Zu welcher Tageszeit ist Training am effektivsten?
Immer wieder stellen Athleten, Trainer und Sportmediziner die Frage nach der idealen Trainingstageszeit. Natürlich wäre es ideal, wenn man hier eine pauschale Empfehlung aussprechen könnte – aber ganz so einfach ist es leider nicht, weil die bisherige Evidenz noch an Schlüssigkeit vermissen lässt. Ein internationales Team aus Sport- und Schlafmedizinern hat deshalb in einer großen systematischen Übersichtsarbeit mit Metaanalyse verschiedene Interventionsstudien auf den Prüfstand gestellt (1).
22 randomisiert-kontrollierte Studien mit insgesamt 713 Teilnehmern flossen in die Analyse ein. Bei den Probanden herrschte große Heterogenität: Von jungen Sportstudenten, Kindern und sportlich aktiven oder jedoch inaktiven Erwachsenen bis zu gesunden älteren Menschen und Typ-2-Diabetikern waren sehr unterschiedliche Bevölkerungsgruppen vertreten. Auch bezüglich der Studienkriterien gab es nur wenige gemeinsame Nenner. Letztlich mussten die Interventionen aus Ausdauer- und/oder Krafttraining mit mindestens zwei Übungseinheiten pro Woche (median 2,7) über zwei Wochen oder länger bestehen (median 9,1 Wochen), die an mindestens zwei unterschiedlichen Tageszeiten absolviert wurden. Das Ausdauertraining bestand je nach Studie aus Laufen, Radfahren, Schwimmen oder einer Kombination dieser Bewegungsarten. Beim Krafttraining wurden entweder Unter- oder Oberkörper oder beide Regionen gleichermaßen beansprucht. Primäre Ziele waren potenzielle Auswirkungen der Trainingstageszeit auf körperliche Leistungsfähigkeit, Kraft, allgemeine Fitness, anthropometrische sowie kardiovaskulär-metabolische Daten.
Mehrere physiologische Funktionen sind nachweislich von endogenen zirkadianen Schwankungen abhängig, darunter Körperkerntemperatur, kardiometabolische und endokrine Funktionen, Atemkontrolle und subjektive Wachsamkeit. Die Annahme, dass auch die sportliche Leistung oder gesundheitliche Faktoren hiervon idealerweise positiv betroffen sein könnten, liegt da nahe.
In der qualitativen Ergebnissynthese der vorliegenden Studie zeigte sich bezüglich anthropometrischer Daten kein Einfluss der Trainingstageszeit. Für manche leistungsbezogenen Ergebnisse fanden einige Studien zunächst signifikant erscheinende Unterschiede auf die sportliche Performance – doch diese verloren ihre Aussagekraft, als klar wurde, dass der Vorteil ausschließlich dann bestand, wenn die Tageszeit von Training und Leistungstestung übereinstimmten. Bessere, jedoch nur moderate Ergebnisse in der Sprungleistung bei Vormittagstraining ergab lediglich eine einzige sehr heterogene Studie. Nur gesundheitliche Parameter wie der systolische Ruheblutdruck, Triglyceride und Nüchternglukose scheinen tatsächlich signifikant mehr von abendlichem Training zu profitieren.
Zusätzlich zur primären Metaanalyse führten die Forscher eine zweite explorative Metaanalyse an den Kategorien Kraft und Sprunghöhe durch. Dabei fiel auf, dass positive Effektgrößen nur dann entstanden, wenn das jeweilige Setting kongruent war, d. h. die verordnete Trainings- mit der abschließenden Testtageszeit übereinstimmte. Inkongruente Settings ergaben keine messbaren Wechselwirkungen. Im Detail betrug die Effektgröße (MD) eines kongruenten Trainings hinsichtlich Kraft 0,22 (95%-KI: 0,15 bis 0,49) und bezüglich der maximalen Sprunghöhe 0,71 (95%-KI: 0,00 bis 1,42) ohne Nullwert. Dabei schien die Kraftzunahme etwas mehr von abendlichem Training zu profitieren (MD 0,13, 95%-KI: -0,24 bis 0,50), während morgens trainierende Probanden minimal größere Sprunghöhen erreichten (MD -0,38, 95%-KI: -0,83 bis 0,07).
Fazit: Auch wenn es keine belastbaren Hinweise auf über- oder unterlegene Übungstageszeiten gibt, scheinen Leistungstests doch vorteilhafter auszufallen, wenn kongruent trainiert wird. Kurz: Wer weiß, dass ein Wettkampf morgens stattfindet, tut gut daran, auch morgens darauf zu trainieren.
■ Kura L
Quellen:
Bruggisser F, Knaier R, Roth R, Wang W, Qian J, Scheer FAJL. Best Time of Day for Strength and Endurance Training to Improve Health and Performance? A Systematic Review with Meta-analysis. Sports Med Open. 2023; 9: 34. doi:10.1186/s40798-023-00577-5