PCOS: Mit Intensivsport und Diät gegen Adipositas und Insulinresistenz
Obwohl das polyzystische Ovarsyndrom, kurz PCOS, die häufigste Endokrinopathie bei Frauen im gebärfähigen Alter ist, haben viele noch nie etwas davon gehört. Dabei ist in Deutschland im Durchschnitt jede zehnte Frau betroffen. Krankheitsimmanent sind ovarielle Dysfunktion, Hyperandrogenismus (klinisch oder biochemisch), manchmal perlschnurartig aufgereihte kleine Ovarialzysten, die im Ultraschall erkennbar sind. Erkrankte leiden infolgedessen häufig u.a. an Schwangerschafts- und Typ-II-Diabetes, Glukoseintoleranz, metabolischem Syndrom, Unfruchtbarkeit und Adipositas. Dazu besteht ein zwei- bis sechsfach erhöhtes Risiko, ein Endometriumkarzinom zu entwickeln. Folgerisiken bleiben auch nach der Menopause, in der sich das PCOS meist zurückbildet, bestehen (5).
Schätzungsweise 75 Prozent der PCOS-Erkrankten sind von einer zentralen Adipositas betroffen (4); 80 Prozent von einer Insulinresistenz (IR), die u.a. auch die Fertilität negativ beeinflusst (1). Ob die IR eine Begleiterscheinung oder eine Folge des PCOS ist, ist nicht ganz geklärt. Studien belegen, dass das PCOS unabhängig von der Adipositas mit einer um 27 Prozent geringeren Insulinsensitivität verbunden ist und abdominales Übergewicht Hyperinsulinämie und IR begünstigt – unabhängig von der Gesamtmenge des Körperfetts (2).
Eine aktuelle polnische Querschnittsstudie widmet sich besonders dem Thema der PCOS-begleitenden abdominalen Adipositas und der Frage nach deren Zusammenhang mit Ernährung, Bewegungsintensität und Insulinresistenz (3). Dazu wurden von 2021 bis 2022 an der gynäkologischen Endokrinologie der Medizinischen Universität Warschau 56 mit PCOS diagnostizierte Frauen zwischen 18 und 40 Jahren akquiriert. Ausschlusskriterien waren u.a. weitere hormonelle Störungsbilder, kardiovaskuläre Erkrankungen und die Einnahme von lipidsenkenden, hormonellen oder insulinsensibilisierenden Medikamenten.
Die Wissenschaftler ermittelten den Anteil an viszeralem (VAT) und subkutanem Fettgewebe (SAT), deren Verhältnis zueinander (VAT/SAT) sowie die Waist-Hip-Ratio (WHR) der Frauen und teilten diese in Abhängigkeit der Werte in vier homogene Gruppen ein. Die IR wurde mit dem Homeostatic Model Assessment of Insulin Resistance (HOMA-IR), dem Homeostatic Model Assessment Adiponectin (HOMA- AD) und dem Verhältnis von Leptin zu Adiponectin (L/A-Ratio) erfasst.
Es stellte sich heraus, dass Frauen mit höheren VAT, VAT/SAT- und WHR-Werten stärker mit einer Insulinresistenz assoziiert waren als diejenigen mit normalen Werten. Je nach Messmodell der IR war das VAT/SAT-Verhältnis oder der VAT-Wert das stärkste Anzeichen für die IR.
Anhand von Fragebögen zur Ernährung wurden Essverhalten und Compliance mit den empfohlenen Diäten überprüft. Um die Auswirkung der Bewegungsintensität zu messen, trugen die Frauen an sieben aufeinanderfolgenden Tagen einen dreiachsigen Bewegungssensor an der Hüfte. Das Bewegungsverhalten wurde dabei in drei unterschiedlichen Varianten aufgezeichnet: Moderat intensiv mit 1952-5724 Counts pro Minute, stark intensiv mit über 5725 Counts pro Minute oder gemischt moderate und starke Intensität mit über 1952 Counts pro Minute.
Ergebnis: Probandinnen, die ihre angeratene Diät strikter einhielten, wiesen um bis zu 43 Prozent geringere VAT-, SAT- und WHR-Werte auf und konnten damit die Wahrscheinlichkeit, eine Insulinresistenz zu entwickeln, stark reduzieren. Ein Einfluss der Diät auf die Zusammensetzung von viszeralem und subkutanem Fett (VAT/SAT) wurde nicht festgestellt. Der Ernährungsscore zeigte sich als von der Bewegungsintensität unabhängig.
Die Auswertung der Bewegungsmesser bewies, dass eine stark intensive Körperaktivität signifikant mit niedrigeren VAT-, SAT-, VAT/SAT- und WHR-Werten und mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für normale VAT- und VAT/SAT-Werte verbunden war. Moderate oder gemischt moderate bis intensive Bewegung konnte diesen Effekt hingegen nicht erreichen.
Biochemische Analysen zeigen, dass die zentrale Fettansammlung bei der PCOS ein durch diverse hormonelle Fehlfunktionen krankheitsimmanentes Symptom ist, das die Wahrscheinlichkeit, eine Insulinresistenz zu entwickeln, zu erhöhen scheint. Intensive Bewegung und hohe Diät-Compliance können den Anteil von viszeralem Fettgewebe, das als stärkster Indikator für die Insulinresistenz gilt, massiv senken bzw. normalisieren. Ein gezieltes Ernährungskonzept und ausreichend intensive Bewegung können daher – besonders für abdominal adipöse Patientinnen – erfolgsversprechende Therapien zur Behandlung oder Vorbeugung der Insulinresistenz bei PCOS sein.
In der internationalen PCOS-Leitlinie werden für die ausschlaggebende stark intensive Bewegungsintensität 6-9 metabolische Äquivalente (MET) bei 70-90 Prozent HRmax empfohlen. Das erreicht man z.B. mit bis zu 30 Minuten (Wasser-)Joggen, Laufen, Bergwandern, Aerobic mit hoher Belastung, Zirkeltraining mit Gewichten, kraftvollem Tanzen, Schwimmen, Skifahren, Langlauf und Mannschaftssportarten auf Leistungsniveau (5).
■ Herling S
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Quellen:
Amisi C. Markers of insulin resistance in polycystic ovary syndrome women: An update. World J. Diabetes 2022; 13: 129-149. doi:10.4239/wjd.v13.i3.129
Cassar S, Misso M, Hopkins W, Shaw C, Teede H, Stepto N. Insulin resistance in polycystic ovary syndrome: A systematic review and meta-analysis of euglycaemic-hyperinsulinaemic clamp studies. Hum. Reprod. 2016; 31: 2619-2631. doi: 10.1093/humrep/dew243
Jurczewska J, Ostrowska J, Chełchowska M, Panczyk M, Rudnicka E, Kucharski M, Smolarczyk R, Szostak-Węgierek D. Abdominal obesity in women with polycystic ovary syndrome and its relationship with diet, physical activity and insulin resistance: a pilot study. Nutrients. 2023; 15(16): 3652. doi:10.3390/nu15163652
Lim S, Davies M, Norman R, Moran L. Overweight, obesity and central obesity in women with polycystic ovary syndrome: A systematic review and meta-analysis. Hum. Reprod. Update 2012; 18: 618-637. doi:10.1093/humupd/dms030
Teede H, Misso M, Costello M, Dokras A, Laven J, Moran L, Piltonen T, Norman R. International evidence-based Guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome 2018. February, 2018. [aufgerufen am 8.1.2024]