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Fortsetzung Wettkampfvorbereitung – Individualität statt Einheitstraining

Kommunikation im Team – das A und O

Der Trainer hat große Verantwortung gegenüber seinen Athleten und ein gutes Verhältnis untereinander ist die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Je nach Sportart oder Leistungsniveau besteht das Team um den bzw. die Athleten aus einem größeren Betreuerstab aus Sportwissenschaftlern, Physiotherapeuten, Trainern mit bestimmten Schwerpunkten und Sportärzten.

Die ewige Angst vor dem Defizit, aber auch (individuell) falsche Trainingsbelastungen sind ein häufiger Grund für schlechte Ergebnisse oder nicht optimalen Formaufbau. Dr. Ulrich Kau, leitender Verbandsarzt des Deutschen Ruderverbands und Verbandsarzt des Deutschen Boxverbands, blickt mit den Augen des Mediziners und als langjähriger Vertrauter für Trainer und Sportler auf das Thema: »Entscheidend ist eine gute Kommunikation zwischen Athlet, Trainer und Arzt. Besteht zu allen Beteiligten ein gutes Vertrauensverhältnis, kommen die Aktiven frühzeitig zu mir oder den anderen Mitgliedern des medizinisch-therapeutischen Teams.« Während der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung zeigt den Betreuern die Frühroutine, bei der jeden zweiten Tag verschiedene Werte gemessen werden, sowie die Laktatwerte bei Belastung an, ob jemand aus der Mannschaft in die Überbelastung rutscht. Auch wenn Verletzungen oder Infekte auftreten, ist Kau der erste Ansprechpartner. »Dann wird gemeinsam besprochen, welche Maßnahmen für den Einzelnen oder die Mannschaft zu treffen sind«, erklärt der Mediziner.

Soft Skills – zwischen Papa und Psyche

»Im obersten Leistungsbereich braucht jeder Athlet jemanden für die Birne, nicht unbedingt für die Beine«, erklärt Al-Sultan. »Viele Athleten brauchen keine Erklärungen, sondern jemanden, der sie bestätigt und begleitet«, erklärt er weiter. Auf der anderen Seite gibt es sehr wohl Athleten, die an die Hand genommen werden müssen; besonders bei jungen Sportlern ist das der Fall, wie Kau weiß: »In der Mannschaft bin ich auch wie ein Papa. Auf der einen Seite öffnen sie ihr Herz und erzählen viel Privates, auf der anderen Seite muss ich darauf achten, dass im Sommer jeder in der Sonne seine Mütze aufhat und rechtzeitig ins Bett geht. Trotz eines so vertrauensvollen und nahen Verhältnisses müssen manchmal auch unliebsame Entscheidungen getroffen werden.«

Bild Ulrich Kau
Dr. Ulrich Kau, leitender Verbandsarzt des Deutschen Ruderverbands und Verbandsarzt des Deutschen Boxverbands © Kau

Individualisierung – aber wie?

Der Ruf nach einer stärkeren Individualisierung der Trainingsinhalte ist weithin zu hören. Umgesetzt wird er im Rahmen des geförderten Leistungssports noch immer zu wenig. Die Frage ist jedoch, wie viel Individualisierung überhaupt nötig und möglich ist. »Individualisierung bedeutet nicht, alles verschieden zu machen, sondern ein grundsätzliches Trainingskonzept individuell anzupassen. Das Ziel besteht darin, limitierende Schwächen der Individuen abzubauen und Stärken beizubehalten oder sogar auszubauen«, erklärt Treff. In einem Editorial der DZSM weist Professor Billy Sperlich (6) darauf hin, dass die Erfassung vielfältiger Biodaten mittels Wearables in Kombination mit der athletennahen Labordiagnostik, der so genannten Point-of-Care-Diagnostik (POCT), Möglichkeiten bietet, Sportler individuell zugeschnittene Programme durchführen zu lassen und über die Auswertung der Daten den Erfolg der Maßnahmen zu verfolgen.

Technische Hilfsmittel sind immer nur dann hilfreich, wenn auch geeignete Daten extrahiert und in ein Trainingsprogramm übersetzt werden. Zweifellos erfordert das von Trainern und Betreuern neues Wissen, ein Umdenken und größere Flexibilität. Doch es wäre im Sinne aller Beteiligten, dass Sportler, die einen Großteil ihrer Zeit in eine sportliche Karriere investieren und manchmal sogar in der Schul- und Berufsausbildung zurückstecken (müssen), das Training bekommen, das ihnen beste Voraussetzungen für optimale Leistungen bietet. Im Idealfall unterstützt ein gut funktionierendes System aus Trainer und Betreuern die Athleten mit einem jeweils höchst individuell angepassten Training.

Hutterer C

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Quellen:

  1. Buchheit M. Want to see my report, coach? Sport science reporting in the real world. Aspetar. Sports Medicine Journal. 2017; 2: 36-43.

  2. Bundesministerium des Inneren. Die Finanzierung des Sports. [letzter Zugriff: 07.02.2018]

  3. Hottenrott K. Potenziale der Individualisierung im Sport und Gesundheitscoaching stärker nutzen. Dtsch Z Sportmed. 2017; 68: 187-188. doi:10.5960/dzsm.2017.294

  4. Hottenrott K, Braumann KM. Aktuelle Situation im deutschen Spitzensport. Sportwiss. 2015; 45: 111-115. doi:10.1007/s12662-015-0372-1

  5. Muckenhaupt M, Grehl L, Lange J, Knee R. Wissenskommunikation und Wissensmanagement im Leistungssport. Empirische Befunde und Entwicklungsperspektiven. Schorndorf: Hofmann Verlag, 2012

  6. Sperlich B. Trainingswissenschaft - Integrativ & Experimentell. Dtsch Z Sportmed. 2016; 67: 25-26. doi:10.5960/dzsm.2016.217