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Fortsetzung Die wachsende Bedeutung immunregulatorischer Effekte von körperlicher Aktivität

Wichtige Ansatzpunkte des Themas Bewegung

Diese enge bidirektionale Beziehung zwischen subklinischer Entzündung und zellulärer Immunfunktion geben bewegungspräventiven oder -therapeutischen Maßnahmen zahlreiche interessante Ansatzpunkte. Zum einen hat körperliche Aktivität anti-entzündliche bzw. entzündungsregulierende Effekte, die im Kontext vieler Erkrankungen gezeigt wurden (6). So reduziert regelmäßige körperliche Aktivität die systemische Konzentration von IL-6, TNF-α und zahlreichen anderen Zytokinen und Chemokinen.

Mechanistisch sind dabei vor allem die erhöhte Expression verschiedener Myokine von Bedeutung, die im kontrahierenden Muskel sekretiert werden. Vor allem IL-6 und IL-15 scheinen bedeutsam zu sein, da sie die TNF-α-Produktion hemmen, die Freisetzung anti-entzündlicher Zytokine wie IL-1ra und IL-10 fördern und gleichzeitig die Lipolyse stimulieren (3, 11). Zum anderen hat regelmäßige körperliche Aktivität speziell in Bezug auf T-Zellen vielfältigen Einfluss. Im Alter erhöht regelmäßiges Ausdauertraining die CD4/CD8- T-Zell Ratio und reduziert den Anteil seneszenter T-Zellen. Außerdem erhöht regelmäßiges Training den relativen Anteil regulatorischer T-Zellen (14). Die verstärkte Mobilisation hämatopoetischer Vorläuferzellen aus dem Knochenmark nach sportlichen Belastungen dient möglicherweise einer Erhöhung des Anteils naiver T-Zellen (2,5).

Von funktioneller Seite hat regelmäßige Aktivität positiven Einfluss auf die Proliferation von T-Zellen nach Antigenkontakt. Klinisch relevante Interaktionen zwischen adaptiven Immunsystem und sportlicher Aktivität sind in Bezug einer reduzierte Infekthäufigkeit sowie einer erhöhten Wirksamkeit von Impfungen nach moderaten Ausdauertrainings gezeigt worden (4,10). So zeigten Kohut et al. (4), dass ältere Probanden nach einer Trainingsintervention über 10 Monate einen signifikant höheren Anstieg des Antikörper-Titer nach einer Influenza Vakzinierung im Vergleich zu einer inaktiven Kontrollgruppe hatten.

Langfristige Strategien in der Umsetzung

Durch den Mangel an longitudinalen Interventionsstudien ist bisher noch nicht klar zu definieren, wie die optimale praktische Umsetzung eines auf immunregulatorische Wirkung abgestimmten Trainings aussieht. Die Studienlage zeigt zunächst, dass bedeutende immunologische Effekte mit einer höheren Trainingsdauer einhergehen, in der Regel also länger als länger als 6 Monate Zeit benötigen. Die genaue sportliche Modalität scheint dabei eine geringere Bedeutung zu haben als die gewählten Intensitäten. Hier scheint es ratsam zu sein, dass Patienten mit einer niedrig-gradigen Entzündung eher moderate Intensitäten und Umfänge im Vergleich zu gesunden, jüngeren Personen wählen sollten. Hochgradig-intensive Trainingseinheiten kombiniert mit einer langen Dauer sowie sprunghafte Belastungssteigerungen scheinen aus immunologischer Sicht weniger zielführend, da auch der gesunde Sportler sich hier in eine temporäre Immunsuppression trainiert (14). Die konkrete Wahl einer Sportart sollte Wünsche, Neigungen und Interessen der Zielpersonen berücksichtigen, da dies die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Partizipation erhöht (Abb. 1).

Offene Fragen

Körperliche Aktivität induziert also auf verschiedenen Ebenen immunregulatorische Effekte, bei denen viele mechanistische Zusammenhänge und kausale Interaktionen noch ungeklärt sind. Hier sind vor allem weitere grundlagenwissenschaftlicher Arbeiten notwendig, die molekulare und zelluläre Zusammenhänge zwischen sportlichen Aktivitäten und den verschiedenen Kompartimenten Immunsystem untersuchen. Weiterhin gibt es erst wenige longitudinale Interventionsstudien, die immunologische Veränderungen mit klinischen Effekten koppeln, um Erkenntnisse für die Prävention und Therapie durch Sport und Bewegung er erlangen. Dazu wäre es weiterhin hilfreich, das Panel inflammatorischer Biomarker, wie TNF-α oder IL-6, um weitere Biomarker aus der großen Menge pro- und antientzündlicher Plasmamarker zu erweitern, die sporttherapeutische Effekte möglicherweise sensitiver reflektieren.

