Plantarfasziitis: Das Fersenstechen der Sprinter und Springer

Plantarfasziitis: Das Fersenstechen der Sprinter und Springer
© Jo Panuwat D / Adobe Stock

Noch immer sprechen viele fälschlicherweise vom Fersensporn, wenn sie die schmerzhafte Entzündung der Plantarsehne, fachsprachlich Plantarfasziitis oder Fasciitis plantaris, meinen. Dabei kann der Kalkhöcker, der sich bei vielen ab der Lebensmitte im Röntgenbild der Ferse zeigt, in der Regel nichts für die stechenden Schmerzen. Schuld sind vielmehr Alterungsprozesse in Kombination mit wiederkehrenden Überlastungszuständen. Läufer und Leichtathleten haben ein erhöhtes Risiko.

Dr. Thomas Schneider, Leiter des Zentrums für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Gelenk-Klinik Gundelfingen, erklärt die Ursachen: „Bei jedem Schritt wirken enorme Kräfte auf die Plantarsehne ein, die das Fersenbein mit den Mittelfußknochen und Zehengrundgelenken verbindet. Immer, wenn unser Fußgewölbe sich aufrichtet, haben wir in diesem Moment einen starken Zug, das verläuft ruckartig und reißt am Sehnenansatz.“ Dabei entstehen Mikroverletzungen. Können diese nicht ausreichend ausheilen, sind Entzündungen die Folge – sie äußern sich in Stechen, Brennen und Schmerzen bei jedem Schritt.

Dr. Thomas Schneider, Leiter des Zentrums für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Gelenk-Klinik Gundelfingen
Dr. Thomas Schneider, Leiter des Zentrums für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Gelenk-Klinik Gundelfingen © Schneider
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Vorbeugen statt heilen

Sprinter und Springer rollen ihre Großzehe beim Training und/oder in Wettkämpfen mit so viel Druck und Schwung ab, dass das Mikroverletzungen begünstigt. Den Sport zu meiden, ist allerdings keine Lösung: Inaktive neigen ebenfalls zur Plantarfasziitis, vor allem sehr große oder adipöse Menschen und Menschen mit Fußfehlstellungen wie Knick-Senk- oder Hohlfüßen. Die beste Prävention besteht dem aktuellen Stand der Forschung zufolge aus dem Vermeiden von Übergewicht, der Korrektur von Fußfehlstellungen, gutem Schuhwerk beim Training und ausreichend Bewegung plus Erholungspausen vom Sport.

Ist das quälende Stechen erst einmal da, ist keine absolute Sportkarenz notwendig. Schneider rät zur Reduktion und kritischen Selbstbeobachtung: „Testen Sie, was geht. Schwimmen funktioniert fast immer, auch Radfahren kann funktionieren, muss aber nicht. Eine klare Regel: Was am nächsten Morgen zu einer Verschlechterung geführt hat, scheidet in dieser Dosierung aus.“ Ist Sport grundsätzlich wieder möglich, sollte das Pensum sorgsam und geduldig gesteigert werden.

Auch spezielle Fußgymnastik-Programme können wirken: Eine Übersichtsarbeit aus 2017 spricht dafür, dass Übungen wie die Flexion der Zehen gegen einen Widerstand die Funktion der intrinsischen Fußmuskeln stärken. Zwar ließ sich durch ein spezielles Training die Plantarfaszien-Dicke nicht verändern, doch die Schmerzen verringerten sich tendenziell und die Funktionalität verbesserte sich (2).

Akute Plantarfasziitis: Was lindert

Die Plantarfaszie schwillt im entzündeten Zustand bis auf das Dreifache ihrer ursprünglichen Dicke an, daher sind polsternde Einlagen kontraindiziert. Angepasste Einlagen mit Loch im Fersenbereich, schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente, Kühlung, Dehnübungen, Friktionsmassagen, Taping, Nachtlagerungsorthesen und diverse Injektionen können einzeln oder in Kombination wirken. Eine türkische Studie wies zudem auf das Potenzial von angeleiteten Trainingsprogrammen in Kliniken hin (1).

Ein aktueller systematischer Review aus 47 Studien mit insgesamt 2.989 Teilnehmern bescheinigt Injektionen von Kortikosteroiden kurzfristig eine signifikant bessere Wirkung als Eigenblutinjektionen (SMD: –0,56; 95%-KI: −0,86 bis −0,26). Langfristig brachten Dry Needling und Injektionen mit Platelet Rich Plasma (PSP) die nachhaltigere Schmerzreduktion: Beim Dry Needling lag der Vorteil gegenüber Kortikosteroiden bei 1,45 (SMD; 95%-KI: 0,70 bis 2,19), bei PRP lag er bei 0,61 (SMD; 95%-KI: 0,16 bis 1,06) (3).

Ambitionierte Sportler, berichtet Schneider, fragen in der Praxis eher nach PRP-Injektionen als andere Patientenkohorten. „Es gibt bei Sportlern frühzeitig eine umfassendere Diagnostik, um Ursache und Ausmaß der Schädigung besser zu erkennen“, ergänzt er, „und man therapiert eher mit Stoßwellen.“ Auch die Stoßwellentherapie verschafft seiner Erfahrung nach einigen Patienten Linderung. Andere genesen ganz ohne Intervention nach Wochen bis Monaten. Hat alles andere versagt, kann eine Operation helfen. Schneider findet sie nur selten zielführend: „Ich operiere von 170 Patienten mit Plantarfasziitis im Jahr nur drei, bei allen anderen geht es ohne.“

Plaum P

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Quellen:

  1. Cil ET, Şaylı U, Subaşı F: Outpatient vs Home Management Protocol Results for Plantar Fasciitis. Foot Ankle Int 2019: 1071100719865302. doi:10.1177/1071100719865302

  2. Huffer D, Hing W, Newton R, Clair M: Strength training for plantar fasciitis and the intrinsic foot musculature: A systematic review. Phys Ther Sport 2017; 24: 44-52. doi:10.1016/j.ptsp.2016.08.008

  3. Whittaker GA, Munteanu SE, Menz HB, Bonanno DR, Gerrard JM, Landorf KB: Corticosteroid injection for plantar heel pain: a systematic review and meta-analysis. BMC Musculoskelet Disord 2019; 20(1): 378. doi:10.1186/s12891-019-2749-z