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Fortsetzung Pro Protein – Proteine und ihre Bedeutung in der Ernährung

Wie viel von was?

In einem komplexen Geschehen wie der Ernährung geht es vor allem um eine ausgewogene Kombination der Nährstoffe und Nahrungsmittel. Doch es stellt sich immer wieder die Frage, wie diese günstige Kombination aussieht. Die Empfehlungen haben sich über die Jahrzehnte zum Teil massiv verändert. Aktuell zeigt eine Untersuchung an rund 15 500 Erwachsenen, dass die Mortalität am geringsten ist, wenn der Kohlenhy­dratanteil der Ernährung knapp unter 50 Prozent liegt (3). Bei einem KH-Anteil von unter 40 oder über 70 Prozent fand sich die größte Mortalität. Zugleich stellten die Wissenschaftler fest, dass eben genau die Kombination mit den übrigen Makronährstoffen eine Rolle spielt.

Wurde das Energiedelta, das durch die Reduktion der KH entstand, durch tierisches Protein und Fett ausgeglichen, stieg die Mortalität, wurde dagegen pflanzliche Kost verzehrt, sank sie. »In den letzten Jahren findet ein ausgeprägtes Umdenken statt. Zwei große Studien, PURE und Predimed, haben gezeigt, dass nicht die Gesamtfettmenge entscheidend ist, sondern es auf die Art der Fette ankommt«, erklärt Prof. Peter Deibert, Ärztlicher Leiter am Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin des Universitätsklinikums Freiburg.

Abnehmen mit Protein – und Sport

Im direkten Zusammenhang mit diversen Krankheitsrisiken steht das Körpergewicht. Übergewicht erhöht das Risiko für Diabetes Typ 2, Brustkrebs, Darmkrebs, das Metabolische Syndrom, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und viele weitere. Daher wüssten viele Menschen gerne, wie eine Gewichtsreduktion möglichst schnell, aber nachhaltig möglich ist. Die Anzahl unterschiedlicher Diäten erzählt von diesem Wunsch. Ein Vergleich der Diätformen zeigte, dass es für die Gewichtsreduktion keine Rolle spielt, ob eine Ernährungsform mit Fokus auf Fetten, Proteinen oder Kohlenhydraten gewählt wird (2). Jede Diät funktioniert nur, wenn die Diätvorschriften eingehalten werden. Dennoch kann es sinnvoll sein, eine Diät mit erhöhtem Prote­inanteil zu wählen. Prof. Deibert, der sich mit seiner Abteilung besonders des Sojas als Proteinquelle angenommen hat, erklärt, warum: »Ein hoher Proteinanteil während einer Diät funktioniert und hat zwei Vorteile. Proteine machen gut und lange satt und führen zu einer geringeren Insulinantwort als Kohlenhydrate. Zugleich verhindert ein hoher Proteinanteil, dass die Muskelmasse während der Diät abnimmt.

Prof. Dr. Peter Deibert, Ärztlicher Leiter Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Freiburg © Deibert

Das ist wichtig, weil die Muskeln zu einem großen Teil an der Kalorienverbrennung beteiligt sind. Je weniger Muskeln, desto geringer ist der Kalorienbedarf. Wird nach einer Diät wieder wie zuvor gegessen, wird man automatisch schwerer als zu Beginn der Diät.« Folglich sollte bei einer Diät zuerst der notwendige Proteinbedarf berechnet werden und die übrigen Makronährstoffe daran angepasst werden. Außerdem ist Sport und besonders Krafttraining während einer Gewichtsabnahme unbedingt notwendig, um den Verlust an Muskelmasse so gering wie möglich zu halten. Prof. Flechtner-Mors empfiehlt in diesem Zusammenhang, oberhalb der Empfehlungen der WHO anzusetzen, nämlich ab 1,0 bis 1,2 g/kg KG.

»Die Untersuchungen über den Nährstoffbedarf wurden eigentlich immer nur an Patienten gemacht. Die ideale Zusammensetzung für einen gesunden Menschen wurde nie richtig untersucht. Wir gehen davon aus, dass 0,8 Gramm die Menge ist, mit der man in keinen Mangelzustand gerät. Optimal ist diese Menge deswegen aber noch nicht. Daher empfehlen wir grundsätzlich für normalgewichtige Gesunde 1,0 bis 1,2 g/kg KG, am besten die Zufuhr aber individuell anzupassen. Im Alter oder bei Sportlern im Muskelaufbau kann der Wert bis etwa 1,7 g/kg KG hochgefahren werden, ohne dass gesunde Nieren belastet werden.«

Eine vegetarische und auch vegane Ernährung ist im Hinblick auf die notwendige Proteinmenge kein Problem. Wichtig ist eine vielseitige Mischkost mit möglichst unterschiedlichen Hülsenfrüchten und Getreiden sowie viel Gemüse und Obst. Darüber freut sich auch die Darmflora. Fleischesser sollten den Verzehr auf wenige Male pro Woche reduzieren und möglichst unverarbeitetes Fleisch guter Herkunft bevorzugen. In Zukunft könnte noch eine weitere Proteinquelle unsere Ernährung ergänzen: Insekten. Grillen beispielsweise sind als Aminosäurenquelle dem Soja gleichwertig oder sogar überlegen. Birgit Rumpold und Oliver Schlüter vom Leibniz Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam haben sich die Mühe gemacht, 236 unterschiedliche Insekten auf ihre Nährstoffzusammensetzung zu analysieren (1). Neben einer Vielzahl an Aminosäuren enthalten sie auch wertvolle ungesättigte Fettsäuren. Ob das Eiweißbrot beim Bäcker zukünftig aus Insektenmehl sein wird? Warten wir es ab.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Rumpold BA, Schlüter OK. Nutritional composition and safety aspects of edible insects. Mol Nutr Food Res. 2013; 57: 802-823. doi:10.1002/mnfr.201200735

  2. Sacks FM, Bray GA, Carey VJ, Smith SR, Ryan DH, Anton SD, McManus K, Champagne CM, Bishop LM, Laranjo N, Leboff MS, Rood JC, de Jonge L, Greenway FL, Loria CM, Obarzanek E, Williamson DA. Comparison of weight-loss diets with different compositions of fat, protein, and carbohydrates. N Engl J Med. 2009; 360: 859-873. doi:10.1056/NEJMoa0804748

  3. Seidelmann SB, Claggett B, Cheng S, Henglin M, Shah A, Steffen LM, Folsom AR, Rimm EB, Willett WC, Solomon SD. Dietary carbohydrate intake and mortality: a prospective cohort study and meta-analysis. Lancet Public Health. 2018; 3: e419-e428. doi:10.1016/S2468-2667(18)30135-X

  4. Sotos-Prieto M, Bhupathiraju SN, Mattei J, Fung TT, Li Y, Pan A, Willett WC, Rimm EB, Hu FB. Association of Changes in Diet Quality with Total and Cause-Specific Mortality. N Engl J Med. 2017; 377: 143-153. doi:10.1056/NEJMoa1613502

  5. Tian S, Xu Q, Jiang R, Han T, Sun C, Na L. Dietary Protein Consumption and the Risk of Type 2 Diabetes: A Systematic Review and Meta-Analysis of Cohort Studies. Nutrients. 2017; 9: 982. doi:10.3390/nu9090982