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Wearables – Die Bedeutung der neuen Technologie für die Sportmedizin

Editorial der Ausgabe #12/2016 der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin. Prof. Hans-Christian Heitkamp, Leiter des Ergometrielabores des Sportmedizinischen Instituts an der Universität Paderborn, diskutiert in seinem Beitrag das Für und Wider der Wearables als neue Technologie in der sportmedizinischen Betreuung von Athletinnen und Athleten.

Wearables – Die Bedeutung der neuen Technologie für die Sportmedizin
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Die Digitalisierung macht rasante Fortschritte und dringt in alle Bereiche unserer Gesellschaft. Mit der Entwicklung von tragbaren Geräten zur Registrierung von biologischen Signalen, den sogenannten Wearables, hat sich ein neuer Anwendungsbereich, ein neues Forschungsfeld in der Sportmedizin eröffnet.

Wearables sind komplexe, mit Sensoren ausgestattete Geräte mit geringem Gewicht, die als Arm- oder Stirnband, in Textilien eingearbeitet oder im Ohr getragen werden. In aller Regel ist ein Hautkontakt notwendig. Die Messungen werden mit einer bestimmten „sampling rate“ übermittelt und auf einen Datenträger übertragen. Die Daten können in der Cloud, lokal auf dem Server des Herstellers oder auf dem Smartphone gespeichert werden. Die Online Auswertung ermöglicht ein Biofeedback zur direkten Kontrolle und Optimierung des Trainings. Mit Hilfe dieser Daten kann die Balance zwischen Training und Regeneration optimiert werden, unter der Voraussetzung, dass die Geräte kontinuierlich getragen werden. An dieser Stelle ist der Übergang zwischen der Überwachung des Trainings und der Überwachung des Gesundheitszustands fließend.

In aller Regel enthalten Wearables die Möglichkeit zur Messung der Herzfrequenz und daraus abgeleitet der Herzfrequenzvariabilität. Die seit Jahrzehnten etablierte Herzfrequenzmessung ist optimiert worden. Erst kürzlich wurde ein Gerät der neuesten Generation zur Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität als sehr gut im Vergleich zum Langzeit-EKG validiert (3). Dennoch dürfen die Nachteile dieser Messmethode nicht verschwiegen werden. Das Tragen eines Brustgurtes wird oft als unbequem oder für die Atmung behindernd empfunden. Andere Methoden der Herzfrequenzmessung über die Photoplethysmographie erwiesen sich nur in Ruhe als zuverlässig; in Abhängigkeit von der Photosensibilität der Haut und waren bei hoher Belastung oft ungenau, genauso wie die Pulsoximetrie.

Weiterentwickelt wurde auch die schon seit Jahrzehnten etablierte Messung der Schritte über Akzelerometer, wobei die Genauigkeit erst ab einer mittleren Gehgeschwindigkeit hoch ist. Erweitert wird diese Methode mit der GPS-Technologie; daraus läßt sich die Geschwindigkeit, die zurückgelegte Entfernung und die Beschleunigung genauer messen. Oft können die modernen Geräte Informationen zur Temperatur, Luftfeuchte und Meereshöhe angeben. Es gibt bereits Versuche, die Erhebung dieser für die Sportmedizin so wichtigen Daten zu standardisieren (5).

Die Akzelerometer finden auch Anwendung in der Schlafüberwachung mit einer relativ hohen prozentualen Übereinstimmung mit der Polysomnographie. Allerdings muss auf eine besonders gute Befestigung der Akzelerometer geachtet werden. Die Überwachung der Schlafqualität gibt Aufschluss über die Regeneration des Sportlers. Je besser dieselbe ist, desto höher die nächtliche Wachstumshormon-Ausschüttung.

Bild Hans-Christian Heitkamp
Prof. Dr. Hans-Christian Heitkamp, Universität Paderborn, Fakultät für Naturwissenschaften, Department Sport und Gesundheit © Heitkamp

 

In den letzten 20 Jahren kommen vermehrt in Textilien gewebte Sensoren zum Einsatz, ergänzt bei manchen Anbietern mit Sensoren für Atmung, Körpertemperatur und EKG. Der Einsatz im Sport und in der Sportmedizin hat sich nicht durchgesetzt, zumal bei hohen Belastungen nur bei sehr eng anliegenden Textilien belastbare Ergebnisse zu erreichen sind. Sie finden ihren Einsatz in der Raumfahrt sowie bei chronisch Kranken zur Therapieüberwachung und zur Diagnostik. Das sich rasant entwickelnde Gebiet der Telemedizin hat Schwerpunkte in der Kardiologie, Diabetologie, Pulmologie und Neurologie.

Bei den Möglichkeiten der Wearables, die Information mit gesundheitsrelevanten Daten des Trägers zu kombinieren, ist der Übergang auf Gesundheitsapps von großer Bedeutung. Im letzten Jahr wurden 45,7 Millionen Wearables verkauft, was eine Steigerung um 133% gegenüber 2014 bedeutet. Die technische Qualität der Wearables ist hochgradig unterschiedlich. Am besten werden nur wissenschaftlich evaluierte Geräte eingesetzt. Geht man von mehreren hundert verschiedenen Wearables auf dem Markt aus, so liegt die Zahl der Gesundheitsapps bei 100 000. Nach letzten Schätzungen nutzen etwa 58% aller Smartphone Besitzer eine Gesundheitsapp zeitweise (4).

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