Die wichtige Rolle der Familie für kindliche körperliche Aktivität

Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Kurzbeitrag) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.

Die wichtige Rolle der Familie für kindliche körperliche Aktivität
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Die wichtige Rolle der Familie für kindliche körperliche Aktivität – Lücken in deutscher Forschung

Ausreichende, regelmäßige körperliche Aktivität ist für eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung. Dennoch ist ein zu großer Anteil der Kinder und Jugendlichen zu wenig aktiv. Vor diesem Hintergrund wurden die sogenannten „Report Cards“ (in Deutschland: Bewegungszeugnis) initiiert, die in regelmäßigen Abständen erstellt werden. Ziel der Report Cards ist es, den Status Quo in Bezug auf die körperliche Aktivität von Kindern und Jugendliche länderspezifisch zusammenzufassen und die beeinflussenden Rahmenbedingungen anhand von Indikatoren zu bewerten. Die Report Cards dienen als Ausgangspunkt für die Steuerung und Koordination von gesundheits- bzw. bewegungsfördernden Maßnahmen. Deutschlands erstes „Bewegungszeugnis“ fasste 2018 die Ergebnisse deutscher Forschung zusammen.

Die Bedeutung der Familie für die körperliche Aktivität von Kindern

Die Familie spielt in Bezug auf das Aktivitätsverhalten eine Schlüsselrolle. Die familiäre Lebenswelt ist ein entscheidender Bezugspunkt für die Entwicklung von Verhaltensweisen, Werten und Einstellungen. Die Forschung auf dem Gebiet der körperlichen Aktivität konzentriert sich hauptsächlich auf den Einfluss der Eltern auf die körperliche Aktivität der Kinder. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere unterschiedliche Erziehungspraktiken (im Englischen: parenting practices; z.B. Unterstützungs- oder Modellverhalten) untersucht. In Anbetracht der Schlüsselrolle der Familie / Eltern für die körperliche Aktivität von Kindern und Jugendlichen ist die Aufnahme des Indikators „Familie“ in das Zeugnis ein wichtiger Schritt. Im ersten deutschen Bewegungszeugnis von 2018 wurde dieser Indikator mit einer 2- bewertet. Für das kommende Bewegungszeugnis 2022 wurde nun eine erneute Suche nach empirischer Evidenz aus deutschen Studien durchgeführt.

Deutsche Forschung zu familiären Einflüssen auf körperliche Aktivität

Insgesamt spiegeln die Befunde aus den vorhandenen deutschen Studien die wichtige Rolle der Familie wider. Allerdings wurden in der Gesamtschau der Studien und Berichte Schwachstellen deutlich: es mangelt an geeigneten Kohorten, die Nutzung von subjektiven Messinstrumenten und die Operationalisierung von Konstrukten wie der elterlichen Unterstützung sind inkonsistent und heterogen und es liegen keine Längsschnittdaten vor. Vergleiche, Schlussfolgerungen und Empfehlungen sind daher schwierig. Was besonders auffällt ist, dass keine der gefundenen Studien tatsächlich auf den komplexen Einfluss der Familie oder der Eltern für die körperliche Aktivität von Kindern fokussiert. Einzelne familiäre Faktoren werden isoliert und in einem Konglomerat aus verschiedensten Determinanten untersucht. Daher wissen wir immer noch zu wenig über die komplexe Beziehung zwischen familiären / elterlichen Faktoren und dem Bewegungsverhalten von Kindern. Im Vergleich zur internationalen Forschung hinkt Deutschland hinterher.

Fazit für die Praxis

- Die familiäre Lebenswelt spielt für das Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen eine entscheidende Rolle.

- Die Entwicklung, Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Bewegungsförderung von Kindern und Jugendlichen setzt ein fundiertes Wissen zu relevante familiären Einflüssen und förderlichen bzw. hinderlichen familiären Lebenswelten voraus.

- Wir benötigen methodisch saubere und theoretisch fundierte Studien, die den Einfluss der familiären Lebenswelt auf das Aktivitätsverhalten von Kindern differenziert untersuchen.

- Solche Studien sollten so konzipiert sein, dass sie sich auf „Familie“ als zentrales Forschungsthema in Bezug auf die körperliche Aktivität von Kindern konzentrieren, um der Komplexität gerecht zu werden.

■ Kobel S, Niermann C

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