Untersuchungen der neuroophthalmologischen Funktion am Spielfeldrand im Fußball: Reliabilität und Effekte von wiederholten Kopfbällen auf einen potenziellen neurophysiologischen Biomarker
Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Originalarbeit) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.
Problem
Neueste Studien weisen auf ein erhöhtes Risiko neuropathologischer Veränderungen bei ehemaligen Spitzenathleten von Kontaktsportarten hin. Möglicherweise sind diese bedingt durch wiederholte leichtgradigen Schädel-Hirn-Traumata. Eine beeinträchtigte neuroophthalmologische Funktion wurde mit leichtgradigen Schädel-Hirn-Traumata (SHT) in Verbindung gebracht, welche mittels Eye-Tracking erfasst werden können. Das Ziel dieses Projekts war es, die Reliabilität eines neuen Eye-Tracking-Geräts, welches in eine Virtual Reality-(VR-) Brille integriert ist, zu bewerten und damit die akuten Auswirkungen von wiederholten Kopfbällen auf die neuroophthalmologische Funktion im kompetitiven Fußball zu untersuchen.
Methodik
Zu diesem Zweck wurde zunächst eine Reliabilitätsstudie mit 50 gesunden Teilnehmenden (26,7 Jahre, 70 % Frauen) durchgeführt. An drei Terminen fanden Eye-Tracking Messungen in einer VR-Umgebung statt. Insgesamt wurden 29 Parameter aus 7 verschiedenen VR-Eye-Tracking-Aufgaben erhoben. Intraklassenkorrelationskoeffizient (ICC) und Bland-Altman Limits of Agreement (LoA) wurden für die Bestimmung der Reliabilität berechnet. Anschließend wurde eine Interventionsstudie im Crossover-Design mit 50 kompetitiven Fußballspielerinnen und -spielern (23,9 Jahre, 50 % Frauen) durchgeführt. Nach einer Baseline Messung erfolgten im cross-over design eine Übungseinheit mit Fokus Kopfbälle und eine ohne Kopfbälle oder Körperkontakt. Unterschiede zwischen den Bedingungen wurden mit einer Kovarianzanalyse (ANCOVA) untersucht.
Ergebnisse
Die meisten Eye-Tracking Parameter wiesen eine schwache Reliabilität auf (75 % schwach (ICC < 0.50), 22 % mäßig (0.50 < ICC < 0.75), 3 % gut (0.75 < ICC < 0.90)). Eine automatisierte Berechnung der Parameter, welche zusätzlich zur händischen Auswertung erfolgte, zeigte keine nennenswerte Verbesserung dieser Werte (75% schwach). Die vier zuverlässigsten Parameter wurden in der Interventionsstudie analysiert. Dabei zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen der Trainingseinheit mit Fokus Kopfbälle und einer ohne Gegnerkontakt oder Kopfbälle (ANCOVA Richtungsfehler: p=0.39, Gain der ersten Sakkade: p=0.56, Verzögerung der ersten Sakkade: p=0.59, Blickgeschwindigkeit: p=0.73).
Fazit
Unsere Ergebnisse zeigen, dass vor der Implementierung einer objektiven neuro-ophthalmologischen Untersuchung in Echtzeit am Spielfeldrand technische Herausforderungen bestehen. Die Reliabilität des neuartigen Eye-Tracking-Systems, das in eine VR-Brille integriert ist, erwies sich größtenteils als schwach. Eine zwanzigminütige Kopfballtrainings-Einheit hatte keinen Einfluss auf die vier zuverlässig messbaren neuroophthalmologische Variablen im Vergleich zu einer kontaktlosen Trainingseinheit in unserer Studie. Weitere Forschung ist erforderlich, um Einblicke in die akuten und langfristigen Auswirkungen von wiederholten Kopfbällen im Fußball zu gewinnen.

■ Fohrmann D, Gonschorek A, Baumann A, Bouchut W, Junge A, Hollander K