Merkmale von Blutdoping

Merkmale von Blutdoping
© Henrik Dolle/fotolia

Einleitung

Die World Anti-Doping Agency (WADA) definiert Blutdoping als den Missbrauch bestimmter Techniken und/oder Substanzen, um die Gesamtmasse der roten Blutzellen zu erhöhen, sodass eine Vergrößerung der O2-Transportkapazität und damit der körperlichen Leistungsfähigkeit erzielt wird.

Übliche Verfahren

Demnach umfasst Blutdoping (i) die Transfusion von Eigen- oder Fremdblutkomponenten, (ii) die Verabreichung von Erythropoiese-stimulierenden Agenzien (ESA) und (iii) unerlaubte Manipulationen, welche die Expression des Gens für Erythropoietin (Epo) steigern. Infundiertes Fremdblut ist detektierbar (aufgrund von Blutgruppenunterschieden), re-transfundiertes Eigenblut jedoch nicht. Rekombinantes humanes Epo (rhEpo) und seine Analoga können mittels isoelektrischer Fokussierung (IEF) und Immunoblotting nachgewiesen werden. Körpereigenes Epo und die herkömmlichen rhEpo Präparate (Epoetine, Halbwertszeit im Blut ca. 6-8 h) sind hinsichtlich ihrer 165 Aminosäuren identisch. Unterschiede bestehen jedoch in den Kohlenhydratseitenketten, die sich in Ladungsunterschieden bei der IEF zeigen.

Neue Strategien

Einschränkend ist festzustellen, dass die Epoetine nach üblicher Dosierung spätestens nach sieben Tagen eliminiert sind. Darbepoetin alfa und Methoxy-PEG-Epoetin beta sind länger detektierbar, letzteres auch im Blut. Der Nachweis kann durch den Austausch von Urinproben oder die Zugabe von Proteasen (im einfachsten Fall Waschpulver) verhindert werden. Es gibt auch mimetische Epo-Peptide, aber keines davon ist klinisch zugelassen. Die Expression des Epo-Gens (EPO) wird durch hypoxie-induzierbare Transkriptionsfaktoren (HIF) stimuliert, welche aus einer α- und einer β-Untereinheit bestehen. Die Hydroxylierung der O2-labilen α-Untereinheit lässt sich durch die Einnahme von Kobalt(II)-Salzen oder α-Ketoglutarat-Kompetitoren verhindern. Diese – strukturell simplen – Stoffe sind oral wirksam (sog. „HIF-Stabilisatoren“). Denkbar ist außerdem der missbräuchliche Einsatz von Inhibitoren der GATA-Genregulatorproteine, wodurch der EPO-Promotor aktiviert wird. EPO-Gentransfer ist technisch möglich, aber im Sport offenbar nicht üblich.

Angesichts der Probleme des direkten Nachweises von Blutdoping sind indirekte Verfahren propagiert worden. Die WADA hat 2009 hierzu Richtlinien herausgegeben (“Athlete Biological Passport (ABP) Operating Guidelines“). Dabei werden individuell longitudinal verschiedene Erythrozyten-Parameter bewertet (u. a. Hämoglobinkonzentration [Hb], Hämatokrit, Erythrozytenzahl, Retikulozyten-Zahlen [Ret], mittleres Erythrozytenvolumen [MCV] und mittlere Hb-Masse der einzelnen Erythrozyten [MCH]). Sportrechtlich relevant sind primär [Hb] und OFF-hr score ([Hb] – 60√ Ret %; Normalbereich: 85-95).

 

Feedback-Regulation der Erythropoiese und pharmakologische Manipulationsmöglichkeiten. © DZSM 2016

Fazit

Auffällige Messdaten sollen zunächst anonym von unabhängigen Experten bewertet werden. Dabei sind Trainingsmaßnahmen, Höhenaufenthalte und der allgemeine Gesundheitsstatus der Athlet(inn)en zu berücksichtigen. Die Validität des ABP-Verfahrens ist Gegenstand aktueller Forschung.

Jelkmann W