Langfristige Nachwirkungen von COVID-19 bei Sportlern
Eine SARS-CoV-2-Infektion ist für viele Athletinnen und Athleten zunächst nur eine temporäre Unterbrechung des Trainings. Doch Daten aus einer großen Kohortenstudie zeigen: Selbst milde Verläufe können langfristige Auswirkungen auf die Belastungstoleranz haben – insbesondere bei Freizeitsporttreibenden sowie bei Frauen. Das unterstreicht die Notwendigkeit individueller, geschlechtersensibler und sportartspezifischer Rückkehrstrategien.
Erste Hinweise auf langanhaltende Leistungseinbußen nach COVID-19 bei Sporttreibenden gab es früh in der Pandemie. Nun zeigen Daten aus der prospektiven, multizentrischen CoSmo-S-Studie, dass SARS-CoV-2 auch für junge, gesunde und leistungsstarke Menschen nicht immer folgenlos verläuft (3). In der Studie wurden 925 sportlich aktive Personen nach SARS-CoV-2-Infektion untersucht, davon 481 Freizeit- und 444 Eliteathleten sowie 501 gesunde Mannschaftssportler als Kontrollgruppe. Während der akuten Infektion war die Symptomlast und Dauer bei Freizeitsportlern (cNEA) höher bzw. länger als bei Eliteathleten (cEA). In beiden Infektionsgruppen pausierten jeweils ca. 50 Prozent für zwei bis vier Wochen mit dem Training. Für mehr als vier Wochen mussten 27 Prozent der Freizeitsportler, aber nur 5,1 Prozent der Leistungssportler pausieren.
Rund sechs Monate nach Infektion berichteten noch 13,8 Prozent der cNEA und 9,9 Prozent der cEA über eine reduzierte Belastungstoleranz unter 70 Prozent des Ausgangsniveaus. Die organmedizinische Diagnostik – u. a. mit EKG, Echokardiografie und Lungenfunktion – zeigte jedoch nur selten pathologische Befunde. Frauen waren dabei deutlich häufiger betroffen: In der Gruppe der Freizeitathletinnen fanden sich signifikant häufiger Symptome wie Palpitationen, Schwindel, Brustschmerzen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Konzentrationsprobleme als bei ihren männlichen Pendants. Die körperliche Belastungstoleranz war bei Frauen im Durchschnitt stärker reduziert. Dieser Geschlechterunterschied wurde bereits in verschiedenen Studien beobachtet und ist vermutlich multifaktoriell bedingt (3).
Auch in einer longitudinalen Panelstudie mit 65 SARS-CoV-2-positiven Kaderathleten (m/w) des Olympiastützpunkts Rheinland bestätigte sich der Trend: 64 Prozent der Athletinnen und Athleten berichteten nach 16 Wochen über anhaltend sportlimitierende Symptome wie mentale Erschöpfung, Atemnot oder Muskelschmerzen. Über 40 Prozent hatten ihre ursprüngliche Belastbarkeit bis dahin nicht wieder erreicht (2). Die Dauer der Trainingsunterbrechung korrelierte signifikant mit der wahrgenommenen Leistungsminderung, was die Bedeutung einer strukturierten, individuell angepassten Rückkehr zum Sport unterstreicht.
In einem umfassenden Scoping-Review analysierten Ceglie et al. die internationale Studienlage zum Return-to-Play (RTP) von Profiathleten beiderlei Geschlechts nach COVID-19 und betonten ebenfalls die Notwendigkeit geschlechtsspezifischer Forschung sowie sportartspezifischer Betreuungskonzepte (1). Myokarditis und andere kardiale Komplikationen wurden zwar häufig thematisiert, betreffen jedoch nur eine kleine Subgruppe. Vielmehr rücken Symptome wie Fatigue, „brain fog“ und psychische Belastung in den Vordergrund. Diese Aspekte entziehen sich häufig einer rein organmedizinischen Diagnostik, beeinflussen den Trainingsalltag aber erheblich.
In Summe zeigen die aktuellen Daten, dass trotz milder Verläufe Athletinnen und Athleten nicht zu früh in das intensive Training und den Wettkampfbetrieb zurückkehren sollten und längerfristige funktionelle Leistungseinbußen möglich sind – vor allem bei Frauen. Sinnvoll wäre eine fundierte Diagnostik, die neben klassischen Parametern wie Lungenfunktion, EKG und Echokardiografie auch psychische und funktionelle Aspekte einbezieht. Die Rückkehr in den Trainings- und Wettkampfbetrieb sollte daher auf Basis individueller Belastbarkeit, symptomorientierter Diagnostik und sportartspezifischer Risiken erfolgen.
■ Hutterer C
Eine Übersicht aller Beiträge der DZSM zum Thema „COVID-19“ finden Sie hier
Quellen:
Ceglie N, Petito A, Cibelli G. Return to play of young and adult professional athletes after COVID-19: A scoping review. J Exerc Sci Fit. 2024; 22: 208–20. doi:10.1016/j.jesf.2024.03.005
Diebold K, Zacher J, Baum K, Reuter H, Schneeweis C, Schramm T, et al. Long-term clinical outcome and exercise capacity in SARS-CoV-2-positive elite athletes. Ger J Exerc Sport Res. 2025; 55: 254–61. doi:10.1007/s12662-025-01024-1
Widmann M, Gaidai R, Schubert I, Grummt M, Bensen L, Kerling A, et al. COVID-19 in Female and Male Athletes: Symptoms, Clinical Findings, Outcome, and Prolonged Exercise Intolerance—A Prospective, Observational, Multicenter Cohort Study (CoSmo-S). Sports Med. 2024; 54: 1033–49. doi:10.1007/s40279-023-01976-0