Effekte von Tai Chi bei Älteren und Parkinsonpatienten
Tai Chi gewinnt in der westlichen Medizin zunehmend an Bedeutung. Ursprünglich als Kampfkunst entwickelt, stehen heute harmonische Bewegungsabläufe, Körperwahrnehmung und achtsame Atmung im Vordergrund. Neben positiven Effekten für die allgemeine Gesundheit rückt die chinesische Bewegungskunst auch in der geriatrischen und neurologischen Rehabilitation in den Fokus. Besonders ältere Menschen und Parkinsonpatienten können von mehr Stabilität, Beweglichkeit und Lebensqualität profitieren.
Die Übungen besteht aus langsamen, fließenden Bewegungen, die in festen Abläufen, den sogenannten Formen, miteinander verbunden sind. Anders als statische Kräftigungsübungen werden hier Haltung und Gewicht ständig verlagert. Diese dynamische Balanceförderung macht Tai Chi für ältere Menschen besonders attraktiv: Es verbessert den Gleichgewichtssinn durch koordinierte Bewegungsabfolgen, den Fokus auf die Körpermitte („Zentrum“) und eine bewusste Fuß- und Beinstellung. Ein zentrales Element ist die rhythmische Atmung, die den Parasympathikus aktiviert. Dadurch können Blutdruck und Herzfrequenz positiv beeinflusst werden (2).
Mit zunehmendem Alter verschlechtern sich Gleichgewicht und Muskelkraft, wodurch das Sturzrisiko steigt. Schwere Verletzungen wie Hüftfrakturen können die Folge sein und Mobilität sowie Selbstständigkeit beeinträchtigen. Hier setzt Tai Chi laut wissenschaftlichen Studien an (2). Die kontrollierten, langsamen Schrittfolgen fördern Standfestigkeit und Beinmuskulatur, ohne den Körper zu überlasten. Zudem berichten Übende von verbessertem Körpergefühl und gesteigertem Selbstvertrauen im Alltag, etwa beim Aufstehen oder Treppensteigen. Ein weiterer Vorteil ist die moderate Belastung des Herz-Kreislauf-Systems. Das Herz wird leicht gefordert, ohne die Schlagfrequenz stark zu erhöhen. Dadurch eignet sich Tai Chi auch für Menschen mit eingeschränkter kardiovaskulärer Belastbarkeit. Ergänzend zu Kraft- und Ausdauertraining kann es als schonende und effektive Einheit in der Seniorensporttherapie eingesetzt werden.
Parkinson ist gekennzeichnet durch Bewegungsverlangsamung (Bradykinese), Muskelstarre (Rigor) und Zittern (Tremor). Studien zeigen, dass Tai Chi Parkinsonpatienten helfen kann (1). Die ruhigen Bewegungsfolgen verbessern die posturale Kontrolle, verringern das Sturzrisiko und fördern die allgemeine Gehfähigkeit. Zudem deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass regelmäßig ausgeführte Übungen die Feinmotorik fördern und Muskelsteifheit reduzieren kann (1). Durch die langsame Bewegungsführung und das konzentrierte Arbeiten mit der Körperachse werden die Bewegungen bewusst initiiert, durchgeführt und beendet. Das verbessert die motorische Steuerung und die propriozeptive Wahrnehmung. Die bewusste Atmung kann außerdem psychisch stabilisieren und Stress reduzieren. Das wiederum kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.
Tai Chi kann prinzipiell gut in bestehende Therapiepläne oder als Komplementärmaßnahme integriert werden. Wichtig ist eine sorgfältige Einführung in die Grundhaltungen und Bewegungsabläufe. Da Tai Chi grundsätzlich langsam und kontrolliert ausgeführt wird, ist das Verletzungsrisiko gering. Um einen nachhaltigen Nutzen zu erzielen, braucht es Kontinuität. Idealerweise wird Tai Chi zwei- bis dreimal pro Woche praktiziert. Das Training kann in fast jeder Umgebung stattfinden und lässt sich unkompliziert in den Alltag integrieren. Die Tai-Chi-Sequenzen lassen sich individuell an die Bedürfnisse der älteren oder neurologisch Erkrankten anpassen, etwa durch vereinfachte Formen oder Übungen im Sitzen, um auch bei starken Bewegungseinschränkungen das Oberkörpergleichgewicht zu schulen.
Fazit: Tai Chi vereint Elemente der Bewegung, Atmung und Meditation zu einem ganzheitlichen Ansatz, der körperliche und psychische Ressourcen stärkt. Für ältere Menschen bietet die Methode eine effektive Sturzprävention und Kraftschulung, während Parkinsonpatienten von verbesserter Stabilität und Koordination profitieren. Wissenschaftliche Studien (1, 2) bestätigen die positiven Effekte und zeigen, dass Tai Chi eine sinnvolle Ergänzung zu konventionellen Therapie- und Trainingsangeboten darstellt.
■ Hutterer C
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Quellen:
Fan X, Soh KG, Mun CY, Soh KL. Effects of different types of Tai Chi intervention on motor function in older adults: a systematic review. Aging Clin Exp Res. 2025; 37: 32. doi:10.1007/s40520-024-02894-5
Lou L, Xiang C, Hu Y, Yang J. Tai Chi improves balance, mobility and gait function of the lower limbs in patients with Parkinson's disease: a systematic review and meta-analysis. Eur J Med Res. 2025; 30: 107. doi:10.1186/s40001-024-02151-5