■ Krüger K

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Quellen:

  1. Benatti FB, Pedersen BK. Exercise as an anti-inflammatory therapy for rheumatic diseases-myokine regulation. Nat Rev Rheumatol. 2015; 11: 86-97. doi:10.1038/nrrheum.2014.193

  2. Emmons R, Niemiro GM, De Lisio M. Hematopoiesis with Obesity and Exercise: Role of the Bone Marrow Niche. Exerc Immunol Rev. 2017; 23: 82-95.

  3. Karstoft K, Pedersen BK. Exercise and type 2 diabetes: focus on metabolism and inflammation. Immunol Cell Biol. 2016; 94: 146-150. doi:10.1038/icb.2015.101

  4. Kohut ML, Arntson B, Lee W, Rozeboom K, Yoon KJ, Cunnick JE, McElhaney J. Moderate exercise improves antibody response to influenza immunization in older adults. Vaccine. 2004; 22: 2298-2306. doi:10.1016/j.vaccine.2003.11.023

  5. Krüger K, Pilat C, Schild M, Lindner N, Frech T, Muders K, Mooren FC. Progenitor cell mobilization after exercise is related to systemic levels of G-CSF and muscle damage. Scand J Med Sci Sports. 2015; 25: e283-e291. doi:10.1111/sms.12320

  6. Krüger K, Seimetz M, Ringseis R, Wilhelm J, Pichl A, Couturier A, Eder K, Weissmann N, Mooren FC. Exercise training reverses inflammation and muscle wasting after smoke exposure. Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol. 2017; [Epub ahead of print]. doi:10.1152/ajpregu.00316.2017

  7. Krüger K. Inflammation during Obesity – Pathophysiological Concepts and Effects of Physical Activity. Dtsch Z Sportmed. 2017; 68: 163-169. doi:10.5960/dzsm.2017.285

  8. Macaulay R, Akbar AN, Henson AM. The role of the T cell in age-related inflammation. Age (Omaha). 2013; 35: 563-572. doi:10.1007/s11357-012-9381-2

  9. Neidich SD, Green WD, Rebeles J, Karlsson EA, Schultz-Cherry S, Noah TL, Chakladar S, Hudgens MG, Weir S, Beck MA. Increased Risk of influenza among vaccinated adults who are obese. Int J Obes. 2017; 41: 1324-1330. doi:10.1038/ijo.2017.131

  10. Nieman DC. Is infection risk linked to exercise workload? Med Sci Sports Ex. 2000; 32: 406-411.

  11. Pedersen BK. Anti-inflammatory effects of exercise: role in diabetes and cardiovascular disease. Eur J Clin Invest. 2017; 47: 600-611. doi:10.1111/eci.12781

  12. Prattichizzoa F, Valeria De Nigris V, Spigab R, Mancusob E, La Salaa L, Antonicellic R, Testad R, Procopioe AD, Olivierie F, Cerielloa A. Inflammageing and metaflammation: The yin and yang of type 2 diabetes. Ageing Res Rev. 2018; 41: 1-17. doi:10.1016/j.arr.2017.10.003

  13. Simpson RJ, Bigley AB, Spielmann G, LaVoy EC, Kunz H, Bollard CM. Human cytomegalovirus infection and the immune response to exercise. Exerc Immunol Rev. 2016; 22: 8-27.

  14. Turner JE. Is immunosenescence influenced by our lifetime ‘‘dose’’ of exercise? Biogerontology. 2016; 17: 581-602. doi:10.1007/s10522-016-9642-z

  15. Wikby A, Mansson IA, Johansson B, Strindhall J, Nilsson SE. The immune risk profile is associated with age and gender: findings from three Swedish population studies of individuals 20–100 years of age. Biogerontology. 2008; 9: 299-308. doi:10.1007/s10522-008-9138-6