Sportverletzungen in Deutschland – eine Pilotstudie
Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Originalarbeit) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.
Hintergrund der Studie
Diese Pilotstudie wurde durchgeführt, um eine erste repräsentative Einschätzung der Prävalenz von verletzten Sportlern in Deutschland zu ermöglichen. Ziel war es, einen Überblick über die am häufigsten betroffenen Sportarten sowie das Verletzungsrisiko in verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu gewinnen. Die Studie dient als Grundlage für eine umfassendere Befragung.
Methoden
Vom 12.09.-16.09.2022 wurden 2002 Personen ab 14 Jahren im Rahmen einer computergestützten Telefonumfrage (CATI) durch forsa.omniTel zu ihrer sportlichen Aktivität und Sportverletzungen innerhalb der letzten 12 Monate befragt. Die Ergebnisauswertung erfolgte mithilfe von 95%-Konfidenzintervallen (KI). Der Einfluss von Alter und Geschlecht auf die Verletzungswahrscheinlichkeit wurde mittels logistischer Regression untersucht (α=0,05). Die sportartspezifische Verteilung der Verletzungen wurde durch das iterative-proportional-fitting-Verfahren berechnet. Die Adjustierung der Signifikanzniveaus (KIadj und padj) erfolgte mittels Bonferroni-Korrektur.
Ergebnisse und Diskussion
Übertragen auf die Grundgesamtheit verletzten sich etwa 12,2% (KI=10,5-14,0 %; KIadj=9,8-14,7 %) der Sporttreibenden mindestens einmal so schwer beim Sport, dass sie ärztlich behandelt wurden oder sportbezogen pausieren mussten. Jüngere und/oder männliche Sportler waren signifikant häufiger betroffen als ältere und/oder weibliche Sportler (Alter: p<0,001, padj<0,001; Geschlecht: p<0,001, padj<0,01). Häufige Verletzungen traten beim Laufen/Walking/Wandern (16%), Radfahren (14%), Fitness-/Kraftsport (13%) und Fußball (11%) auf, wobei sich diese Anteile auf alle gemeldeten Sportunfälle beziehen. Die Ergebnisse basieren daher auf absoluten und nicht auf relativen Häufigkeiten, da die Gesamtpopulationen der Aktiven in diesen sportlichen Aktivitäten nicht systematisch erfasst werden. Auch wenn bei den oben genannten sportlichen Aktivitäten absolut gesehen die meisten Verletzungen auftreten, muss relativ gesehen jedoch kein signifikant erhöhtes Verletzungsrisiko bestehen.
Was ist neu und relevant?
Die Pilotstudie liefert erstmals repräsentative und settingübergreifende Daten zur Prävalenz von verletzten Sportlern in Deutschland.
Methodische Einschränkungen
Aufgrund der retrospektiven Datenerhebung besteht die Möglichkeit eines Recall Bias, was zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Verletzungsprävalenz führen könnte. Expositionszeiten, also der Umfang der sportlichen Aktivität, wurden nicht erfasst. Zukünftige Studien sollten detailliertere Informationen zur Art und Schwere der Verletzungen sowie zu Expositionszeiten berücksichtigen, um eine genauere Risikokalkulation zu ermöglichen.
Schlussfolgerung für die Praxis
Diese Studie präsentiert erstmalig settingübergreifende Daten zum Sportunfallgeschehen in Deutschland. Sie bietet zudem einen Überblick über die Prävalenz verletzter Sportler sowie die Sportarten mit den häufigsten Sportverletzungen. Die Pilotstudie bildet die Grundlage für eine Folgestudie zur Prävalenz von Sportunfällen. Die geplante Studie soll weitere (noch umfangreichere) Daten liefern, um auf deren Basis effektive Präventionsmaßnahmen entwickeln zu können.
■ Möller H, Jendrusch G, Henke T, Schulz D, Platen P