Ultramarathons und die körperlichen Auswirkungen

Ultramarathons und die körperlichen Auswirkungen
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Ultramarathons mit Distanzen von, per Definition, mehr als einer Marathonlänge und ohne Limitierung nach oben, werden immer beliebter. Während aus zahlreichen Untersuchungen bekannt ist, dass moderates Ausdauertraining zu einer Verbesserung der Herz-Kreislauf-Leistung und der Stressbelastbarkeit führt und Gesundheitsrisiken reduziert, ist über den Einfluss von chronischer Ausdauerbelastung über viele Stunden oder Tage – neben den offensichtlichen orthopädischen Anforderungen an Muskulatur, Band- und Sehnenapparat, Knochen und Gelenke – noch weit weniger bekannt. Anstrengende langandauernde Ausdauerbelastungen im Training und/oder Wettkampf verändern den Stoffwechsel. Bei hohem Energieverbrauch wird beispielsweise die Homöostase auf Kosten des Knochenstoffwechsels aufrechterhalten (2). Diese und ähnliche Veränderungen können das Risiko für kardiovaskuläre, respiratorische, muskuloskelettale, renale, immunologische, gastrointestinale oder neurologische Verletzungen erhöhen. Weitere Risikofaktoren sind, je nach Umgebungsbedingungen, Störungen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts sowie Dehydratation, Probleme des Zentralnervensystems und des Magen-Darm-Trakts.

TorTour de Ruhr-Teilnehmer auf dem Prüfstand

Eine aktuelle Untersuchung von Teilnehmern eines Nonstop-Ultramarathons über 160,9/230 km (TorTour de Ruhr) analysierte die Körperzusammensetzung, die Stress-/Herzreaktion und Ernährungsparameter (1). Von 28 Ultraläufern (7 Frauen, 21 Männer; Durchschnittsalter 50 Jahre) wurden vor und nach dem Rennen Blutproben entnommen und auf Ghrelin, Insulin, Irisin, Glucagon, Cortisol, Kynurenin, Neopterin sowie die gesamte antioxidative Kapazität untersucht. Zusätzliche Messungen umfassten die Herzfunktion mittels Echokardiographie, Ernährungsfragebögen und Körperimpedanzanalysen.

16 Personen schieden während des Rennens aus. Die 12 Finisher (2 Frauen, 10 Männer) zeigten nach dem Zieleinlauf erhöhte Entzündungswerte (CRP) und Stressmarker (Cortisol). Die antioxidativen Kapazitäten der Finisher waren stark erschöpft. Die Konzentration von Neopterin, einem Marker für einen proinflammatorischen Immunstatus mit Aktivierung des zellulären Immunsystems, war erhöht.

Proteinanteil in der Wettkampfnahrung zu gering

Ein wichtiger Aspekt bei Ultramarathons ist das Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und -verbrauch. Trotz hoher und regelmäßiger Nahrungsaufnahme verzeichneten die Läufer ein hohes Energiedefizit zwischen 6000 kcal (160,9 km) und 9000 kcal (230 km) und verloren Proteine, Skelettmuskeln sowie Mineralien. Zudem nahm die freie Fettmasse ab. Trotz einer hohen negativen Energiebilanz blieb der Energiestoffwechsel (Insulin/Glucagon/Ghrelin) unverändert. Die Auswertung der Ernährungsprotokolle ergab, dass die relative Proteinkonzentration niedrig und ein Grund für den katabolen Muskelzustand gewesen sein könnte.

Proteinreiche Diät mit hoher Proteindichte während des Rennens kann vermutlich die beobachteten katabolen und entzündlichen Effekte, die durch Ultramarathonlauf hervorgerufen werden, abschwächen. Aktuell werden für die Ernährung während Ultramarathonwettkämpfen ein hoher Anteil von Kohlenhydraten und Fetten empfohlen. Die Ergebnisse der Untersuchung deuten darauf hin, während des Rennes auch den Proteinanteil zu berücksichtigen.

Herz – moderate Belastung aber Beeinträchtigung der Herzfunktion

Kardiologische Untersuchungen konnten nur bei wenigen Teilnehmern im Ziel aufgrund organisatorischer und technischer Einschränkungen ermittelt werden. In dieser geringen Kohorte zeigten sich ein geringeres Schlagvolumen, ein geringeres linksseitiges diastolisches Volumen und eine geringere Ejektionsfraktion nach dem Rennen. Die mittlere Herzfrequenz lag während des Rennens bei 120 Schlägen pro Minute, was auf eine moderate Laufintensität und damit auf den ersten Blick auf einen eher muskuloskelettalen als metabolisch anspruchsvollen Wettkampf hinweist.

Fazit: Da noch wenige Untersuchungen zu Training und Wettkampf von Ultramarathons existieren, bleibt die Vorbereitung individuell und folgt vor allem persönlichen Erfahrungen der Athletinnen und Athleten. Die Analysen zeigen, dass hohe Belastungen vorliegen und zahlreiche Parameter durch die lange andauernde Belastung deutlich verändert werden. Die Optimierung der Ernährung, vor allem über eine proteinreiche und proteindichte Diät könnte katabole und entzündliche Wirkungen eines Ultralaufs abschwächen und so langfristige Gesundheitsrisiken abmindern.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Bizjak DA, Schulz SVW, John L, Schellenberg J, Bizjak R, Witzel J, Valder S, Kostov T, Schalla J, Steinacker JM, Diel P, Grau M. Running for Your Life: Metabolic Effects of a 160.9/230 km Non-Stop Ultramarathon Race on Body Composition, Inflammation, Heart Function, and Nutritional Parameters. Metabolites. 2022; 12: 1138. doi:10.3390/metabo12111138

  2. Sansoni V, Vernillo G, Perego S, Barbuti A, Merati G, Schena F, La Torre A, Banfi G, Lombardi G. Bone turnover response is linked to both acute and established metabolic changes in ultra-marathon runners. Endocrine. 2017; 56: 196-204. doi:10.1007/s12020-016-1012-8