Ganzkörper-Elektromyostimulation, inflammatorische Biomarker und Adipokine bei übergewichtigen Erwachsenen mit Kniearthrose. Eine randomisierte kontrollierte Studie
Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Originalarbeit) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.
Einleitung
Ganzkörper-Elektromyostimulation ist eine Trainingstechnologie, die als zeiteffektiv und gelenkfreundlich gilt. Insbesondere durch den Aspekt der niedrigen mechanischen Belastung ist WB-EMS eine geeignete Trainingsmethode für Personengruppen mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und/oder Bewegungsangst. Neben chronischen Rückenschmerzen trifft dies insbesondere auf die Osteoarthrose (OA) zu. Neben der geringen mechanischen Belastung wird als weiterer Vorteil des WB-EMS-Trainings diskutiert, dass durch die Aktivierung großer Muskelgruppen möglicherweise eine systemische Wirkung durch entzündungshemmende Faktoren generiert wird. So zeigen klinische Studien signifikant positive Effekte von WB-EMS auf Entzündungsmarker und Adipokine, die mit dem inflammatorischen Prozess in Verbindung stehen.
Betrachtet man diese Untersuchungen jedoch näher, so zeigt sich, dass deren WB-EMS-Protokoll sich bei nahezu identischen Impulsparametern durch ein relativ hohes Trainingsvolumen (3×20-40 min/Woche) und die adjuvante Durchführung intensiver Körperübungen („superimposed WB-EMS“) von den derzeitigen zeiteffektiven Standardprotokollen ohne relevante willkürliche Muskelaktivität unterscheidet. Unsere Fragestellung war somit, ob (auch) ein Standard-WB-EMS Programm positiven Einfluss auf Entzündungsmarker und einschlägige Adipokine nehmen kann. Dafür wurde eine randomisierte kontrollierte WB-EMS-Intervention mit übergewichtigen Patienten mit Kniearthrose durchgeführt.
Material und Methoden
Insgesamt wurden 72 übergewichtige (BMI>25 kg/m2) Studienteilnehmer im Alter von 40-70 Jahren mit einer Kniearthrose randomisiert einer WB-EMS-Gruppe (n=36) oder einer „usual care“ Kontrollgruppe (KG: n=36) zugeordnet. Die WB-EMS Gruppe führte ein siebenmonatiges, bipolares WB-EMS Standardprogramm (85 Hz, 350 µs, rechteckig, 6 s Impuls/4s Impulspause) mit einem Trainingsvolumen von 1,5×20 min/Woche durch.
Die KG erhielt sechs standardisierte Physiotherapiesitzungen. Gleichrangige Endpunkte der Untersuchung waren die Veränderungen von ultra-sensitivem CRP, IL-1β, Leptin und Adiponektin. Zusätzlich wurden Gesamt- und LDL-Cholesterin erfasst. Die Analyse erfolgte nach den „Intention-to-Treat“-Prinzip mit multipler Imputation. Eine auf basale Unterschiede adjustierte ANCOVA wurde zur Berechnung von Zwischengruppenunterschieden („Effekten“) herangezogen.
Ergebnisse
Nach siebenmonatiger Intervention lag die Teilnahmerate der WB-EMS-Gruppe bei 88±10 % und die der CG-Gruppe bei >90 %. Es wurden keine unerwünschten Wirkungen oder Verletzungen im Zusammenhang mit der WB-EMS-Anwendung beobachtet. Zusammenfassend wurden keine signifikant positiven Effekte für usCRP (p=.886), IL-1β (p=.196), Leptin (p=.708) und Adiponektin (p=.606) sowie Gesamt- (p=.123) und LDL-Cholesterin (p=668) erfasst. Störvariable wie Veränderungen des Lebensstils, Medikamenteneinnahme oder Erkrankungen mit relevantem Einfluss auf unser Ergebnis wurden nicht berichtet.
Diskussion
Die derzeitigen zeiteffektiven WB-EMS Standardprogramme zeigen keinen wesentlichen Einfluss auf die inflammatorischen Biomarker/Adipokine usCRP, IL-1β, Adiponektin und Leptin (p=.606). Ob der Verzicht auf intensive Körperübungen, das geringe Trainingsvolumen oder eine Kombination beider Aspekte das vorliegende Ergebnis maßgeblich beeinflusst, müssen Folgeuntersuchungen evaluieren.
■ Kelmendi B, Kast S, von Stengel S, Kohl M, Roemer FW, Uder M, Kemmler W, Kob R