PRP in der Sportmedizin

PRP in der Sportmedizin
© mat / Adobe Stock (KI generiert)

Plättchenreiches Plasma (PRP) gilt als feste Größe in der Orthopädie. Auch in der Sportmedizin sind Injektionen mit PRP längst keine Randerscheinung mehr, wenn es um die Behandlung von Verletzungen an Sehnen und Gelenken geht. Gleichzeitig jedoch spalten Studienergebnisse das Fachpublikum: Während in der Praxis positive Erfahrungen gemacht werden, zeigen große Metaanalysen wie etwa eine kürzlich erschienene Untersuchung im Osteoarthritis and Cartilage Journal nur geringe oder sogar keine Vorteile gegenüber Placebo (3). Woher kommt diese Diskrepanz? Welche Faktoren spielen bei PRP eine Rolle – und was kann man realistischerweise erreichen?

In der Sportmedizin dreht sich alles um die rasche Wieder­herstellung der Belastungsfähigkeit sowie die Minimierung langfristiger Schäden. Gerade bei Sehnen- und Gelenkverletzungen setzen viele Ärzte inzwischen auf PRP als mögliche Ergänzung zur konventionellen Therapie, um Entzündungsprozesse zu modulieren und die Heilung zu fördern. Sowohl im Breiten- als auch im Leistungssport existiert der Wunsch nach rascher, möglichst risikoarmer Regeneration – und hier kommt PRP ins Spiel. Dennoch zeigt ein Blick in die Studienlage: Der klinische Nutzen ist nicht unumstritten.

Diskrepanz zwischen wissenschaftlicher Datenlage und Praxisbeobachtung

Die o. g. Metaanalyse (3) kommt zu dem Schluss, dass PRP-Injektionen bei Arthrose nicht besser abschneiden als Placebo oder Hyaluronsäure. Ähnliche Ergebnisse deuten auch andere Publikationen an (z. B. 1, 2). In der Praxis hingegen berichten Sportmediziner, Orthopäden und Patienten häufig von positiven Effekten – sofern die Indikation und die Art des PRP stimmen. »Wir haben bestimmte Bereiche, wo es wirkt; es gibt andere, wo es wirken könnte, und wieder andere, wo wir das nicht genau beurteilen können«, betont Prof. Dr. Peter Angele, Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Chirurgie sowie Professor für regenerative Gelenktherapie. Auch PD Dr. Daniel Berthold, ebenfalls Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Spezialisierung auf Sportorthopädie und Traumatologie, hebt hervor, dass es nach wie vor an qualitativ hochwertigen randomisierten Studien fehle: »Jeder wendet PRP unterschiedlich an und wir haben nur wenige hochwertige Vergleichsstudien. Genau darin liegt das Problem.«

Prof. Dr. Peter Angele
Prof. Dr. Peter Angele, Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Chirurgie sowie Professor für regenerative Gelenk­therapie in Regensburg © Angele

Varianten der PRP-Zubereitungen

Ein zentrales Problem bei der Wirksamkeits-Beurteilung ist die große Bandbreite an PRP-Präparaten. Die Zusammensetzung variiert von Patient zu Patient, ist abhängig von unterschiedlichen Ernährungsweisen und differiert sogar bei derselben Person je nach Zeitpunkt der Blutabnahme (4). Darüber hinaus unterscheiden sich die Verfahren zur Aufbereitung deutlich: Manche Hersteller setzen auf ein einzelnes Zentrifugationsverfahren, andere arbeiten mit mehreren Zentrifugationsschritten oder verschiedenen Aktivierungsmethoden (4). Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die Konzentration weißer Blutkörperchen (Leukozyten):

■ Leukozytenreiches PRP (LR-PRP): Enthält höhere Mengen an Entzündungszellen, was den Heilungsprozess potenziell ankurbeln, aber auch unerwünschte Reaktionen verstärken kann.

■ Leukozytenarmes PRP (LP-PRP): Reduziert die Anzahl der Leukozyten deutlich und soll nach Aussagen vieler Anwender eine eher dämpfende Wirkung auf Entzündungen im Gelenk entfalten.

Diese Heterogenität erschwert den direkten Vergleich von Studienergebnissen. »Weltweit nutzt jeder unterschiedliche Formulierungen. Wir selbst haben in unserer Praxis auch verschiedene Präparationsformen getestet, um zu wissen, wie wir Patienten am besten behandeln können«, beschreibt Prof. Angele die Problematik. Dr. Berthold ergänzt: »In der Fachwelt ist nicht abschließend geklärt, wann welches PRP-Präparat den größten Nutzen hat – die Variabilität der verwendeten Präparate ist zu groß und die Dokumentation ihrer Wirkung zu uneinheitlich« (vgl. 1, 2).

