Effekte von Bewegungstraining auf das Gehirn bei Typ-2-Diabetes
Typ-2-Diabetes ist dafür bekannt, dass er u. a. die Gehirnfunktion beeinträchtigt und durch strukturelle Veränderungen auch das Risiko für Demenz und kognitive Beeinträchtigungen erhöht. Gleichzeitig ist der positive Effekt von körperlichem Training auf gehirnbezogene Parameter vielfach belegt. Belgische Forscher haben sich deshalb im Rahmen einer Studie mit der Frage befasst, inwieweit Sport speziell die Gehirngesundheit von Typ-2-Diabetikern positiv unterstützt und welche physiologischen Mediatoren diese Effekte vermitteln kann (1).
Der systematische Review wertete die Erkenntnisse aus 22 Studien aus, die den Effekt von Bewegungstraining auf die Kognition bei Typ-2-Diabetes-Patienten oder Tiermodellen untersuchen. Nur Studien mit Vorher-Nachher-Messungen der Kognition und ohne Kombination mit anderen Interventionen (z. B. Ernährungsumstellungen) wurden eingeschlossen.
18 der 22 Studien von ihnen fanden signifikante positive Effekte von körperlicher Aktivität auf verschiedene gehirnbezogene Parameter der Probanden. Sieben von zehn Studien zum Ausdauertraining zeigten kognitive Verbesserungen, insbesondere in Gedächtnis und Aufmerksamkeit. Die beiden eingeschlossenen Studien zu Krafttraining zeigten dagegen uneinheitliche Ergebnisse. Die größten Effekte auf das Gehirn von Typ-2-Diabetikern ergaben sich für kombiniertes Training (Ausdauer, Kraft und manchmal Flexibilität/Balance). Alle Studien hierzu zeigten signifikante kognitive Verbesserungen, insbesondere in inhibitorischer Kontrolle, Arbeitsgedächtnis und kognitiver Flexibilität. Auch Übungen wie Tai Chi und Qigong verbesserten die Kognition, möglicherweise durch ihre geistig-körperlichen Komponenten
Die Überprüfung identifizierte mehrere Mediatoren, die die positiven Effekte von Bewegung auf das Gehirn vermitteln:
BDNF (Brain-derived Neurotrophic Factor) fördert die Neurogenese, die synaptische Plastizität und die Lebenszeit von Neuronen
Laktat wird bei anaerober Bewegung aus kontrahierenden Muskeln freigesetzt, stimuliert die Angiogenese, ist an der Energieversorgung des Gehirns beteiligt, fördert die Expression von Genen, die mit allgemeiner Gehirnplastizität zusammenhängen, und agiert als Signalmolekül in neuroplastischen Prozessen
Cathepsin b Myokin, das mit verbesserter Kognition korreliert und sowohl in der Angio- als auch bei der Neurogenese eine Rolle spielt
Leptin besitzt neuroprotektive Eigenschaften, reguliert den Energiestoffwechsel im Gehirn und reduziert die Produktion von β-Amyloid-Plaques durch Senkung der BACE1-Aktivität
GSK3β (Glykogensynthase-Kinase 3 beta) trägt via Phosphorylierung von Tau an pathologischen Tau-Epitopen zu Neurodegeneration bei, wird durch Bewegung aber gehemmt
Adiponektin wirkt positiv auf die synaptische Plastizität, verbessert die Insulinsensitivität und erhöht die Funktion sowie das Volumen des Hippocampus, in dem sich zahlreiche Insulinrezeptoren befinden
GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1) fördert die Insulinempfindlichkeit, wirkt neuroprotektiv und unterstützt die kognitive Funktion durch Verbesserung der neuronalen Gesundheit
AMPK-/SIRT1 (AMP-aktivierte Proteinkinase/Sirtuin 1) fördert die neuronale Funktion durch Anhebung der Energieproduktion und Optimierung der zellulären Energiebilanz sowie die Expression von BDNF, was die Neurogenese und synaptische Plastizität unterstützt. AMPK und SIRT1 in Kombination hemmen zudem inflammatorische Prozesse im Gehirn.
PI3K-/Akt-/mTOR (Phosphatidylinositol-3-Kinase/Proteinkinase B/mammalian Target of Rapamycin) ist an der Deaktivierung von GSK3β beteiligt, verbessert die Insulinsensitivität, unterstützt durch die Regulation von Zellwachstum und Proteinsynthese die neuronale Funktion und fördert die Bildung neuer Neuronen aus Stammzellen im für Lernen und Gedächtnis entscheidenden Hippocampus. BDNF aktiviert den PI3k-/Akt/mTOR-Signalweg zusätzlich.
Fazit: Die Mehrheit der Studien (81,8 %) zeigte einen positiven Effekt von Bewegungstraining auf die Kognition bei Typ-2-Diabetikern, was mit früheren Überprüfungen übereinstimmt. Kombiniertes Training scheint besonders effektiv, was mit den Empfehlungen der American College of Sports Medicine für ältere Erwachsene übereinstimmt. Die identifizierten Mediatoren bieten Einblicke in die Mechanismen, aber viele Studien wurden an Tieren durchgeführt, und die Übertragbarkeit auf Menschen muss weiter untersucht werden. Auch erschwert die Vielfalt der verwendeten kognitiven Tests (z. B. MMSE, MoCA) den direkten Vergleich. Zukünftige Studien sollten daher nach Auffassung der Autoren standardisierte kognitive Testbatterien verwenden und verschiedene Trainingsmodalitäten direkt vergleichen. Faktoren wie Alter, Medikation und genetische Unterschiede müssten berücksichtigt werden, um personalisierte Bewegungsprogramme zu entwickeln.
■ Kura L
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Quellen:
Vandersmissen J, Dewachter I, Cuypers K, Hansen D. The Impact of Exercise Training on the Brain and Cognition in Type 2 Diabetes, and its Physiological Mediators: A Systematic Review. Sports Med Open. 2025; 11: 42. doi:10.1186/s40798-025-00836-7