Senioren: Gezielte Maßnahmen senken Sturzrisiko beträchtlich

Senioren: Gezielte Maßnahmen senken Sturzrisiko beträchtlich
© SYATRI RAWU / Adobe Stock

Etwa 20 bis 30 Prozent der über 65-Jährigen stürzen jährlich mindestens einmal (2) – oft mit gravierenden Folgen wie Frakturen, Krankenhausaufenthalten oder dem Verlust der Selbstständigkeit. Führt der Sturz zu einer Einweisung ins Pflegeheim, leidet die Lebensqualität erheblich. Ein umfassender Review und eine aktuelle randomisierte Studie belegen nun eindrucksvoll, dass integrierte Präventionsprogramme in der Primärversorgung das Sturzrisiko älterer Menschen effektiv senken können, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Die kanadische Arbeitsgruppe um Pillay et al. analysierte in einer systematischen Netzwerk-Metaanalyse 219 randomisierte Studien mit über 167 000 Teilnehmern (2). Das Forscherteam prüfte verschiedene nichtmedikamentöse Maßnahmen zur Sturzprävention bei selbstständig lebenden Menschen ab 65 Jahren. Am wirksamsten erwiesen sich strukturierte, mindestens drei Monate lang durchgeführte und betreute Trainingsprogramme, die Balance- und Kraftübungen umfassen. Diese lassen sich allein anwenden oder mit Maßnahmen wie der Analyse häuslicher Gefahrenquellen und edukativen Ansätzen kombinieren.

Der Nutzen zeigte sich besonders bei Gruppen-Tai-Chi und individuell betreuten Kraft- oder Balanceübungen. Für Walking-Programme fehlte hingegen eine verlässliche Evidenz. Multifaktorielle Ansätze, die auf einer individuellen Sturzrisiko-Einschätzung basieren und gezielte Maßnahmen kombinieren, schnitten schlechter ab – vor allem, wenn sie unstrukturiert oder zu wenig intensiv umgesetzt wurden. Entscheidend scheint also nicht nur der Inhalt, sondern auch die Qualität und Kontinuität der Durchführung zu sein.

Der Review beleuchtet neben der Wirksamkeit auch die Vorlieben älterer Menschen: Sie bevorzugen eindeutig Übungen, die Gleichgewicht und Kraft fördern – idealerweise in Einzelbetreuung, zu Hause oder in Gruppen, weniger in rein edukativen Formaten.

Wie gut sich ein solches Programm in die Primärversorgung integrieren lässt, zeigt die aktuelle, groß angelegte FAMILY-Studie aus China (1). In 128 ländlichen Gemeinden nahmen über 2600 Menschen über 60 Jahre entweder an einem kombinierten Programm aus regelmäßigem Gleichgewichtstraining und vierteljährlicher Gesundheitsbildung teil oder erhielten die übliche Versorgung. Nach 12 Monaten war die Sturzhäufigkeit in der Interventionsgruppe deutlich geringer (29,7 Prozent vs. 38,3 Prozent; OR: 0,67; p = 0,01). Auch Funktion und Lebensqualität verbesserten sich, wenn auch nicht in allen Parametern signifikant.

Bemerkenswert ist, dass lokale Gesundheitshelfer („village doctors“) das Programm nach einer Schulung und mit einfachen Mitteln selbst umsetzten, statt externe Fachkräfte einzusetzen. Die hohe Akzeptanz beweist, dass sich auch in ressourcenarmen Regionen nachhaltige Präventionsmaßnahmen verankern lassen, wenn sie alltagsnah und kulturell angepasst sind.

Fazit: Sturzprävention wirkt – vor allem dann, wenn evidenzbasierte Programme langfristig, strukturiert und personenzentriert umgesetzt werden. Die Integration in die Primärversorgung, wie sie in China beispielhaft gezeigt wurde, könnte auch in westlichen Gesundheitssystemen richtungsweisend sein.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Peng J, Ye P, Nan B, Yan S, Li Z, et al. A Fall Prevention Program Integrated in Primary Health Care for Older People in Rural China: The FAMILY Cluster Randomized Clinical Trial. JAMA. 2025. doi:10.1001/jama.2025.12724

  2. Pillay J, Gaudet LA, Saba S, Vandermeer B, Ashiq AR, et al. Falls prevention interventions for community-dwelling older adults: systematic review and meta-analysis of benefits, harms, and patient values and preferences. Syst Rev. 2024; 13: 289. doi:10.1186/s13643-024-02681-3