Prognostische Faktoren bei Gelenkknorpel-OP

Prognostische Faktoren bei Gelenkknorpel-OP
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Defekte Gelenkknorpel im Knie oder Sprunggelenk sind im (Leistungs-)Sport weit verbreitet und werden bei Athleten je nach Schweregrad häufiger operativ versorgt als in der Normalbevölkerung. Aufgrund der begrenzten Selbstheilungsfähigkeit von Knorpelgewebe ist vor allem bei vollflächigen Knorpelschäden mit großen Schmerzen und schlechterer Gelenkfunktion zu rechnen, was die Lebensqualität teils massiv beeinträchtigen kann. Auf lange Sicht können bei mangelhaft versorgten Defekten arthrotische Veränderungen und Mobilitätseinschränkungen am betroffenen Gelenk auftreten. Um eine realistische Prognose für Betroffene erstellen zu können, ist es wichtig, alle Randbedingungen in die Abwägung der Therapieoptionen mit einzubeziehen. Ein internationales Forscherteam hat sich deshalb im Rahmen eines aktuellen systematischen Reviews auf die Suche nach individuellen Faktoren begeben, die schlechtere Outcomes nach chirurgisch versorgten Knorpeldefekten der unteren Extremität vorhersagen (1).

Die Autoren beschränkten ihre Untersuchung auf die vier gebräuchlichsten Operationsmethoden, die bei defekten Gelenkknorpel zum Einsatz kommen:

■ Mikrofraktur (MFX),

■ autologe Chondrozytenimplantation (ACI),

■ osteoartikuläre Auto- oder Allograft-Transplantation (OAT)

■ autologe matrixinduzierte Chondrogenese (AMIC).

Letztlich flossen die Daten von 8905 Operationen aus insgesamt 184 Studien in die Arbeit ein. Die Patienten – darunter 41,7 Prozent Frauen – waren 33,9  ±  6,9 Jahre alt und hatten vor der Operation seit durchschnittlich 36 Monaten Beschwerden. Ausgeschlossen wurden Untersuchungen an stark adipösen Patienten (BMI ≥ 30) sowie Fälle sehr großer Defektflächen (≥ 5 cm2) und vorbestehender schwerer Gelenkdegeneration. Als Messinstrumente zu Beginn und Ende der Follow-up-Zeit von median 41,8 Monaten wurden die visuelle Analogskala (VAS), der American Orthopedic Foot und Ankle Score (AOFAS), die Tegner Activity Scale (TAS), die Lysholm Knee Scoring Scale sowie der International Knee Documentation Committee (IKDC) herangezogen. Weitere Parameter waren potenzielle Implantat-Hypertrophien, Implantatversagen und notwendige Revisionen.

Das Ergebnis der Auswertung: Weibliche Patienten haben ein moderat höheres Risiko, nach der OP prolongierte Schmerzen zu erleiden (p=0,02). Für ältere Patienten zeigte sich das Risiko für eingeschränkte Gelenkfunktion im AOFAS mit p=0,04 und auf der Lysholm Knee Scoring Scale mit p=0,03 leicht erhöht. Ein deutlich größeres Risiko für Hypertrophien des jeweils gewählten Implantats haben adipöse Patienten (p=0,01). Hochsignifikant korrelierten höhere VAS-Werte zu Studienbeginn negativ mit niedrigen TAS-Werten (p=0,0001) am Ende des Follow-up-Zeitraums, ebenso wie verschiedene diagnostische Marker jeweils positiv mit sich selbst (VAS: p<0,0001, IKDC: p=0,007, AOFAS: p=0,0002, TAS: p=0,009). Dies ist ein klarer Hinweis darauf, wie hoch der Einfluss des präoperativen Leistungsstatus auf postoperative Outcomes ist. Wie lange der Knorpelschaden präoperativ bestand und wie schwerwiegend er war, hatte erstaunlicherweise keinen Einfluss auf das langfristige Operationsergebnis – weder am Knie noch am Sprunggelenk.

Dass fast alle OP-Verfahren zur Wiederherstellung von Gelenkknorpel bei älteren Patienten schlechter abschnitten, ist laut den Autoren vermutlich auf die im Alter abnehmende Qualität der Matrixmoleküle sowie eine nachlassende chondrozytische Funktion zurückzuführen. Ein hoher BMI scheint insbesondere das Sprunggelenk übermäßig zu belasten, was sich durch die steigenden mechanischen Kräfte im Gelenk logisch erklärt. Die leichte Benachteiligung für Frauen hinsichtlich guter OP-Outcomes entsteht wohl durch ihr insgesamt geringeres femorales und retropatellares Knorpelvolumen, das im Alter weiter abnimmt. Hier ist auch eine der Erklärungen für die höhere Inzidenz von Coxarthrosen bei älteren Frauen zu finden.

■ Kura L

Quellen:

  1. Migliorini F, Maffulli N, Eschweiler J, Götze C, Hildebrand F, Betsch M. Prognostic factors for the management of chondral defects of the knee and ankle joint: a systematic review. Eur J Trauma Emerg Surg. 2023; 49: 723-745. doi:10.1007/s00068-022-02155-y