Kardiovaskuläre Effekte von doping- und nichtdopingrelevanten Substanzen im Sportkontext

Kardiovaskuläre Effekte von doping- und nichtdopingrelevanten Substanzen im Sportkontext
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Viele Dopingmittel, Medikamente und sogar Nahrungsergänzungen haben neben den erwünschten Effekten auch Nebenwirkungen auf das kardiovaskuläre System. Weil die Einnahme dieser Substanzen unter anderem bei Athleten in den letzten Jahren stark zugenommen hat, fasst nun ein aktuelles Positionspapier den Stand der entsprechenden Forschung zusammen und will damit Ärzte, Athleten und Trainer für das im wahrsten Wortsinne lebenswichtige Thema sensibilisieren (1).

Dopingsubstanzen

Anabolika (Anabole androgene Steroide/AAS) werden v. a. im Kraftsport häufig eingesetzt, um den Proteinkatabolismus zu stimulieren und die Erholungszeit nach Anstrengung zu verkürzen. Illegales AAS-Doping erhöht erwiesenermaßen die Sterblichkeitsrate unter Athleten um den Faktor 6 bis 20; etwa 30 Prozent dieser Todesfälle haben kardiovaskuläre Ursachen. Studien zeigen, dass AAS-Missbrauch die Entstehung von Koronarer Herzkrankheit (KHK), Hypertonie, Herzinsuffiziuenz (HI) und Arrhythmien begünstigt und bis zu Myokardinfarkten oder sogar Plötzlichem Herztod führen kann. Viele dieser Nebenwirkungen sind auf die Folgen koronarer Atherosklerose zurückzuführen, denn durch regelmäßigen Konsum von AAS kann es zu vermehrter Plaquebildung der Koronararterien, einer Zunahme von LDL bei gleichzeitiger Abnahme von HDL, Gerinnungsstörungen, Fibrosen, Nekrosen und prokoagulatorischen Zuständen kommen. Kardiomyopathien, linksventrikuläre (LV) Dysfunktion und potenziell lebensbedrohliche Arrhythmien können offenbar noch Jahre nach Anabolika-Missbrauch auftreten. Auch eine direkte Schädigung von Myokardzellen durch AAS wird diskutiert.

Menschliches Wachstumshormon (Human Growth Hormone, hGH) wird trotz fehlender Wirksamkeitsnachweise wegen potenzieller anaboler Wirkungen sowie zur schnelleren Heilung von Weichteilschäden illegal konsumiert. Zu den gefährlichen hGH-Langzeitnebenwirkungen gehören u. a. myokardiale Hypertrophie, verstärkte myokardiale Kollagenablagerungen, Fibrosen, zelluläre Inflammation, Nekrosen, Arrhythmien und Herzinsuffizienz.

Selektive Androgenrezeptormodulatoren (SARMs) sind eine experimentelle Substanzklasse, die als angeblich sicherere Alternative zu AAS entwickelt wurde. Von einer Anwendung ist unbedingt abzuraten, solange über potenzielle kardiovaskuläre oder andere Nebenwirkungen keine gesicherten Daten vorliegen.

Betäubungsmittel sind im Leistungssport verboten und bei medizinischer Indikation nur mit Ausnahmegenehmigung (Therapeutic use exemption/TUE) legal. Trotzdem werden Substanzen wie z. B. Oxycodon von Sportlern verstärkt auch illegal konsumiert, um etwa über den belastungsinduzierten Schmerz hinaus trainieren zu können. Abgesehen von ihrem Suchtpotenzial und der Verletzungsgefahr durch das künstlich reduzierte Schmerzempfinden erhöhen viele Narkotika z. B. das Tachykardie- und KHK-Risiko und können die QT-Dispersion verändern.

Stimulanzien wie Amphetamine oder Methylphenidat sind laut WADA verboten; ihr medizinisch indizierter Einsatz ist nur mit TUE erlaubt. Im Leistungssport werden sie missbräuchlich verwendet, um Ermüdung hinauszuzögern, was logischerweise die Gefahr für Verletzungen, Hyperthermie etc. steigert. Durch ihre tiefgreifende Wirkung auf das zerebro- und kardiovaskuläre System können sie u. a. zu dekompensierter Herzinsuffizienz, Myokardinfarkten, Herzkammer- und Herzklappenfibrose, Arrhythmien, pulmonaler Hypertonie und Schlaganfällen führen. Potenzielle toxische Direkteffekte wie eine Veränderung der Calcium-Homöostase, neurohormonale Aktivierung, oxidativer Stress etc. können zudem Kardiomyopathien auslösen.

