Instabile Knöchelfrakturen – Spezielle Kontaktgipstechnik als Alternative zur OP

Instabile Knöchelfrakturen – Spezielle Kontaktgipstechnik als Alternative zur OP
© JanMika / Adobe Stock

Instabile Frakturen des Sprunggelenks werden nach wie vor überwiegend chirurgisch versorgt. Standardmäßig kommt bei dieser Art von Verletzung die offene Repositionierung zum Einsatz, gefolgt von interner Fixation mittels Schrauben und Platten. Die sehr gute Stabilisierungswirkung dieses Vorgehens bei Knöchelfrakturen ist unumstritten, jedoch geht jede Operation grundsätzlich mit Risiken von Narkose bis Infektion einher. Wundheilungsstörungen, anhaltende Weichteilschwellungen, Implantatlockerungen und erschwerte Operationsbedingungen, etwa durch Komorbiditäten wie Diabetes mellitus oder Osteoprose, sind bei Patienten höheren Alters keine Seltenheit. Um solche Gefahren speziell bei älteren Patienten zu minimieren, empfehlen schottische Frakturexperten in bestimmten Fällen eine minimalinvasive Stabilisation via Fibulanagel und Verschlussschrauben. Diese Methode verringert das Infektionsrisiko bereits signifikant und ermöglicht die frühe Wiederaufnahme von Mobilisierungsmaßnahmen. Wollte man noch einen Schritt weiter gehen, etwa weil der Allgemeinzustand des Patienten eine Operation nicht zulässt oder Vorerkrankungen unüberwindbare Schwierigkeiten bereiten, blieb bisher nur die konservative Behandlung mit Gips und Schiene – was bei instabilen Frakturmustern jedoch beinahe unweigerlich zu Funktionalitätseinschränkungen führte.

Alternativ dazu bietet sich ein spezielles Gipsverfahren an. Beim Close Contact Casting (CCC) formt der Arzt den Kunststoffgips so eng am Unterschenkel an, dass er den Bruch von außen maximal fixiert und dieser ungestört heilen kann. Die Fraktur wird vorher unter Allgemein- oder Spinalanästhesie geschlossen repositioniert. Dann wird, nach wie vor unter Betäubung, ein synthetischer Stützstrumpf angelegt; alle vorstehenden knöchernen Strukturen sowie die empfindliche Achillessehne erhalten druckmindernde Polsterungen. Über zwei selbstklebende »Sägeschutz-Streifen« in voller Länge des letztlichen Casts folgt eine überlappungsfreie Lage Baumwollbandage und darüber schließlich der eigentliche, eng anliegende Gipsverband. Eine abschließende Schicht Soft Cast Casting Tape verstärkt und schützt den fertigen Gips. Das gegipste Bein darf im Anschluss vier Wochen lang nicht belastet werden. Je nach Ermessen des Chirurgen wird nach sechs bis acht Wochen die Belastung sukzessive auf 100 Prozent gesteigert.

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Vergleich operierte Knöchelfrakturen mit dem Close-Contact-Casting-Verfahren

Eine randomisierte Multicenter-Studie an 620 Probanden (alle älter als 60 Jahre) am John Radcliffe Hospital, Oxford, hat jetzt die Heilungsverläufe operierter Sprunggelenkfrakturen mit dem CCC-Verfahren verglichen (1). Die Studienautoren berichten von ermutigenden Ergebnissen: Mittels CCC werden im Durchschnitt Reduktionen erreicht, die weitgehend an die operative Versorgung heranreichen. Postoperative Komplikationen konnten durch die Technik gleichzeitig auf ein Minimum reduziert werden. Die wichtigste Vergleichsgröße ist in solchen Studien der Olerud-Molander-Ankle-Score (OMAS), der auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten Faktoren wie Schwellung, Schmerz, Steifheit und Bewegungsbefähigungen wie Laufen, Treppensteigen etc. misst. Punktdifferenzen von bis zu 6 gelten als gutes Ergebnis. CCC liegt demnach nur 1,5 Punkte hinter einer Operation (vgl. Tabelle).

Besonders bei geriatrischen Sprunggelenkfraktur-Patienten stellt das Close Contact Casting eine angemessene Alternative zur Operation dar. Kleinere Abweichungen in der Knochenkongruenz fallen in der Altersgruppe 60+ offenbar weniger ins Gewicht, während die erhöhte Gefahr von Implantatlockerungen und Infektionen vermieden wird. Kritiker wenden allerdings ein, dass bereits kleine Abweichungen zwischen Tibia und Talus die im Sprunggelenk wirkenden Kräfte grundlegend verändern und letztlich zu posttraumatischer Arthrose führen können. Hier sind wohl noch weitere Forschungen notwendig, um je nach Fall die richtige Entscheidung zwischen CCC und Operation zu treffen.

Bild CCC-Verfahren vs Operation
© DZSM 2017

Kura L

Quellen:

  1. Willett K, Keene DJ, Mistry D, Nam J, Tutton E, Handley R, Morgan L, Roberts E, Briggs A, Lall R, Chesser TJ, Pallister I, Lamb SE; Ankle Injury Management (AIM) Trial Collaborators. Close Contact Casting vs Surgery for Initial Treatment of Unstable Ankle Fractures in Older Adults. A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2016; 316: 1455–1463. doi:10.1001/jama.2016.14719