Kein vermindertes Sturzrisiko bei Senioren durch Vitamin D

Kein vermindertes Sturzrisiko bei Senioren durch Vitamin D
© LIGHTFIELD STUDIOS / Adobe Stock

Vitamin D ist für zahlreiche Prozesse im Körper essenziell. Unter anderem gab es in der Vergangenheit Hinweise darauf, dass ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel das Sturzrisiko bei älteren Menschen erhöht. Fast 60 Prozent der Deutschen haben zu niedrige Vitamin-D-Werte. Alter ist ein zusätzlicher Risikofaktor, weil die körpereigene Bildung von Vitamin D durch Sonnenlicht zunehmend schlechter funktioniert. Personen, die sich wenig bis gar nicht draußen aufhalten (können) und an Osteoporose leiden, sind besonders gefährdet.

Im Dezember 2020 wurden die Ergebnisse der STURDY-Studie (»Study To Understand Fall Reduction and Vitamin D in You«) veröffentlicht (1). In der Studie wurde nach der optimalen Dosierung von Vitamin D zur Prävention von Stürzen bei Älteren gesucht. Die Studienteilnehmer (Durchschnittsalter 77 Jahre, Serum-25-(OH)D zwischen 25 und 73 nmol/l) wurden auf vier Gruppen randomisiert und erhielten 200 IE (Kontrollgruppe), 1 000, 2 000 oder 4 000 IE Vitamin D3 pro Tag. Die Studie lief über zwei Jahre. Primäre Endpunkte war die Zeit bis zum ersten Sturz oder der Tod der Person. Die Vitamin-D-Spiegel wurden im Verlauf der Studie nicht mehr gemessen.

Mehr Stürze bei hohen Vitamin-D-Dosierungen

In den ersten sechs Monaten wurde die beste der drei Versuchsdosierungen gesucht. Überraschenderweise war die Sturzrate in den Interventionsgruppen mit 4 000 und 2 000 IE/Tag höher als bei 1 000 IE/Tag. In der Folge erhielten alle Teilnehmer der Interventionsgruppen nur noch 1 000 IE/Tag und wurden mit der Kontrollgruppe (200 IE/Tag) verglichen. Die Auswertung zeigte, dass sich die Sturzraten zwischen beiden Dosierungen nicht signifikant unterschieden. Allerdings hatten die Teilnehmer der 1 000-IE/Tag-Gruppe dennoch einen Nachteil: Ihre Stürze waren mit schwerwiegenderen Folgen verbunden. Das Hazard Ratio für schwere Stürze lag bei 1,87 (CI 1,03–3,41) und für Stürze mit Klinikaufenthalt bei 2,48 (CI 1,13–5,46).

Die Ergebnisse veranlassen die Autoren zu der Schlussfolgerung, dass die Vitamin-D-Supplementation von 1 000 IE/Tag oder höher bei älteren Menschen entgegen bisheriger Vermutungen keine Stürze verhindern kann. Als Limitierung wird angeführt, dass die Dosisfindung endete, bevor die Schwellenwerte erreicht wurden, die für das Aussetzen und die Wahl der Dosis definiert worden waren. Offen bleibt auch die Frage, wie der Verlauf ohne Vitamin-D-Substitution gewesen wäre. Denn selbst in der 200-IE-Gruppe wurde angestrebt, pro Tag eine Vitamin-D-Menge von mindestens 800 IE durch die Ernährung zu erzielen. Besonders die negativen Ergebnisse der höher dosierten Gruppen überraschen, denn die meisten Experten gehen davon aus, dass mit 2 000 bis 4 000 IE/Tag keine Schadwirkung auftritt.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Appel LJ, Michos ED, Mitchell CM, Blackford AL, Sternberg AL, Miller Iii ER, Juraschek SP, Schrack JA, Szanton SL, Charleston J, Minotti M, Baksh SN, Christenson RH, Coresh J, Drye LT, Guralnik JM, Kalyani RR, Plante TB, Shade DM, Roth DL, Tonascia J. The Effects of Four Doses of Vitamin D Supplements on Falls in Older Adults: A Response-Adaptive, Randomized Clinical Trial. Ann Intern Med. 2020. doi:10.7326/M20-3812