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Fortsetzung Die wachsende Bedeutung immunregulatorischer Effekte von körperlicher Aktivität

Immunseneszenz und Entzündungen

Die systemischen Entzündungsprozesse haben nicht nur eine enge Assoziation, sondern sind sogar Teil der Alterung des Immunsystems, der Immunseneszenz. Eine Reihe von Untersuchungen in Schweden konnte dazu zeigen, dass die Entwicklung einer systemischen Entzündung eine wichtige Bedeutung im sogenannten Immune-Risk-Profile (IRP) hat (15). Damit werden immunologische Veränderungen im Alter beschrieben, die in Zusammenhang mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität stehen. Neben dem moderaten Anstieg pro-inflammatorischer Zytokine im Blut gehören auch eine reduzierte Ratio aus CD4+/CD8+ T-Zellen, eine Akkumulation von T-Zellen eines seneszenten Phänotyps sowie eine Reduktion von naiven T-Zellen zum IRP (15). Die verstärkte Akkumulation seneszenter T-Zellen hat dabei vor allem zwei Charakteristika. Zum einen kann es sich um cytomegalovirus (CMV)-spezifische T-Zellen handeln, insofern der Proband CMV-positiv war. Damit kommt einer CMV Infektion eine nicht unbedeutende Rolle in der Immunseneszenz zu (13).

Zum anderen akkumulieren sogenannte TEMRA Zellen (T effector memory cells re-expressing CD45RA), welche eine hohe Eigenreaktivität haben und pro-inflammatorische Zytokine produzieren, gleichzeitig aber eine geringe Kapazität zur Proliferation im Falle eines Antigenkontaktes haben. Dadurch scheint der Akkumulation von seneszenten, hoch-differenzierten, auch als exhausted T cells bezeichneten Zellen sowohl die Schwächung der Immunabwehr im Alter, als auch das Inflammaging zu begünstigen. Umgekehrt ist bekannt, dass eine basal erhöhte TNF-α Konzentration auch die Differenzierung und damit die Seneszenz von T-Zellen induziert, was die Bidirektionalität dieser Prozesse kennzeichnet (8, 12).

Bild Zusammenhänge zwischen Alter, Inflammaging, Metaflammation und Immunseneszenz sowie den immunregulatorischen Effekten regelmäßiger körperlicher Aktivität.
Zusammenhänge zwischen Alter, Inflammaging, Metaflammation und Immunseneszenz sowie den immunregulatorischen Effekten regelmäßiger körperlicher Aktivität. CMV=Cytomegalovirus, SASP=Senescent-Associated Secretory Phenotype. © DZSM 2017

 Klinische Relevanz der Entzündung im Alter

Es entsteht also ein Circulus vitiosus aus Entzündung und Immunseneszenz, der letztendlich eine hohe klinische Relevanz hat. Neben der Begünstigung vieler innerer, orthopädischer, neurologischer und psychischer Erkrankungen haben Immunseneszenz und Entzündung zum Beispiel auch Auswirkungen auf die Impfeffektivität. So ist schon länger bekannt, dass die Immunisierung älterer Menschen nach einer Influenza-Impfung oftmals deutlich geringer ausfällt als bei jüngeren Menschen. Eine Bedeutung dabei scheint zusätzlich die Kombination aus Alter und inflammatorischer Grundaktivität zu haben. So zeigen Daten einer jüngeren Veröffentlichung, dass Influenza-Schutzimpfungen in adipösen Erwachsenen einen deutlich reduzierten Schutz bewirken im Vergleich zu Impfungen bei normalgewichtigen, altersgleichen Probanden (9). Trotz einer robusten serologischen Antwort waren die adipösen Studienteilnehmer mehr als doppelt so anfällig für Influenza-Erkrankungen. Vakzinierungsversuche in übergewichtigen Mäusen bestätigen diese Daten, da auch sie einen deutlich verringerten Schutz gegen entsprechende Erkrankungen aufwiesen. Vieles deutet also auf eine enge Verbindung zwischen systemischer Entzündung und zellulärer Seneszenz mit der Folge einer reduzierten Immunfunktion hin (12).

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