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Fortsetzung Hochintensives Intervalltraining: HIIT in Kindersport und Therapie

HIIT im therapeutischen Setting

Hochintensives Intervalltraining hat in den letzten 15 Jahren nicht nur Einzug in den (Nachwuchs-)Leistungs- und Breitensport gehalten, auch in der Therapie verschiedener Erkrankungen wird das Potenzial der Methode erforscht. So zeigten Sperlich und Kollegen, dass ein dreimaliges wöchentliches HIIT-Programm mit vierminütigem Aufwärmen und dreiminütigen Intervallen bei Kindern mit ADHS im Vergleich mit 60-minütigem Ausdauertraining (Ballspiele, Mannschaftsspiele oder Klettern), die motorischen Fähigkeiten, das Selbstbewusstsein, die allgemeine Lebensqualität, die Kompetenz und auffällig stark die Aufmerksamkeit verbesserte (6).

Auch in der Therapie anderer Erkrankungen kann HIIT mit Erfolg eingesetzt werden. »Wichtig ist, dass die Patienten im Vorfeld eine sportmedizinische Untersuchung durchführen, um ihre Belastbarkeit zu prüfen und damit je nach Erkrankung beim Training gegebenenfalls eine Überwachung stattfindet«, betont Prof. Dr. Andreas Nieß, Ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin des Universitätsklinikums Tübingen. Dies gilt insbesondere bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen, z. B. nach Myokardinfarkt, chronischer Herzinsuffizienz oder nach Apoplex. Dass HIIT innerhalb kurzer Zeit deutliche Effekte auf die Leistungsfähigkeit, besonders auf die VO2max hat, ist unstrittig. Für andere krankheitsrelevante Zielgrößen ist der Vorteil des
HIIT gegenüber der Dauermethode weniger klar gesichert.

So haben Studien, die HIIT mit einem klassischen niedrigintensiven Ausdauertraining verglichen haben, gezeigt, dass das intensive Intervalltraining nicht grundsätzlich überlegen ist. Eine Metaanalyse (7), die für KHK-Patienten HIIT mit einem klassischen Ausdauertraining verglich, fand heraus, dass sich zwar die VO2max unter HIIT deutlich verbesserte, doch auf Ruhepuls, Blutdruck und BMI das Ausdauertraining günstiger wirkte. Unklar ist, ob ein möglicher Vorteil des HIIT sich auch über längere Trainingszeiträume abbilden lässt. Hierzu fehlen im Moment die Studien.

Prof. Dr. Andreas Nieß, Ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin des Universitätsklinikums Tübingen
Prof. Dr. Andreas Nieß, Ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin des Universitätsklinikums Tübingen © Nieß

Eine generelle Empfehlung an alle Patienten, HIIT der Dauermethode vorzuziehen, möchte Prof. Nieß nicht aussprechen: »Für ein individuelles Training müssen immer die Grunderkrankung, die laufende Therapie, die Ausgangsfitness und mögliche orthopädische Probleme beachtet werden. Auch die Vorkenntnisse und Vorlieben der Patienten sind wichtig. Wenn der Person Intervalltraining mehr liegt als Ausdauertraining, ist es naheliegend, dieses bevorzugt anzuwenden. Umgekehrt kommen manche Patienten mit dem HIIT nicht zurecht.«

HIIT ist ohne Zweifel ein weiteres wertvolles Trainingsinstrument in Prävention und Therapie. Es isoliert anzuwenden, ist für die meisten Personen wohl nicht zielführend. Eine Kombination mit der Dauermethode, aber auch mit weiteren Trainingsinhalten ist wahrscheinlich empfehlenswerter.

Wie anfangen?

Leistungssportler sind gut überwacht und betreut, Patienten ebenfalls. Wie aber gehen Freizeitsportler vor, die HIIT machen möchten? Grundsätzlich sollte, wenn das erste Mal Sport getrieben oder nach längerer Pause wieder begonnen wird, eine sportmedizinische Untersuchung durchgeführt werden, um mögliche Kontraindikationen für Sport allgemein oder eine bestimmte Belastungsform zu entdecken. Die Ergometrie hilft zudem bei der individuellen Festlegung der Trainingsintensitäten im HIIT. »Dann sollte eine Beratung durch einen ausgebildeten Trainer erfolgen, um das Programm so zu begleiten, damit der Trainingsaufbau gelingt«, sagt Prof. Nieß. Auch die Sportart muss berücksichtigt werden. »Beim Joggen kann es leichter zu Überlastungsreaktionen des Bewegungsapparats kommen als beim Radfahren. Insgesamt gibt es aus den HIIT-Studien aber keine Hinweise auf eine höhere Verletzungsrate«, betont der Sportmediziner.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Baquet G, Dupont G, Gamelin FX, Aucouturier J, Berthoin S. Active Versus Passive Recovery in High-Intensity Intermittent Exercises in Children: An Exploratory Study. Pediatr Exerc Sci. 2019; 31: 248-253. doi:10.1123/pes.2018-0218

  2. Birat A, Bourdier P, Piponnier E, Blazevich AJ, Maciejewski H, Duché P, Ratel S. Metabolic and Fatigue Profiles Are Comparable Between Prepubertal Children and Well-Trained Adult Endurance Athletes. Front Physiol. 2018; 9: 387. doi:10.3389/fphys.2018.00387

  3. Brenner JS; American Academy of Pediatrics Council on Sports Medicine and Fitness. Overuse injuries, overtraining, and burnout in child and adolescent athletes. Pediatrics. 2007; 119: 1242-5. doi:10.1542/peds.2007-0887

  4. Engel FA, Sperlich B. (Hoch-)intensives Intervalltraining mit Kindern und Jugendlichen im Nachwuchsleistungssport. Wien Med Wochenschr. 2014; 164: 228-238. doi:10.1007/s10354-014-0277-x

  5. Hebestreit H, Mimura K, Bar-Or O. Recovery of muscle power after high-intensity short-term exercise: comparing boys and men. J Appl Physiol. 1993; 74: 2875-80

  6. Liou K, Ho S, Fildes J, Ooi SY. High Intensity Interval versus Moderate Intensity Continuous Training in Patients with Coronary Artery Disease: A Meta-analysis of Physiological and Clinical Parameters. Heart Lung Circ. 2016; 25: 166-74. doi:10.1016/j.hlc.2015.06.828