Empfehlungen zum »Return-to-Sports« nach COVID-19: Expertenkonsensus

Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF. Dieser Artikel ist Teil unseres Fokusthemas "COVID-19: Infos und Empfehlungen". Den Link zur Übersicht aller Beiträge des Themenschwerpunkts finden Sie am Ende des Textes oder durch Eingabe des Suchbegriffs #Covid-19 in das Suchfeld dieser Website.

Empfehlungen zum »Return-to-Sports« nach COVID-19: Expertenkonsensus
© ramonespelt / Adobe Stock

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 ist wegen möglicher Organschäden und einer in Einzelfällen auftretenden Leistungsminderung gerade im Leistungssport von Relevanz. Die Dominanz anderer Virusvarianten als zu Beginn der Pandemie macht eine Überarbeitung früherer Empfehlungen zum Wiedereinstieg in den Sport erforderlich. Die folgenden 21 Handlungsempfehlungen basieren auf den aktuell verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Pathogenität des Virus und auf den klinischen Erfahrungen bei Breiten- und Spitzensportlern. Sie wurden im Wissenschaftsrat der DGSP erarbeitet und mit Experten aus deutschsprachigen sportmedizinischen Einrichtungen im Konsensus abgestimmt und sollen einen Leitfaden für notwendige Untersuchungen zum Return-to-play darstellen.

1. Zur Planung des Wiedereinstiegs in Training und Wettkampf sollte eine Einteilung nach WHO-Leitlinien in asymptomatische, milde, moderate und schwere Verlaufe der SARS-CoV-2-Infektion erfolgen.

2. Als Symptome einer milden Verlaufsform sind subfebrile Temperatur (<38,5°C), leichter Husten, Halsschmerzen, leichtes Krankheitsgefühl und Unwohlsein, Fehlen von Dyspnoe und subjektiven Herzbeschwerden wie Palpitationen, Herzrasen oder thorakale Beschwerden einzuordnen. Leichter Schnupfen ≤3 Tage ist als symptomfrei zu werten. Halt er länger an, gilt er als mildes Symptom.

3. Als Symptome einer moderaten Verlaufsform sind ein starkes Krankheitsgefühl (Fatigue-Symptomatik), Dyspnoe in Ruhe, höheres Fieber (Fieber > 38.5°C) sowie Kopf-, Muskel-, Gelenk- und Gliederschmerzen, Übelkeit oder Durchfall einzuordnen. Persistierender Husten ≥ 3 Tage gilt ebenfalls als moderates Symptom.

4. Eine schwere Verlaufsform der COVID-19-Infektion ist durch die Notwendigkeit einer COVID-19 bedingten stationären Klinikaufnahme bis hin zur intensivmedizinischen Behandlung gekennzeichnet.

5. Für den Wiedereinstieg in Training und Wettkampf sind die jeweils aktuell vorliegenden Symptome und die Verlaufsform relevant.

6. Graduierung: Zur besseren Quantifizierung und Beurteilung der Trainings- und Wettkampftauglichkeit kann es hilfreich sein, wenn der Sportler sein Befinden nach subjektiver Belastbarkeit (Skala 0-10, gar nicht bis voll), Schlafqualität (Skala 0-10, gar nicht bis sehr gut), Fatigue-Symptomatik (Skala 0-10, gar nicht bis immerzu) und sein Krankheitsgefühl (Skala 0-10, gar nicht bis sehr stark) bewertet. Symptome können vom Arzt mit einer Checkliste wie dem Fragebogen von Carruthers et al. standardisiert abgefragt werden.

7. Bei asymptomatischem Verlauf der SARS-CoV-2-Infektion wird eine dreitägige Belastungspause nach dem Diagnosezeitpunkt empfohlen. In Umfang und Intensität reduzierte Belastungen sind im Einzelfall möglich.

8. Bei mildem Verlauf ist eine Belastungspause während anhaltender Symptomatik und an drei aufeinanderfolgenden symptomfreien Tagen empfohlen.

9. Belastung bei Symptomfreiheit nach mildem Verlauf: nach 3 aufeinanderfolgenden Tagen ohne spezifische Symptome kann mit umfangs- und intensitätsreduzierten Belastungen ohne ärztliche Diagnostik wieder begonnen werden. Die weitere Steigerung der Belastung erfolgt individuell und unter Berücksichtigung möglicher Symptome und der individuellen Belastungsreaktion.