Meldonium ist ein nur in osteuropäischen Ländern als Antianginikum zugelassener Stoffwechselmodulator, von dem sich Athleten eine Verbesserung der Sauerstoffverwertung erhoffen. Neben harmloseren Nebenwirkungen wie Urtikaria oder Dyspepsie können dabei auch schwerwiegendere Folgen auftreten, darunter Tachykardie und Hypo- oder Hypertonie.

Beta-2-Antagonisten, die als inhalative Bronchialtherapeutika wie Salbutamol, Albuterol oder Clenbuterol für Asthmatiker lebensrettend sind (hier greift die TUE), haben unter Leistungssportlern eine illegale Nebenkarriere zur Förderung der aeroben Kapazität. Hochdosiertes Clenbuterol wird außerdem als „Abnehm-Droge“ missbraucht. So schwach die Belege für diese Wirkungen sind, so groß ist die Palette an potenziellen Nebenwirkungen: Berichtet wurde z. B. von Tachykardie, Arrhythmien, myokardialer Ischämie, Hypokaliämie, ventrikulärer Ektropie, Magen-Darm-Störungen und sogar plötzlichem Herzversagen.

Glukokortikoide werden von Athleten ohne medizinische Indikation illegal in dem Glauben konsumiert, damit den Energiestoffwechsel anzukurbeln. Dabei können Hypertonie und Dyslipidämie entstehen.

Rezeptflichtige Medikamente

Betablocker und Antiarrhythmika, die für Hypertonie- und Arrhythmie-Patienten wichtig und mit TUE legal sind, werden manchmal auch missbräuchlich genutzt – etwa in Schießsportarten, bei denen die künstlich gesenkte Herzfrequenz eine ruhigere Hand beschert. Gleichzeitig müssen Betablocker bei „echten“ Herzpatienten, die auf Leistungsniveau trainieren, exakt auftitriert werden, weil eine Reduktion der Herzfrequenz um mehr als 15 Prozent eventuell Leistungsnachteile mit sich bringen kann

Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer sind nicht verboten, erhöhen aber für Athleten das Blutungsrisiko bei Traumata aller Art. Im kardiovaskulären Bereich steigt die Gefahr von belastungsbedingten hämorrhagischen Ereignissen.

Zu beachten ist, dass unter Vitamin-K-Antagonisten wie Acenocumarin oder Warfarin eine stärkere Trainingsintensität die INR-Werte beeinflussen kann. Für neue orale Antikoagulanzien/NOACs sind diese Effekte noch nicht ausreichend erforscht. Langzeitdaten werden zeigen, ob sie wie erhofft wegen ihres geringeren Wechselwirkungspotenzials und der kürzeren Halbwertszeit speziell für körperlich aktive Herzpatienten sicherer sind als ihre Substanzvorgänger.

Benzodiazepine bergen neben einem extrem hohen Abhängigkeitspotenzial wegen der substanzinduzierten nächtlichen Minderatmung das Risiko eines chronischen Sauerstoffmangels im Gewebe. Werden sie abrupt abgesetzt, kann das Entzugssyndrom mit kardiovaskulären Nebenwirkungen wie z. B. arrhythmischen Episoden oder atrialen Druckanomalien einhergehen.

Antidepressiva und Antipsychotika können das Myokard auf verschiedenen Wegen angreifen. Potenzielle Folgen sind – v. a. bei gleichzeitiger Einnahme anderer Arzneimittel – u. a. verminderte Herzkontraktilität, Arrhythmien, orthostatische Hypotonie, Sinustachykardie und Bradykardie.

Antiepileptika erfordern eine sensible Dosierung, deren Verträglichkeit mittels seriellem EKG gesichert werden sollte. Langzeitkomplikationen wie asymptomatische Bradyarrhythmien oder nächtliche AV-Blocks können ggf. per Holter-Monitoring frühzeitig erkannt werden.

OTC-Medikamente

NSAR wie ASS, Ibuprofen, Diclofenac oder COX-2-Hemmer kommen im Leistungssport noch häufiger zum Einsatz als in der Normalbevölkerung, weil unter Athleten Schmerzen besonders weit verbreitet sind. Ihr Nebenwirkungspotenzial reicht von gastrointestinalen Störungen, verzögerter Geweberegeneration und Müdigkeit bis zu verringerter Nierendurchblutung. Vor allem Coxide können daneben auch Hypertonie oder atherosklerotische Läsionen fördern.

