Gendoping bald auch bei Sportlern?

Gendoping bald auch bei Sportlern?
CRISPR/Cas-Komplex mit DNA © creative commons

Eine chinesische Gruppe von Wissen­schaftlern publizierte vor einem Jahr einen Bericht über Hunde mit der doppelten Muskelmenge normaler Beagles. Mithilfe der CRISP/Cas9-Technik wurde den Tieren das Myostatin-Gen entfernt, welches das Wachstum der Muskulatur kontrolliert (1). In der Zwischenzeit sind auch Mäuse, Ratten, Ziegen, Schweine, Schafe und Affen »entwickelt« worden, deren Erbgut mit CRISPR/Cas9 modifiziert wurde. Bei Tieren funktioniert die Methode bereits recht zuverlässig, wenngleich die Erfolge nicht darüber hinweg täuschen sollen, dass bei der Gen-Editierung mittels CRISPR/Cas9 viel »Ausschuss« produziert wird. Bei humanen Zellen gelingt es in etwa fünf Prozent der Fälle, ein Gen gezielt auszuschalten. Soll ein Gen repariert werden, liegt die Erfolgsquote bei nur ein bis zwei Prozent. Nichtsdestotrotz arbeiten Wissenschaftler weltweit daran, die präzise, technisch einfache, schnell anzuwendende und dadurch kostengünstige Gen-Editierungsmethode auch für die Behandlung menschlicher Erkrankungen, die durch Gendefekte hervorgerufen werden, nutzen zu können.

Gendoping durch CRISPR/Cas9?

Was eine bislang einzigartige Therapiemethode für kranke Menschen werden könnte, hat aber theoretisch auch das Potenzial, die körperlichen Voraussetzungen von Sportlern zu verändern. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) definiert diese Form des Dopings, das Gendoping, als »den nichttherapeutischen Gebrauch von Zellen, Genen und genetischen Elementen sowie die Beeinflussung der Genexpression mit der Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit zu steigern.« Interessant ist die Methode für Dopingwillige dadurch, dass die Veränderungen im Genom sich nicht von der natürlichen Struktur unterscheiden. Das bedeutet eine ganz neue Herausforderung für den Dopingnachweis. Interessant ist ebenfalls, dass gleichzeitig mehrere Gene/Genorte verändert werden können. Ein Muskelwachstum durch Herunterregulation von Myostatin, wie bei den chinesischen Beagles, könnte in Kraftsportarten interessant sein, eine Manipulation des EPO-Gens für Ausdauerathleten.

Welche Risiken durch die genetische Veränderung entstehen können, ist zum jetzigen Zeitpunkt ebenso unklar wie der tatsächliche Nutzen. Denn die meisten sportlichen Fähigkeiten sind – soweit heute bekannt – nicht auf einzelne Gene, sondern auf eine günstige Konstellation vieler Parameter zurückzuführen. Auch der Einfluss epigenetischer Regulationsmechanismen auf die Leistungsfähigkeit ist noch zu wenig verstanden, um gezielt eingreifen zu können. Durch diese wissenschaftliche Innovation erhält das Thema Gen­doping jedoch sicherlich neue Schubkraft.

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Geneditierung mit CRISPR / Cas9 – die Grundlagen

Seit wenigen Jahren erobert diese molekularbiologische Methode die Labore, hat einen festen Platz in wissenschaftlichen Publikationen und inzwischen auch in den Medien. CRISPR / Cas9 steht für ein Verfahren, mit dem es möglich ist, einzelne Basen im Erbgut präzise auszutauschen, Gene zu entfernen,  zu reparieren oder zu ersetzen, ohne dass Fremd-DNA ins Genom eingebracht wird.

Das CRISPR / Cas9-System stammt eigentlich aus Bakterien und ist ein Teil des bakteriellen Immunsystems, mit dem es sich gegen Angriffe von Bakteriophagen zur Wehr setzen kann. Bei einer Infektion schneidet das Cas9-Protein die Phagen-DNA in kurze Fragmente, welche in die CRISPR-Abschnitte (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) eingefügt werden. Das sind Regionen im Bakterien-Genom, welche aus kurzen, sich wiederholenden DNA-Sequenzen (Repeats) bestehen. Dadurch ist zukünftig eine Erkennung von Fremd-DNA möglich. Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna entwickelten die Methode für die Nutzung zur gezielten Geneditierung in anderen Organismen weiter (2).

Die Vorteile im Vergleich zu anderen Geneditierungsmethoden sind, dass die Modifikationen viel einfacher, kostengünstiger, schneller und präziser (an einer definierten Stelle, nicht zufällig im Genom) vorgenommen werden können. Außerdem wird nur die gewünschte DNA-Region verändert; Vektoren, wie sie bei allen anderen Verfahren notwendig sind und durch die immer auch Fremd-DNA in das Zielgenom integriert wird, sind nicht notwendig.

»Gendoping« bei Mäusen: Bei der rechten Maus wurde das für Myostatin codierende MSTN-Gen abgeschaltet. Als Folge ist die Muskelmasse um den Faktor vier höher als beim Wildtyp (links). © creative commons/Lee Se-Jin

Weitere Infos dazu:

TED-Vortrag von einer der Erfinderinnen, Jennifer Doudna, über die Technologie, ihr Potenzial und Risiken: https://youtu.be/TdBAHexVYzc

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Zou Q, Wang X et al. Generation of genetarget dogs using CRISPR/Cas9 system. J. Mol Cell Biol. 2015; 7: 580-583. doi:10.1093/jmcb/mjv061

  2. Doudna JA, Charpentier E. Genome Editing. The new frontier of genome engineering with CRISPR-Cas9. Science. 2014; 346: 1258096. doi:10.1126/science.1258096