Regulatorische und methodische Herausforderungen

PRP gilt in Deutschland als Blutprodukt und unterliegt daher strengen Regularien – das erschwert groß angelegte prospektiv-randomisierte Studien. »Die Studien, die wir bräuchten, um die klinischen Anwendungsbereiche besser zu beurteilen, sind aufgrund der Reglementierung im Moment kaum durchführbar«, sagt Prof. Angele. Kurze Beobachtungszeiträume und inhomogene Patientenpopulationen tragen zusätzlich dazu bei, dass in systematischen Reviews und Metaanalysen viele Fragen zur genauen Wirksamkeit von PRP ungeklärt bleiben.

Wo und wie wirkt PRP?

PRP kann in der Sportmedizin verschiedene Ziele erfüllen, etwa die Reduktion von Entzündungsprozessen, Linderung von Schmerzen oder Unterstützung der Eigenheilung (1). Bei folgenden Beschwerdebildern wird es häufig eingesetzt:

Knie

■ Leichte bis mittlere Arthroseformen zur Schmerzminderung und potenziellen Entzündungshemmung

■ Teilrupturen von Kreuzbändern, um den natürlichen Heilungsverlauf zu unterstützen

■ Meniskusläsionen (insbesondere kleinere Einrisse), wenn eine konservative Therapie angestrebt wird

Hüfte

■ Hüftimpingement (CAM- oder Pincer-Typ), um entzündliche Reaktionen zu modulieren und frühzeitige Arthroseprozesse hinauszuzögern

■ Degenerative Veränderungen leichten bis mittleren Ausmaßes, bei denen noch keine vollständige Arthrose vorliegt

Sehnen

■ Patellasehne (»Jumper’s knee«) zur Schmerzreduktion und möglichen Unterstützung der Sehnenstruktur

■ Achillessehnenprobleme (Reizung oder Teilruptur) als ergänzende Maßnahme zu Physiotherapie und Trainingsanpassung

■ Läuferknie (Iliotibialband-Syndrom) an der gereizten Sehnenansatzstelle, in Kombination mit muskulärer Stabilisation

Durch entsprechende Bildgebung, klinische Untersuchung und Verlaufskontrolle lässt sich beurteilen, wann PRP sinnvoll ist und wann gegebenenfalls alternative oder ergänzende Therapiemaßnahmen den Vorrang haben sollten.

Der Hauptnutzen von PRP beruht auf den darin enthaltenen Wachstumsfaktoren und entzündungsregulierenden Proteinen. Diese können körpereigene Heilungsprozesse unterstützen, indem sie Entzündungen dämpfen oder das Regenerationsmilieu verbessern. Eine echte Knorpelneubildung lässt sich dadurch jedoch nicht erzielen. »PRP enthält keine Stammzellen, sondern Zytokine, Wachstumsfaktoren wie TGF-β, VEGF und PDGF sowie entzündungsmodulierende Proteine«, betont Dr. Berthold. Das bedeutet, dass bei fortgeschrittenen degenerativen Schäden keine vollständige Wiederherstellung des Gewebes zu erwarten ist. »Vorrangig erreichen wir eine Schmerz- und Entzündungsreduktion, die nach meiner Erfahrung häufig auch nur vorübergehend ist«, sagt Prof. Angele.

Dr. Daniel Berthold
PD Dr. Daniel Berthold, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Spezialisierung auf Sport­orthopädie und Traumato­logie in München © Berthold

Worauf muss sich ein Patient bei diesem Verfahren einstellen?

Ein gängiges Anwendungsschema von PRP besteht aus zwei bis vier (selten fünf) Injektionen im Abstand von einer Woche. Zeigt sich nach zwei Injektionen keine Besserung, sollte die Fortführung überdacht werden. Bei Kniearthrose oder anderen degenerativen Prozessen kann PRP mit Hyaluronsäure in einer Injektion kombiniert oder auch abwechselnd eingesetzt werden (z. B. erst PRP, dann eine Woche später Hyaluron, anschließend wieder PRP). Laut Prof. Angele ermöglicht dieses Vorgehen in manchen Fällen eine längere Schmerzreduktion.