10. Falls Beschwerden beim Wiedereinstieg ins Training unter Belastung oder sogar in Ruhe auftreten, sollte die Belastung pausiert werden und eine ärztliche Vorstellung und gegebenenfalls eine spezifische Diagnostik erfolgen.

11. Wettkampfe (bei mildem Verlauf): Wettkampfe erscheinen nach insgesamt 10 aufeinanderfolgenden symptomfreien Tagen, unauffälligem Belastungsaufbau und subjektiv guter beschwerdefreier Belastbarkeit möglich. Ein früherer Einstieg in Wettkampfaktivitäten erscheint allenfalls nach sorgfältiger medizinischer Prüfung möglich.

12. Monitoring nach Belastungsbeginn: Nach Wiedereinstieg wird ein differenziertes Monitoring empfohlen (Belastungs- und Ruheherzfrequenz, Schlafqualität, pulmonale oder kardiale Beschwerden, Müdigkeit, Körpergewicht).

13. Bei moderaten oder schweren Krankheitsverlaufen: Nach Rückgang der Symptome wird die ärztliche Diagnostik und Entscheidung vor dem Einstieg in den Trainingsaufbau und insbesondere vor Aufnahme von Wettkampfaktivitäten empfohlen.

14. Die ärztliche Diagnostik nach moderaten Verlaufen oder zur Verkürzung der Belastungspause bei asymptomatischen oder milden Verlaufen beinhaltet eine spezifische Anamnese, die körperliche Untersuchung, Laboruntersuchungen und ein Ruhe-EKG. Nach schweren Verlaufen ist eine individuelle spezifische Diagnostik notwendig.

15. Die wichtigsten Laboranalysen in der Basisuntersuchung sind: Differentialblutbild, C-reaktives Protein, Transaminasen, Creatininkinase, Kreatinin. Die routinemäßige Bestimmung von Troponin erscheint primär nicht notwendig, muss bei Auffälligkeiten im Labor und nach Beschwerdesymptomatik individuell ergänzt werden (siehe auch 16).

16. Bei kardialer Symptomatik wie Palpitationen, Herzstolpern oder Herzrasen wird zusätzlich zum Ruhe- ein Belastungs- EKG, eine Echokardiographie, ein Langzeit-EKG und die Bestimmung von NT-Pro-BNP und Troponin empfohlen.

17. Ein Kardio-MRT ist nicht regelmäßig notwendig, sondern sollte bei entsprechenden pathologischen Befunden erfolgen und gegebenenfalls durch eine weitere kardiologische Diagnostik ergänzt werden.

18. Eine Lungenfunktion (Bodyplethysmographie) sollte nur bei spezifischer Klinik wie Symptomen der Bronchokonstriktion oder Dyspnoe in Ruhe und bei Belastung durchgeführt werden.

19. Bei Belastungsdyspnoe sollte eine Ergometrie, möglichst als Spiroergometrie mit BGA vor und nach Belastung durchgeführt werden.

20. Bei anhaltenden Beschwerden, u.a. auch bei persistierender Fatigue und Belastungsintoleranz wird die umfassendere ärztliche Abklärung vor Sportfreigabe empfohlen.

21. Die Freigabe bei medizinischen Befunden erfordert eine ärztliche Beurteilung und Abwägung, um Überforderungen und Schädigungen möglichst zu vermeiden.

Diese Empfehlungen sollen das gesundheitliche Risiko durch körperliche Belastungen und daraus resultierende Organschäden nach einer SARS-CoV-2-Infektion reduzieren und vermeiden. Daher wird ein der Symptomatik und dem Verlauf angepasstes Vorgehen vom Wiederbeginn des Trainings bis zum Wettkampfsport empfohlen (siehe Flowchart, supplemental material online).

■ Steinacker JM, Schellenberg J, Bloch W, Deibert P, Friedmann-Bette B, Grim C, Halle M, Hirschmüller A, Hollander K, Kerling A, Kopp C, Mayer F, Meyer T, Niebauer J, Predel HG, Reinsberger C, Röcker K, Scharhag J, Scherr J, Schmidt-Trucksäss A, Schneider C, Schobersberger W, Weisser B, Wolfarth B, Nieß AM

Alle Beiträge der DZSM zum Fokusthema „COVID-19: Infos und Empfehlungen“ finden Sie hier oder durch Eingabe des Suchbegriffs #Covid-19 in das Suchfeld dieser Website.