„Rezept für Bewegung“ zeigt Wirkung

„Rezept für Bewegung“ zeigt Wirkung
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Nicht jeder Mensch kann sich selbst zu ausreichender sportlicher Betätigung motivieren. Vielen fällt es schwer, sich zu den von der WHO empfohlenen 150 bis 300 Minuten moderater oder 75 bis 150 Minuten intensiver aerober Aktivität pro Woche durchzuringen. Angesichts der Gesundheitsrisiken, die ein bewegungsarmes Leben nachweislich mit sich bringt, sind entsprechende Motivationsstrategien gefragter denn je. In Deutschland wurde zu diesem Zweck vor vier Jahren das „Rezept für Bewegung“ eingeführt. Ein aktueller britischer Review mit Metaanalyse bescheinigt ärztlich verordneten Aktivprogrammen nun recht gute Effektivität (1).

Die Sportwissenschaftler sichteten 46 randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt 16 198 erwachsenen Teilnehmern. Im Fokus standen die wöchentlichen Bewegungsminuten von Personen, die nach ausdrücklicher ärztlicher Empfehlung aerob trainierten (= Interventionsgruppe) sowie die zweier Kontrollgruppen, die neben ihrer üblichen medizinischen Behandlung kein körperliches Training absolvierten. Neben rein sportbasierten Verordnungen fanden sich unter den Interventionen auch Programme, die Bewegung als sekundäre Maßnahme enthielten. Ausgeschlossen wurden Interventionen ohne dezidierte aerobe Komponenten wie z. B. Tai-Chi oder Yoga. Der Follow-up-Zeitraum der inkludierten Arbeiten betrug einen Monat bis zu fünf Jahre.

Trotz einiger limitierender Faktoren fällt das Fazit des Reviews durchwegs positiv aus. Der durchschnittliche Zuwachs an körperlicher Aktiv-Zeit von wöchentlich 14,4 Minuten in der Interventionsgruppe (95%-KI: 4,2–24,6; p=0,006) mag zwar nicht groß erscheinen, ist aber durchaus signifikant. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund früherer Studien, die aus einer Aktivitätssteigerung von nur zwei Minuten pro Tag eine Mortalitätsreduktion um ganze 11 Prozent ableitete. Zudem war in der Interventionsgruppe die Wahrscheinlichkeit, das von der WHO empfohlene Aktivitätslevel zu erreichen, um 33 Prozent höher als in den Kontrollgruppen.

Erwartungsgemäß hatten Probanden, die ihr Sportpensum per Fragebogen dokumentierten, mit 26 zusätzlichen Wochenminuten höhere Zahlen gemeldet als jene, deren digitaler Bewegungstracker mit durchschnittlich plus 4,1 Minuten keinen statistisch signifikanten Effekt aufzeichnete. Solche Überschätzungen anhand von Eigenberichten sind ein nur schwer zu beseitigender Bias. Kurze ärztliche Empfehlungen hinsichtlich physischer Aktivität könnten hingegen eine Unterschätzung der Ergebnisse zur Folge haben: Ob sie trotz fehlender „offizieller“ Verordnung bereits förderliche Effekte haben, konnte nicht schlüssig ermittelt werden.

Eine klare Aussage machen die Autoren zur Qualität des Arzt-Patienten-Kontakts: Je häufiger der verordnende Arzt im Interventionszeitraum konsultiert wurde (> 5 Kontakte), desto größer war der Erfolg. Weitere Zuwachsraten an wöchentlichen Aktivminuten wurden verzeichnet, wenn die Nachbeobachtungszeit länger als sieben Monate war – vermutlich ein Hinweis auf die Etablierungsdauer neuer Gewohnheiten beim Menschen. Fazit: Das „Rezept für Bewegung“ und andere ärztlich verordnete Sportinterventionsprogramme sind gute Motivationsinstrumente, die im klinischen Alltag durchaus häufiger zum Einsatz kommen dürften.

■ Kura L

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Quellen:

  1. Kettle V E, Madigan C D, Coombe A, Graham H, Thomas J J C, Chalkley A E et al. Effectiveness of physical activity interventions delivered or prompted by health professionals in primary care settings: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ. 2022; 376: e068465. doi:10.1136/bmj-2021-068465