Legale ergogene Nahrungsergänzungsmittel (NEM)

Um ihre Leistung zu steigern, greifen zwischen 40 und 100 Prozent der Athleten (je nach Sportart, Geschlecht, Land und Leistungsniveau) regelmäßig zu NEM. Dass selbst Vitamin- und Mineralstoffsupplemente in manchen Dosierungen oder Kombinationen Nebenwirkungen haben können, ist den wenigsten bewusst. Hier sollte gemeinsam mit dem betreuenden Arzt eine sinnvolle Strategie gefunden werden. Laut WADA zugelassen, jedoch nicht grundsätzlich harmlos sind folgende Substanzen:

Koffein erhöht als Sympathikus-Stimulans kurzfristig die aerobe Leistungsfähigkeit, dämpft jedoch die autonome Erholung und kann bei Überdosierung kardiotoxische Nebenwirkungen wie Tachykardie, hypertensive Episoden, paroxsymale Arrhythmien sowie koronare und periphere Vasokonstriktion bis hin zum SCA verursachen.

Kreatin ist ein unter Sportlern aller Leistungsklassen beliebtes Supplement, das u.a. die Muskelermüdung kurzzeitig hinauszögert, den Muskelaufbau anregt und bei kurzen Maximalbelastungen die ATP-Resynthese beschleunigt. Der langfristige Konsum höherer Kreatin-Dosen kann jedoch auch tiefe Venenthrombosen, Herzrhythmusstörungen, Vorhofflimmern und sogar SCA bewirken. Hier besteht dringender Klärungsbedarf durch hochwertige Studien.

Kohlenhydratreiche Riegel/Gels etc. sichern bei hohen Belastungen sinnvoll die Energiezufuhr und haben bisher nicht zu kardiovaskulären Nebenwirkungen geführt. Lediglich Grapefruitsaft ist bei gleichzeitiger Einnahme bestimmter Medikamente wegen des hohen Wechselwirkungspotenzials grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Übermäßige Mengen können durch eine potenzielle QT-Verlängerung zu Arrhythmien führen.

β-Alanin ist eine nicht essenzielle Aminosäure und wird häufig zur Verzögerung der Muskelermüdung und Erhöhung der Herzfrequenz-Trainingsschwelle konsumiert. Ungünstige kardiovaskuläre Effekte wurden bisher nicht beobachtet; Studien dazu fehlen noch. Bekannt sind Nebenwirkungen für Menschen mit mitochondrialen Störungen sowie aus In-vitro-Studien z. B. mit Ratten-Kardiomyozyten.

Natriumbicarbonat kann die trainingsinduzierte Azidose reduzieren, verursacht bei vielen Athleten aber gastrointestinale Beschwerden. Über kardiovaskuläre Nebenwirkungen ist bisher nichts bekannt.

Anorganisches Nitrat, z. B. in Form von Natriumnitrat oder Rote-Bete-Saft, erhöht den Stickoxidspiegel im Blut. Über die daraus resultierende Vasodilatation verbessert sich die Sauerstoffversorgung des Skelettmuskels, die mitochondriale Enzymaktivität sowie die kardiorespiratorische Ausdauer. Rote-Bete-Saft zeigt zudem signifikant blutdrucksenkende Effekte, die man sich in der natürlichen Behandlung von Hypertonie inkl. Synkopen zunutze machen könnte. Kardiovaskuläre Nebenwirkungen wurden bislang nicht beobachtet.

Proteine haben einen herausragenden Anteil am Muskelaufbau. Unerwünschte kardiovaskuläre Effekte sind nicht zu erwarten, solange parallel auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet wird.

Energydrinks und legale Freizeitdrogen

Energydrinks kombinieren meist hochdosiertes Koffein mit weiteren stimulierenden Substanzen wie etwa Taurin oder Glucuronolacton. Besonders bei kardial Vorerkrankten kann diese Mischung den arteriellen Blutdruck steigern, zu vermehrter Blutplättchenaggregation beitragen und die Funktion des Endothels beeinträchtigen. Damit steigt z. B. das Risiko für Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Vorhofflimmern, Tachykardie, Kammerflimmern, Hypokinesie und Aortendissektion. In Verbindung mit Alkohol besteht nicht nur die Gefahr signifikanter Blutdruckspitzen und Herz-Kreislauf-Störungen, sondern auch der Selbstüberschätzung bei gleichzeitiger Unterschätzung alkoholinduzierter motorischer Unsicherheiten.