Neben PRP stehen in der Sportmedizin weitere konservative oder minimalinvasive Ansätze zur Verfügung, die teilweise ergänzt oder kombiniert werden können. Häufig kommt etwa Hyaluronsäure zum Einsatz, die als »Schmiermittel« die Gleitfähigkeit im Gelenk verbessert. Um Schädigungen an Knorpeln oder Gewebe zu beheben, werden Stammzellen eingesetzt, wobei die Anwendung in Deutschland stark reguliert ist. Dr. Berthold erklärt: »Der Einsatz von mesenchymalen Stammzellen ist mit deutlich größerem Aufwand verbunden und nicht für alle Indikationen zugelassen. Sie können Symptome lindern, degenerative Prozesse verlangsamen, aber vermutlich auch keine vollständige Heilung bewirken.« Mesenchymale Stammzellen sollen vor allem Entzündungsprozesse modulieren und degenerative Vorgänge bremsen. Darüber hinaus kann bei Tendinopathien (z. B. an der Achillessehne) eine Stoßwellentherapie helfen, indem sie die Durchblutung fördert und das Gewebe im Sinne eines »Heilreizes« stimuliert. In manchen Praxen wird sie parallel zu PRP angewendet, wenngleich belastbare Studien dazu fehlen.

Früher wurden häufig Kortisoninjektionen als Standardoption eingesetzt. Diese dämpfen zwar nachweislich die Entzündung, können aber bei häufiger Anwendung Knorpel und Sehnengewebe belasten und werden zunehmend von Hyaluronsäure oder PRP verdrängt. Vereinzelt kommen auch Kälberblutpräparate (z. B. Actovegin) oder andere biologische Substanzen zum Einsatz, für die jedoch, ähnlich wie bei PRP, momentan nur eine begrenzte Datenlage zur Verfügung steht.

Quo vadis, PRP?

Obwohl die wissenschaftliche Evidenz zu PRP teils widersprüchlich ist, sind viele Expertinnen und Experten davon überzeugt, dass sich bei richtiger Indikationsstellung und präziser Anwendung positive Effekte erzielen lassen – insbesondere dann, wenn PRP im Gesamtpaket aus Rehabilitation, Physiotherapie und Trainingsoptimierung eingesetzt wird. Prof. Angele betont, dass mehr prospektive randomisierte Studien wünschenswert sind, um Klarheit über die optimale PRP-Zusammensetzung und dessen Wirksamkeit zu schaffen. Standardisierte Protokolle und eine verlässliche Daten­erhebung würde sich auch Dr. Berthold wünschen. Denn sie sind notwendig, damit das volle Potenzial dieser Therapieform gezielt ausgeschöpft werden kann. »Eine PRP-Injektion kostet Patienten durchschnittlich zwischen 150 und 300 Euro und muss derzeit häufig selbst bezahlt werden. Es wäre daher wünschenswert, wenn wir eine noch fundiertere Beratung anbieten könnten«, gibt er zu bedenken.

Eine bessere Standardisierung der PRP-Präparate, klare Indikationsrichtlinien und langfristige Beobachtungszeiträume würden letztlich allen Beteiligten zugute kommen – von Ärzten und Therapeuten bis zu Athleten und Patienten, die sich eine nachhaltige und möglichst schonende Behandlung wünschen. Zu dieser Schlussfolgerung kam auch die deutsche Arbeitsgruppe in ihrem Positionspapier zu PRP: Weitgehende Einigkeit herrscht zwar darüber, dass PRP vor allem bei frühen Arthrosestadien sowie akuten und chronischen Tendinopathien hilfreich sein kann. Doch auch die Mitglieder der Gruppe fordern dringend eine bessere Datengrundlage, Standardisierung und gute Studien (5).

Für Patienten bleibt aktuell vor allem die Hoffnung, dass PRP bei ihren Beschwerden tatsächlich wirkt. Ließe sich das durch solide Studienergebnisse bestätigen, wäre das ein weiterer Schritt in Richtung einer umfassenden individualisierten Sport­medizin.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Collins T, Alexander D, Barkatali B. Platelet-rich plasma: a narrative review. EFORT Open Rev. 2021; 6: 225-235. doi:10.1302/2058-5241.6.200017

  2. Dohan Ehrenfest DM, Andia I, Zumstein MA, Zhang CQ, Pinto NR, Bielecki T. Classification of platelet concentrates (Platelet-Rich Plasma-PRP, Platelet-Rich Fibrin-PRF) for topical and infiltrative use in orthopedic and sports medicine: current consensus, clinical implications and perspectives. Muscles Ligaments Tendons J. 2014; 4: 3-9

  3. Pereira TV, Saadat P, Bobos P, Iskander SM, Bodmer NS, et al. Effectiveness and safety of intra-articular interventions for knee and hip osteoarthritis based on large randomized trials: A systematic review and network meta-analysis. Osteoarthritis Cartilage. 2025; 33: 207-217. doi:10.1016/j.joca.2024.08.014

  4. Platzer H, Kubon KD, Diederichs S, Bork A, Gantz S. Platelet-rich plasma (PRP). Orthopädie. 2025; 52: 907–915. doi:10.1007/s00132-023-04442-x