Bandverletzungen: Wie aussagekräftig sind Funktions- und Palpationstests?

Bandverletzungen: Wie aussagekräftig sind Funktions- und Palpationstests?
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Verstauchungen des Sprunggelenks sind häufige akute Verletzungen des Bewegungsapparats. Unzureichend behandelt, kann sich aus einer scheinbar harmlosen Verletzung eine chronische Instabilität des Knöchels entwickeln. Es kristallisiert sich heraus, dass eine schlechte Prognose auch auf eine unzureichende klinische Untersuchung zurückzuführen ist. Bislang war unklar, ob mit den gängigen klinischen Testmethoden Bandverletzungen bzw. Mikroinstabilitäten am oberen oder unteren Sprunggelenk ausreichend genau erkannt werden. Ein schwedisches Forscherteam hat sich in einem systematischen Review mit Meta-Analyse die gängigen Tests im Vergleich zum Referenzstandard (Arthrogramm, Arthroskoie, MRT, Belastungsradiografie, Operation, Ultraschall) angesehen. 14 Studien mit 6302 Beobachtungen über 9 klinische Tests wurden ausgewertet (1).

Sensitivität und Spezifität der Tests sehr unterschiedlich

Bei Verdacht auf eine Verletzung der seitlichen Bänder des oberen (Ligamentum talofibulare anterius, Ligamentum calcaneofibulare, Ligamentum talofibulare posterius) bzw. unteren Sprunggelenks (Ligamentum talocalcaneum interosseum, zervikales Band, vorderes Kapselband) lautet die aktuelle Empfehlung, Palpationen und manuelle Belastungstests, z. B. Schubladentest, Talar-Tilt-Test) durchzuführen.

Das Ligamentum talofibulare anterius (vorderes Außenband) ist das schwächste Seitenband und in ca. 80 Prozent der Knöchelverstauchungen betroffen. Die Autoren folgern aus ihrer Analyse, dass eine Kombination aus Palpation – Schmerzempfindlichkeit egal an welcher Stelle zeigt bei der Palpation einen positiven Befund an (hochsensibel) – und anteriorem Schubladentest (hochspezifisch) notwendig ist, um zwischen verletztem und unverletztem Patienten zu unterscheiden. Auch ein „umgekehrter“ Schubladentest, bei dem das Schienbein auf einem festen Absatz nach hinten geschoben wird, führt zu genauen Ergebnissen. Die Genauigkeit wird weiter erhöht, wenn der Test erst nach der akuten Phase (bis 48 Stunden nach der Verletzung) durchgeführt wird (2-7 Tage).

Lücke in der Diagnostik von Bandverletzungen

Das Ligamentum calcaneofibulare spielt für die laterale Stabilität eine wichtige Rolle. Die Palpation ist jedoch schwierig, weil es über weite Strecken von Peronealsehnen überlagert ist. Der Talat-Tilt-Test hingegen weist eine ausgezeichnete Spezifität auf und ist nützlich, um eine Verletzung des Bandes auszuschließen. Leider gibt es jedoch keinen sensitiven Test, der Bandverletzungen spezifisch anzeigt. Sie bleibt bei der klinischen Untersuchung wahrscheinlich verborgen. Auch für die Bänder des unteren Sprunggelenks fanden sich keine klinischen Tests, die für die Diagnose von Bandverletzungen in diesem Bereich geeignet sind. Das ist problematisch, weil nicht zwischen einer isolierten oder kombinierten Bandverletzung unterschieden werden kann, was jedoch für eine Behandlungsentscheidung und die Prognose von großer Bedeutung ist. Ergänzende bildgebende Verfahren, insbesondere MRT, Ultraschall oder Belastungsradiografie, erhöhen dank hoher Sensitivität (81-99 Prozent) und Spezifität (79-91 Prozent) die diagnostische Genauigkeit.

Verletzungen der Syndesmose, die ebenfalls im Zusammenhang mit Verstauchungen auftreten können, werden durch alternative klinische Tests beurteilt (siehe 2).

■ Hutterer C

Quellen:

  1. Netterström-Wedin F, Matthews M, Bleakley C. Diagnostic Accuracy of Clinical Tests Assessing Ligamentous Injury of the Talocrural and Subtalar Joints: A Systematic Review With Meta-Analysis. Sports Health. 2022; 14: 336-347. doi:10.1177/19417381211029953

  2. Sman AD, Hiller CE, Refshauge KM. Diagnostic accuracy of clinical tests for diagnosis of ankle syndesmosis injury: a systematic review. Br J Sports Med. 2013; 47: 620-8. doi:10.1136/bjsports-2012-091702