Hormonelle Einflüsse auf Belastungsreaktionen bei Athletinnen
Hormone wie Östrogene, Progesteron und Testosteron können bekanntermaßen Leistung und Wohlbefinden von Sportlerinnen beeinflussen. Diese Hormone schwanken sowohl im natürlichen Menstruationszyklus (menstrual cycle/MC) als auch während der hormonellen Phasen kombinierter oraler Kontrazeptiva (oral contraception/OC). Studien, die die Auswirkungen hormoneller Schwankungen auf Belastungsreaktionen und das Wohlbefinden von Spitzensportlerinnen untersuchen, sind jedoch selten. Eine der großen Schwierigkeiten besteht darin, dass das individuelle Befinden kaum objektiv bewertbar ist und bisherige mathematische Modelle zwar Arbeitsbelastungen quantifizieren, nicht jedoch deren Auswirkungen sichtbar machen können.
Ein französisches Team von Wissenschaftlern hat nun einen neuartigen Algorithmus – das Markov-Index-Load-State-Modell (MILS) – entwickelt, welcher es ermöglicht, die Reaktionen auf Trainingsbelastungen zu ermitteln und in drei Zustände, „leicht“, „moderat“ und „schwer“, einzuteilen. MILS basiert auf Hidden-Markov-Ketten und drückt Trends als latente Variable aus. Damit ermöglicht das Modell erstmals eine Bewertung hormoneller Einflüsse auf die Belastungsreaktion, wenn die Arbeitsbelastung nicht objektiv quantifizierbar ist. Auf diese Weise können Trainingsprogramme besser angepasst werden, weil die komplexen hormonabhängigen physiologischen und psychologischen Faktoren, welche die Leistung von Athletinnen beeinflussen, mit berücksichtigt werden.
Für ihre MILS-basierte Studie erhoben die Forscher über 7 Monate hinweg subjektive und labortechnisch gewonnene Daten von 24 Athletinnen (Alter: 24,6 ± 5,21 Jahre) aus dem Ruder- und Skirennsport: tägliche Trainingsdaten (wahrgenommene Anstrengung und Trainingsvolumen), Wohlbefinden (Schlaf, Stimmung, körperliche Fitness, Stimmung, Menstruationsbeschwerden) und Hormonstatus (per Speichelprobe). Insgesamt konnten auf diese Weise Daten aus 51 Vollzyklen unter hormoneller Kontrazeption und 54 natürlichen Vollzyklen ausgewertet werden.
Die Studienergebnisse zeigten, dass sich MC-Athletinnen in der ersten Zyklushälfte (Follikelphase) überwiegend im „leichten“ Zustand befanden und nach dem Eisprung (Lutealphase) in den „harten“ Zustand wechselten. Bei OC-Nutzerinnen (monophasische Pillen) war der „leichte“ Zustand während der aktiven Pillenphase und der „schwere“ Zustand während der Pillenpause prädominant.
Der Progesteronspiegel war positiv mit dem „schweren“ Zustand korreliert. Höhere Progesteronwerte sind mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Müdigkeit und geringerer Trainingsbereitschaft verbunden. Wohlbefindensfaktoren wie Schlafqualität, Stimmung und Fitness waren positiv mit dem „leichten“ Zustand assoziiert, während Menstruationssymptome den „schweren“ Zustand begünstigten.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die follikuläre Phase für MC-Athletinnen und die aktive Pillenphase für OC-Nutzerinnen günstiger für Trainingsanpassungen sind und betonen zugleich die Bedeutung von Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens unter Berücksichtigung hormoneller Zyklen bei der Trainingsperiodisierung.
■ Kura L
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Quellen:
De Larochelambert Q, Hamri I, Chassard T, Meignié A, Storme F, et al. Exploring the effect of the menstrual cycle or oral contraception on elite athletes' training responses when workload is not objectively quantifiable: the MILS approach and findings from female Olympians. BMJ Open Sport Exerc Med. 2024; 10: e001810. doi:10.1136/bmjsem-2023-001810