E-Biker verletzen sich schwerer. Warum?

E-Biker verletzen sich schwerer. Warum?
© Patrizia Tilly / Adobe Stock

Eine Studie aus den USA zeigte kürzlich, dass sich E-Biker bei Unfällen schwerer verletzen und länger im Krankenhaus behandelt werden müssen als konventionelle Radler (3). Einige Studien aus Europa zeigen ähnliche Ergebnisse (1, 2). Doch woran liegt das? Häufig wird vermutet, dass die höhere Geschwindigkeit von E-Bikes für die Schwere der Unfälle verantwortlich ist. Dies kann jedoch bislang nicht durch empirische Untersuchungen gestützt werden, da es noch zu wenig Daten über die Auswirkungen der Geschwindigkeit von Radfahrern auf die Schwere von Verletzungen gibt. Schaut man sich die vorhandenen Werte jedoch genauer an, rücken noch andere Risikofaktoren ins Blickfeld.

Schwere und tödliche Verletzungen sind bei E-Bikern häufiger

Zwar ist die absolute Zahl an tödlichen Verletzungen bei herkömmlichen Radfahrern höher. Bezogen auf die Menge der Fahrradhalter führen E-Biker die traurige Statistik deutlich an (2) (Abbildung 1). Dennoch ist das allgemeine Verletzungsrisiko gegenüber herkömmlichen Radfahrern nicht bedeutsam erhöht. In unterschiedlichen Auswertungen zeigte sich, dass bestimmte Faktoren berücksichtigt werden müssen. Bezieht man das Ausmaß der Exposition (Häufigkeit und Dauer des Radfahrens), die zurückgelegte Strecke, Alter, Gesundheit und Geschlecht mit ein, nähern sich die Risiken an. Darüber hinaus ist auch die Attraktivität von Elektrofahrrädern für neue Nutzer eine relevante Größe.

Chart: tödliche Unfälle E-Biker pro eine Million Fahrradbesitzer
Abbildung 1: Anzahl tödlicher Unfälle mit einem herkömmlichen Fahrrad oder E-Bike pro einer Million Fahrradbesitzer in den Niederlanden. Adaptiert aus (2). © DZSM 20241

Alter als wichtigster Risikofaktor

Das Alter hat sich als wichtigster Faktor für schwere Radunfälle herauskristallisiert. Während jüngeren Altersgruppen übermäßiges Selbstvertrauen zum Verhängnis werden kann, können ältere Radfahrer aufgrund körperlicher und geistiger Beeinträchtigungen Schwierigkeiten mit der Handhabung von Elektrofahrrädern haben. Mit dem Alter häufig einhergehende geringere Muskelmasse kann sich negativ auf die Kraft des Fahrers und seine Fähigkeit auswirken, sich bei einem Aufprall abzustützen oder abzurollen. Ältere Radfahrer können zudem eine langsamere Reaktionszeit haben, was Unfälle begünstigt – egal ob bei der Nutzung eines E-Bikes oder eines gewöhnlichen Fahrrades. Höheres Alter ist außerdem wegen Alterserkrankungen wie Osteoporose und Gebrechlichkeit bei einem Sturz mit schwereren Folgen verbunden. Zuletzt könnte das höhere Gewicht von Elektrofahrrädern ebenfalls ein Risikofaktor sein, aber Studien haben gemischte Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs von Gewicht und Sturzrisiko gezeigt (2). Insgesamt scheint das erhöhte Unfallrisiko von Elektrofahrrädern vor allem durch Faktoren wie Alter und Exposition beeinflusst zu werden und weniger durch den Fahrradtyp selbst.

Unterschiedliche Verletzungsmuster

Eine Untersuchung aus der Schweiz (1) hat sich die Unterschiede in den Verletzungsmustern bei konventionellen und E-Bike-Fahrern im Detail angesehen:

Krankenhausaufenthalte: E-Biker mussten signifikant häufiger ins Krankenhaus eingeliefert werden als konventionelle Radfahrer (48 Prozent vs. 24 Prozent).

Verletzungsschwere: E-Biker hatten einen schlechteren Injury Severity Score (ISS) als konventionelle Radfahrer (Median 3 vs. 1).

Alter: E-Biker waren deutlich älter als konventionelle Radfahrer, mit einem Durchschnittsalter von 60 Jahren im Vergleich zu 45 Jahren.

Betroffene Körperregionen: Die am stärksten betroffenen Körperregionen waren die Extremitäten und die äußere Haut, mit ähnlicher Verteilung in beiden Gruppen. Bei den E-Bikern traten jedoch häufiger gleichzeitig Verletzungen des Thorax/Brustkorbs und der äußeren Haut auf.

Muskelmasse und Kraft: Geringere Muskelmasse und Kraft im Alter vermindert die Fähigkeit des Fahrers, sich bei einem Aufprall abzustützen.

In der Untersuchung von Williams et al. (3) war der Kopf sowohl bei normalen Radfahrern als auch bei E-Bikern (52 Prozent vs. 60,4 Prozent) am häufigsten verletzt, gefolgt vom Gesicht (34,0 Prozent vs. 26,9 Prozent) und Nacken (5,1 Prozent vs. 7,1 Prozent). Ebenfalls häufig sind innere Verletzungen, Gehirnerschütterungen und Frakturen.

Abschließend betonen die Studien, wie wichtig die Berücksichtigung von Exposition, die Kontrolle von Störfaktoren, das Verständnis des Nutzerverhaltens und die Analyse der Verletzungshäufigkeit sind, um die Sicherheit von Elektrofahrrädern im Vergleich zu herkömmlichen Fahrrädern umfassend zu bewerten.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Berk T, Halvachizadeh S, Backup J, Kalbas Y, Rauer T, Zettl R, Pape HC, Hess F, Welter JE. Increased injury severity and hospitalization rates following crashes with e-bikes versus conventional bicycles: an observational cohort study from a regional level II trauma center in Switzerland. Patient Saf Surg. 2022; 16: 11. doi:10.1186/s13037-022-00318-9

  2. Westerhuis F, Nuñez Velasco P, Schepers P, de Waard D. Do electric bicycles cause an increased injury risk compared to conventional bicycles? The potential impact of data visualisations and corresponding conclusions. Accid Anal Prev. 2024; 195: 107398. doi:10.1016/j.aap.2023.107398

  3. Williams LC, Kafle S, Lee YH. Trends in Head and Neck Injuries Related to Electric Versus Pedal Bicycle Use in the United States. Laryngoscope. 2023. doi:10.1002/lary.31213