Sport bei Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes- und Jugendalter

Sport bei Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes- und Jugendalter
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Autismus-Spektrum-Störungen (autism spectrum disorders/ASD) betreffen zahlreiche physiologische Systeme. Insbesondere das autonome Nervensystem (autonomic nervous system/ANS) ist bei Betroffenen häufig dysreguliert, weshalb seine Erforschung wertvolle Einblicke für die Entwicklung adaptiver Verhaltensstrategien liefern kann. Eine internationale Studie hat die unmittelbaren Effekte körperlicher Aktivität auf das ANS untersucht (1).

Es ist bekannt, dass Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung im Vergleich zu normal entwickelten Kindern (TD) andere physiologische Reaktionen auf körperliche Aktivität zeigen. Zum Beispiel fällt ihre Herzfrequenz (HR) in Ruhe im Vergleich zu normal entwickelten Kindern normalerweise höher aus, was auf ein größeres Angstniveau oder die Angst vor unbekannten Untersuchungsverfahren zurückzuführen ist. Die geringere kardiorespiratorische Reaktion weist auf eine verminderte aerobe Kapazität hin.

Dennoch befassten sich bisherige Arbeiten überwiegend mit dem maladaptiven Verhalten junger ASD-Patienten unter körperlicher Betätigung, nicht mit der direkten Wirkung von Sport auf das ANS. In die doppelblinde randomisierte Studie wurden jetzt insgesamt 200 junge Teilnehmer mit verschiedenen Autismus-Spektrum-Störungen (106 männlich, 94 weiblich) inkludiert. Weil sich Kinder und Heranwachsende in kurzen Zyklen körperlich und geistig entwickeln, entschied man sich zur Erfassung in vier Altersgruppen:

– 4 bis 7 Jahre

– 7 bis 10 Jahre

– 10 bis 13 Jahre

– 14 bis 18 Jahre.

Es wurde darauf geachtet, dass die physischen (Geschlecht, BMI, körperliches Aktivitätsniveau gemäß Vineland Adaptive Behavior Scale, aerobe Kapazität), psychischen (Score auf der Childhood Autism Rating Scale/CARS) und sozialen Parameter (beide Elternteile vorhanden) innerhalb der Gruppen vergleichbar waren. Die Arbeit legte den Schwerpunkt auf belastungsabhängige physiologische Reaktionen auf körperliche Aktivität: periphere Sauerstoffsättigung des arteriellen Bluts (SpO2), Herzfrequenz (heart rate/HR), Atemfrequenz (respiratory rate/RR) und endtidaler Kohlendioxidspiegel (etCO2). Als Intervention wählte das Studienteam einen 60-minütigen Laufbandgang mit intervallartiger Erhöhung der Geschwindigkeit auf maximal 5 bis 6 km/h. Alle Messungen fanden jeweils direkt vor, eine Minute nach und 15 Minuten nach der Aktivitätseinheit statt.

Konkret stiegen bei allen Probanden HR, RR und erCO2 durch das zügige Gehen im Vergleich zu den Basismessungen ähnlich signifikant an (p>0,05), während die SpO2 ebenfalls ab- und dann wieder zunahm. Bei den 4- bis 7-Jährigen dauerte es nach Belastung signifikant länger, bis alle Parameter, insbesondere die HR, auf den Normalwert zurückkehrten (p<0,05). Die diesen Befunden zugrunde liegende insgesamt höhere und weniger modulierte HR führen die Autoren übereinstimmend mit bisherigen Studien auf das häufige Vorhandensein angeborener Herzfehler (z. B. Vorhof- oder Ventrikelseptumdefekte) bei sehr jungen ASD-Patienten zurück. Es kann deshalb angenommen werden, dass diese vulnerable Bevölkerungsgruppe ganz besonders von regelmäßiger sportlicher Aktivität profitiert.

■ Kura L

Quellen:

  1. Ahmed MM, Alawna M, Youssef ASA, Amin WM, Alajam RA, Morsy WE, Fayed E, Mohamed AA. Immediate effect of physical activity on the autonomic nervous system in individuals with autism spectrum disorders of different age groups: a randomised trial. BMJ Open Sport Exerc Med. 2024; 10: e001822. doi:10.1136/bmjsem-2023-001822