Alkohol wird im Sport nicht zur Leistungssteigerung verwendet. Chronischer Konsum kann zu Hypertonie, Vorhofflimmern, Herzrhythmusstörungen, Kardiomyopathie und Schlaganfällen führen.

Nikotin hat zwar kein ergogenes Potenzial, wird von Athleten jedoch in verschiedenster Form konsumiert, um die Zeit bis zur Erschöpfung hinauszuzögern. Durch die Vasokonstriktion der Koronararterien und eine adreneg stimulierende Wirkung kann Nikotinmissbrauch jedoch – insbesondere beim Verwendung direkt vor oder nach der sportlichen Anstrengung – u.a. zu Atherosklerose, Thrombosen, Dyslipidämie, verringerter Herzkontraktilität sowie kardiovaskulären und ischämischen Ereignissen führen.

Methoden zur Optimierung der muskulären Sauerstoffversorgung

Blutdoping per Eigenblut-Transfusion zum Zweck der (moderat evidenten) Erythrozyten-Erhöhung hat eine lange Tradition im Spitzensport, zählt aber mittlerweile zu den laut WADA verbotenen Methoden. Kardiovaskuläre Risiken scheint das Verfahren immerhin nicht zu bergen.

O2-transportierende Modulatoren wie Perfluorkohlenwasserstoffe, Kobaltchlorid, Efaproxiral oder Sildenafil sollen den Sauerstoffgehalt des Bluts erhöhen, das Herzzeitvolumen verbessern oder die periphere O2-Extraktion optimieren. Belege für die Wirksamkeit existieren derzeit kaum, jedoch gibt es Hinweise auf Risiken wie z. B. dilatative Kardiomyopathie und Hypoxämie, besonders für kardial vorerkrankter Sportler.

Rekombinantes humanes Erythropoietin (rhEPO) ist eine illegale Sonderform des Blutdopings zur Erhöhung der VO2max. Studien haben ergeben, dass z. B. eine Verdopplung des Serum-EPO-Spiegels das Herzinsuffizienz-Risiko deutlich erhöht. Vor allem bei dehydrierten und bis zur Erschöpfung trainierenden Athleten können u. a. durch die erhöhte Erythrozytenzahl und die veränderte Blutviskosität thromboembolische Ereignisse, ein akutes Koronarsyndrom oder sekundäre Kreislaufüberlastung auftreten.

Neue Dopingtrends

Synthetische Designer-Peptide wurden als (ebenfalls verbotene) Alternative zu AAS entwickelt, um die natürliche anabole Hormonsekretion zu stimulieren. Ihre Sicherheit ist noch nicht erwiesen, weshalb Konsumenten eine Vielzahl potenzieller Nebenwirkungen riskieren.

Gendoping und Gen-Editing sind aus gutem Grund verboten: Durch Eingriffe in leistungsassoziierte Gene erhoffen sich Athleten Wettbewerbsvorteile durch z. B. schnelleren Muskelaufbau, bessere neuromuskuläre Koordination oder eine höhere Schmerzschwelle. Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass sich dadurch Leukämie, eine letale Immunschwäche oder bösartige Zellmutationen bilden. IGF-Gendoping kann außerdem zu Herzhypertrophie oder -insuffizienz sowie zu Herzklappenschäden führen.

Fazit: Auch scheinbar harmlose und „erlaubte“ ergogene Substanzen können im Kontext großer physischer Belastung kardiovaskuläre Nebenwirkungen haben. Für notwendige Medikamente, etwa gegen kardiale Vorerkrankungen, müssen Athlet und Arzt enge Absprachen treffen und ggf. eine TUE erwirken. Und der Konsum verbotener Dopingsubstanzen kann nicht nur eine wohl verdiente Suspendierung vom Wettkampf, sondern auch erhebliche kardiovaskuläre Nebenwirkungen nach sich ziehen. Hier ist eine lückenlose Edukation durch Trainer und Betreuer sowie eine engmaschige medizinische Überwachung essenziell – nicht erst beim Dopingtest.

Die seit 1. Januar 2023 gültige WADA-Verbotsliste in informatorischer Übersetzung der NADA können Sie hier herunterladen.

■ Kura L

Quellen:

  1. Adami PE, Koutlianos N, Baggish A, Bermon S, et al. Cardiovascular effects of doping substances, commonly prescribed medications and ergogenic aids in relation to sports: a position statement of the sport cardiology and exercise nucleus of the European Association of Preventive Cardiology. Eur J Prev Cardiol. 2022; 29: 559-575. doi:10.1093/eurjpc/zwab198