Nicht zu empfehlen ist die eigenmächtige Einnahme von Vitamin- D-Präparaten ohne vorherige Messung. Werte von über 75 ng/ml sind, auch wenn noch keine gesundheitlichen Schädigungen drohen, nicht erstrebenswert. Denn mit sehr hohen Serumspiegeln steigt die Gefahr für die Kalzifizierung der Gefäße, Nierensteine und Störungen der Nierenfunktion, während positive Effekte über die optimale Dosis hinaus nicht linear zunehmen. Ob, wie häufig betont, die Kombination von VitD mit Vitamin K2 weitere Vorteile für den Knochenstoffwechsel bringt, ist noch nicht ausreichend mit Evidenz belegt.

Prof. Dr. Roland Gärtner, Endokrinologe am Klinikum der LMU München.
Prof. Dr. Roland Gärtner, Endokrinologe am Klinikum der LMU München. ©Gärtner
Nächste Seite: Zusammenhang zwischen Eisen und Vitamin-D-Status bei Eliteathletinnen | Vitamin-D-Versorgung von Kindern und Jugendlichen