Knöchelverstauchungen passieren meist gegen Spielende – aber warum?

Knöchelverstauchungen passieren meist gegen Spielende – aber warum?
© Koonsiri / AdobeStock

Distorsionen der Fußknöchel gehören, vor allem im Team-Ballsport, mit einer Quote von dort rund 80 Prozent zu den häufigsten Gelenkverletzungen; ausgeweitet auf insgesamt 24 Sportarten sind es immerhin noch 11,2 bis 20,8 Prozent. Meist führt eine Kombination von Inversion, Plantarflexion und Innenrotation zu Knöcheldistorsionen. Intrinsische Einflussfaktoren sind etwa bestehende Band-Instabilitäten, Körpergewicht oder Alter. Zu den extrinsischen Risiken zählt z. B. die Beschaffenheit des Untergrunds. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass Athleten aus Ballsportarten mit ihren schnellen Richtungswechseln, Sprüngen, Drehbewegungen und Landungen am meisten betroffen sind. Ein australisch-brasilianisches Forscherteam hat nun in einem systematischen Review einen weiteren Faktor genauer unter die Lupe genommen, der augenscheinlich für die auffallend hohe Verletzungsrate besonders in späten Spielphasen verantwortlich ist: Ermüdung (1). Interessanterweise steht dieser naheliegenden Erklärung teilweise der Fakt entgegen, dass unzureichendes Aufwärmen ebenfalls stark verletzungsträchtig ist. Später im Match sind die Muskeln doch gut durchgewärmt. Was also genau steckt hinter dem gehäuften Auftreten von Knöchelverstauchungen gegen Spielende?

Ermüdungsmechanismen im Fokus

Die Studienautoren haben im Sinne einer Metaanalyse die Literatur hinsichtlich Verstauchungsvorfällen durchsucht. Acht Studien qualifizierten sich, indem sie auch den Zeitpunkt der Verletzung im Spielverlauf aufzeigten. Insgesamt wertete das Studienteam Aufzeichnungen zu 500 Knöcheldistorsionen in den Sportarten Fußball, Rugby, Futsal, American Football und Gaelic Football aus; die zeitliche Einteilung geschah in Viertel- und Halbzeiten. Schnell war klar: Am signifikant häufigsten verletzten sich die Spieler in der zweiten Halbzeit bzw., nach Vierteln gerechnet, im letzten Viertel. Auch die letzten Minuten einer ersten Halbzeit brachten ein erhöhtes Risiko mit sich.

Als Erklärung führen die Studienautoren eine Schwächung der allgemeinen Propriozeption, insbesondere des Kraft- und Positionssinns im Gelenk, sowie des Gleichgewichts bei Ermüdung an. Sind diese Reaktionsstrukturen durch fortwährende Anstrengung gedämpft, besteht z. B. eine deutlich erhöhte Gefahr unkontrollierter Landung oder „Bremsung“ aus großer Geschwindigkeit sowie unphysiologischer Druckbelastung. Dies gilt insbesondere für Athleten mit einer ähnlich gelagerten Verletzungshistorie.

Künftige Studien sollten die Mechanismen hinter dieser allzu üblichen Sportverletzung differenzierter untersuchen, um etwa die Entwicklung nichtphysiologischer Verhaltensmuster zur Vermeidung von Knöcheldistorsionen zu unterstützen.

Kura L

Quellen:

  1. de Noronha M, Lay EK, Mcphee MR, Mnatzaganian G, Nunes GS. Ankle Sprain Has Higher Occurrence During the Latter Parts of Matches: Systematic Review With Meta-Analysis. J Sport Rehabil. 2019; 28: 373-380. doi:10.1123/jsr.2017-0279